Wechselvolle Geschichte Tolle Lesung, nüchternes Ambiente

Es war eine weise Entscheidung, die geplante Lesung von Homers Odyssee vom Amphitheater in überdachte Räumlichkeiten zu verlagern: Der kräftige Regen am Sonntagabend hätte der vorzüglichen Lesung mit Christian Brückner unter freiem Himmel alles andere als gut getan. Ein bisschen antikes Kolorit hätte dennoch nicht geschadet. Pünktlich zur zehnten Auflage der Festspiele ist eine Broschüre erschienen, die einen Blick auf die Historie der Freilichtaufführungen in Trier wirft. Sie heißt "Vom Wirtshausgarten bis zu den Antikenfestspielen".

Trier. (DiL) Die Autoren Klaus Schulte und Peter Sardoc haben sich in bemerkenswerter Fleißarbeit durch die Archive gewühlt und dabei Lehrreiches wie Unterhaltsames zu Tage gefördert. Was 1826 mit einer Freilichtaufführung von Schillers "Räubern" auf dem Markusberg begann, war ein ständiges Auf und Ab zwischen ambitionierter Aufführungs-Tradition und jahrelangem Dornröschenschlaf. Der legendäre Kapellmeister Heinz Tietjen versuchte es zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit einer "Wald-Oper" am Weißhaus, gespielt wurde auch im Hof eines Mattheiser Wirtshauses und im Palastgarten. Mal waren es reisende Theatertruppen, die im Sommer ihre Zelte aufschlugen, mal das heimische Ensemble. Bis 1925 scheiterten alle Versuche, die antiken Stätten in Trier zu nutzen, am Einspruch der Denkmalschützer. Anlässlich der Jahrtausendfeier der Rheinlande wurden dann erstmals die Kaiserthermen bespielt. Die große Begeisterung bescherte den Trierern vier weitere Spielzeiten, bis Weltwirtschaftskrise und zweiter Weltkrieg der Sache ein Ende machten.Nachkriegsversuche im Weißhauswald

Nach dem Krieg versuchte man es wieder im Weißhauswald, dann wurde der Brunnenhof als Open-Air-Ort entdeckt - und blieb für lange Jahre eine feste Abstecher-Spielstätte fürs Theater. Erst in den Siebzigern dachte man wieder an Größeres, zunächst im Innenhof des Kurfürstlichen Palais, dann in den Kaiserthermen. Hier gab es eine Serie großer, teilweise prominent besetzter Opern-Produktionen. Mit der Intendanz Stromberg endeten diese Ambitionen, um dann mit Heinz Lukas-Kindermann in Gestalt der Antikenfestspiele eine neue Blüte zu erleben. Das neu erschienene Büchlein zeichnet diese wechselvolle Geschichte nach und zeigt dabei immer wieder Parallelen zur Gegenwart auf. Vor allem beim Thema Wetter, das die ehrgeizigen Vorgaben ein übers andere Mal bremste. So halten die Autoren auch akribisch fest, dass es 1981 in den Kaiserthermen bereits eine Produktion von "Samson und Dalila" gab. Zeitzeugen erinnern sich übrigens daran, dass keine einzige Aufführung tatsächlich unbehindert im Freien stattfinden konnte."Vom Wirtshausgarten zu den Antikenfestspielen", erschienen im Matergloriosa-Verlag Trier, 6,90 Euro.

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