Skelett auf Wanderschaft

WEIPERATH/HEIDELBERG. Bösewichte kehren, so sagt man, an ihre alte Wirkungsstätte zurück. In einem besonderen Fall dauerte dies ganze 200 Jahre: Das Schinderhannes-Skelett ist ab sofort im Hunsrücker Holzmuseum in Weiperath zu sehen.

 "Ganz schön groß" ist das Skelett des Räuberhauptmannes, staunt Renate Kutz, eine der ersten Besucherinnen.Foto: Hermann Bohn

"Ganz schön groß" ist das Skelett des Räuberhauptmannes, staunt Renate Kutz, eine der ersten Besucherinnen.Foto: Hermann Bohn

"Wir sind sehr froh, dass das geklappt hat", atmet Michael Pinter vom Hunsrücker Holzmuseum auf. Der Anlass seiner Freude: Die Gebeine des legendären Räuberhauptmannes Schinderhannes, der vor 200 Jahren in Mainz auf der Guillotine hingerichtet wurde, sind in Weiperath eingetroffen und können im Rahmen der Ausstellung "Denn im Wald, da sind die Räuber..." ab sofort besichtigt werden. Das Skelett kam im Zuge einer Wanderausstellung zum 200. Todesjahr aus dem "Regionalmuseum Leben und Arbeiten" in Nastätten im Taunus ins Holzmuseum. Das illustre Exponat zieht nach einem Monat weiter nach Simmern ins Hunsrückmuseum und danach nach Mainz, dem Hinrichtungsort des Schinderhannes. Dort wird es allerdings nicht bleiben, denn es ist eine Leihgabe des anatomischen Institutes der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg.Zunächst Zurückhaltung bei den Leihgebern

Der Gedanke, im Zusammenhang mit den verschiedenen Ausstellungen anlässlich des 200. Todestages von Johannes Bückler, wie der wohl bekannteste Hunsrücker mit bürgerlichem Namen hieß, auch sein Skelett zu zeigen, war schon früh aufgekommen, doch "zunächst spürten wir eine gewisse Zurückhaltung bei den Leihgebern", erinnert sich Pinter. Doch dann gab das Anatomische Institut der Ruprecht-Karls-Universität schließlich grünes Licht. "Mensch, war der groß", staunt Renate Kutz, eine der ersten Besucherinnen, die das ungewöhnliche Ausstellungsstück zu sehen bekam. "Manche finden es erschreckend und unpassend", hat Pinter bereits Stimmungen eingefangen, andere verspürten angesichts des Exponates sicher auch Sensationslust. Doch den Organisatoren der Ausstellung gehe es weder um das eine, noch um das andere, versichert er: "Es handelt sich schlicht um ein historisches Zeitdokument, wenn auch um ein ungewöhnliches." Für ebenso ungewöhnlich hält Pinter die Tatsache, dass die Gebeine überhaupt erhalten sind. Das verdanke man einem "heute seltsam anmutenden Forschungsinteresse der Mediziner in der damaligen Zeit", wird dem Publikum auch bei Führungen erklärt. Offenbar ging man damals davon aus, dass die kriminelle Energie von Übeltätern sich in der Anatomie niederschlage. Unmittelbar nach den Hinrichtungen in Mainz sind von Ärzten an den Enthaupteten medizinische Experimente vorgenommen worden. Körper und Kopf des Schinderhannes wurden in die Anatomie eines Professors Jacob Fidelis Ackermann gebracht. 1804 nahm dieser das Untersuchungsobjekt mit in die Anatomie der Universität nach Heidelberg, wo er später lehrte. Er präparierte dieses Skelett erstmals ohne die Zuhilfenahme von Drähten, sondern nur mit Sehnen. Das Exponat wurde im 19. Jahrhundert nach Frankfurt ausgeliehen und kam anschließend kopflos zurück. Daraufhin wurde das Gerippe mit einem anderen Schädel versehen. Die Stelle, an der das Beil den Halswirbel durchtrennte, ist in der Ausstellung mit einer Glasscheibe kenntlich gemacht. Aus Sicherheitsgründen befindet sich der Korpus "hinter Schloss und Riegel", wie Pinter formuliert. Das heißt: in einer Vitrine und mit Schloss versehen. Weitere Informationen über das bewegte Leben des Räuberhauptmannes gibt es in der Broschüre, die anlässlich der Ausstellung zum 200. Todesjahr des Räuberhauptmannes Schinderhannes herausgegeben wurde und im Holzmuseum erhältlich ist. Zudem ist dort ein Veranstaltungskalender über das Schinderhannes-Jahr erhältlich. Das Museum ist dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags von 10.30 bis 17 Uhr geöffnet.

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