Es werde Licht!

Trier · Vom Gummistiefel bis zur Glühbirne: Das 19. Jahrhundert war ein Zeitalter der Erfindungen. Aus der Vielzahl der Entdecker und Entwickler ragen Namen heraus wie James Watt, Werner von Siemens oder Thomas Edison.

Der Name Thomas Alva Edison ist untrennbar mit der Glühbirne verbunden. Doch der US-Amerikaner war weit mehr als der Vater des glühenden Kohlefadens: Edison machte mehr als 2000 Erfindungen und meldete gut 1000 Patente an. Darunter sind viele alte Bekannte: Sein Phonograph wurde später zum Plattenspieler weiter entwickelt, das Kohlekörnermikrofon machte das Telefonieren über größere Entfernungen möglich. Edison entwickelte auch den Börsenkursanzeiger, den 35-mm-Kleinfilm und ein Betongießverfahren für die einfache Herstellung von Fertighäusern.
Kulturgeschichte der Menschheit


Das Leben, das wir heute führen, wäre ohne die Entwicklungen von Thomas Edison nicht denkbar - ohne ihn und die zahlreichen anderen Erfinderpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Die Geschichte der Jahre zwischen 1800 und 1900 lässt sich auch anhand der technischen Neuerungen erzählen, die in dieser Zeit das Licht der Welt erblickten. Und dazu zählten neben so praktischen Neuheiten wie dem Gummistiefel oder der Nähmaschine auch so wegweisende wie die Fotografie, das elektrische Licht oder die Dampfmaschine. Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der Erfindungen.

Dampfmaschine:
Unter den genannten Erfindungen ist die ab dem späten 18. Jahrhundert auf breiter Front zum Einsatz kommende Dampfmaschine ein erstes Beispiel dafür, wie wissenschaftliche Methoden zur Entwicklung technischer Geräte angewendet wurden. Geräte, die ihrerseits das kommerzielle Interesse von Unternehmern weckten. Zu dieser Zeit galt das Hauptinteresse der Physiker der Wärmelehre, gerade auch an der Universität von Glasgow, wo James Watt (1736-1819) arbeitete. Watt war Mechaniker, er hatte aber genauen Einblick in die wissenschaftliche Forschung. Er war also ein in der Wärmelehre wissenschaftlich gut informierter Techniker und wurde so zu einem bedeutenden Erfinder.

Neue Energien:
Die Dampfmaschine wurde schnell ein universeller Antriebsapparat und zur stärksten Kraft der industriellen Revolution: Sie wurde sowohl stationär in den Fabriken als auch für den rasch wachsenden Land- und Seeverkehr eingesetzt. Die erste Lokomotive fuhr 1814. Man spricht auch vom 19. Jahrhundert als dem "Jahrhundert des Dampfes", dem das "Jahrhundert der Elektrizität", das 20., folgte. Genaugenommen wurde die Elektrizität aber bereits seit etwa 1850 technisch und wirtschaftlich genutzt.

Voltas\'che Säule:
Als Spannungsquellen dienten zunächst noch Batterien. Der Physiker Alessandro Volta (1745-1827) hatte eine erste Batterie, eine "Volta\'sche Säule", im Jahr 1800 in der Pariser Akademie der Wissenschaften vorgeführt. Volta zu Ehren wurde 1897 die Maßeinheit für elektrische Spannung Volt genannt. Batterien, auch sehr große, waren aber für bestimmte industrielle Produktionsverfahren einfach zu leistungsschwach; etwa für Galvanisierbetriebe, die schon starke Dauerströme benötigten.

Dynamo-Prinzip:
Erst die Erfindung des Generators 1866 durch Ernst Werner Siemens (1816-1892) schuf die Voraussetzung für die umfangreiche technische Nutzung der Elektrizität, so wie sie für uns heute selbstverständlich ist. Durch einen Generator kann man mechanische (Dreh-)Bewegung in elektrischen Strom umwandeln. Siemens gelang es, eine Maschine so zu konstruieren, dass sie einen Teil des elektrischen Stroms, den sie selbst erzeugt, für die Elektromagneten verwendet, also keine fremde Stromquelle benötigt. Auf dieser Basis lässt sich dann wesentlich mehr Strom erzeugen. Die Idee heißt "Dynamo-Prinzip" und kommt bis heute in den Fahrraddynamos genauso wie in großen Kraftwerken zum Einsatz.

Erfinden mit System:
Wie ließ sich Elektrizität noch nutzen? Thomas A. Edison (1847-1931) hatte die Idee, eine elektrische Lichtquelle herzustellen. Sie sollte die mit Gas betriebenen Straßenlaternen in der New Yorker Innenstadt ersetzen und auch in Privathaushalten zu verwenden sein. Edison war nicht nur ein genialer Erfinder. Er hatte bei seinen Ideen auch deren Marktfähigkeit im Blick. Kurzum: Er wollte mit Innovationen Geld verdienen. Erfindungen waren für ihn Teamarbeit, weshalb er begabte Ingenieure, Maschinisten und Chemiker um sich scharte. Edison organisierte und systematisierte das Erfinden - und schuf damit auch die Basis der modernen Forschung.

Mehr als 13 Stunden Licht:
Das elektrische Licht auf den Weg zu bringen war dabei sein wohl größter Coup. Nach vielen Versuchen, an denen etwa 50 Mitarbeiter beteiligt waren, war es ihm gelungen: In seiner Erfindung, der Glühlampe, ist es ein Kohlefaden, der heiß wird und hell leuchtet, sobald ihn ein elektrischer Strom durchfließt. Damit der Faden nicht verbrennt, wird er zwischen zwei Drähte gespannt und in eine luftentleerte Glasblase eingebracht. Datiert ist dieser Durchbruch auf den 21. Oktober 1879: 13 und eine halbe Stunde lang brachte Edison seine erste selbst gebaute Glühlampe zum Leuchten. Später wurde die Lebensdauer erheblich verlängert, indem man den Kohlefaden durch eine Wolframdrahtspirale ersetzte, die bis in die Gegenwart Verwendung findet.

Zu viel Spannung:
Aber wie sollte die Erfindung unters Volk kommen? Kraftwerke, die Lampen flächendeckend mit Strom speisen konnten, gab es noch nicht. Alles, was es gab, war der Wechselstromgenerator, 1831 von Michael Faraday (1771-1867) erfunden. Doch der lieferte Starkstrom, welcher die Birnen zerbersten ließ. Eine Sackgasse? Nicht für Edison, der von sich selbst sagte, er wolle alle zehn Tage "eine kleine Sache, und alle sechs Monate irgendein großes Ding erfinden".

Aus Wechsel- wird Gleichstrom:
1880 hatte der ehrgeizige Tüftler in Menlo Park bei New York seine Erfindungsfabrik gegründet, wohl das erste industrielle Forschungs- und Entwicklungslabor der Welt. Hier entwickelte sein Team ein Schaltgerät, das die Spannung des Faraday-Generators auf 110 Volt herabsetzte und aus Wechselstrom Gleichstrom machte. Jetzt konnte Edison sein eigenes Kraftwerk bauen: 1882 richtete er es in New York ein. Es versorgte mit einem Dampfmaschinen-Dynamo die Straßenlampen in der näheren Umgebung - mit der Betonung auf "näher". Denn Gleichspannung hat ein Problem: Sie lässt sich nicht weit transportieren. Nach Edisons Plänen hätte jedes Viertel von New York sein eigenes Kraftwerk gebaut.

Transportproblem gelöst:
Um die gleiche Zeit wie Edison begann auch der Großindustrielle George Westinghouse mit elektrischem Strom zu experimentieren. Im Gegensatz zu Edison wollte er jedoch Wechselstrom verwenden, weil der Leistungsverlust hier geringer ist. 1886 errichtete Westinghouse ein Kraftwerk und machte Edison nun Konkurrenz auf dem noch jungen Strommarkt. Er stellte den serbischen Ingenieur Nikola Tesla (1856-1943) ein, der zuvor bei Edison unter Vertrag gestanden hatte. Tesla erfand einen Wechselstrom-Generator, mit dem sich Elektrizität ohne Spannungsverlust über Hunderte von Kilometern transportieren ließ.

Stromkrieg:
Der Stromkrieg, wie die Auseinandersetzung zwischen Edison und Westinghouse genannt wurde, erreichte in dieser Zeit seinen Höhepunkt. Mit allen Mitteln versuchte Edison, die Entwicklungen von Westinghouse und Tesla zu diskreditieren. So behauptete er, die hohen Wechselspannungen seien gefährlich. Zum Beweis ließ er öffentlich Tiere mit Wechselstrom töten.

Durchbruch Weltausstellung: Doch an der technischen Überlegenheit des Wechselstroms war kein Vorbeikommen. 1893 erhielt Westinghouse den Auftrag, die Weltausstellung in Chicago auszuleuchten. Das war die Wende. Nikola Tesla entwarf für dieses Großevent eine mit Wechselstrom betriebene Beleuchtungsanlage, die über 200 000 Glühbirnen illuminierte und 30 Millionen Besucher in Staunen versetzte. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert hatte der Wechselstrom das Rennen gewonnen.
Nächste Folge: Sigmund Freud und die Macht des Unbewussten
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Extra

Unter Strom gesetzt Der elektrische Stuhl: Auf dem Höhepunkt des Stromkrieges ließ Thomas Edison Tiere mit Wechselstrom töten, um die Gefährlichkeit dieser Stromart zu demonstrieren, auf die sein Konkurrent Westinghouse setzte. Das brachte New Yorker Politiker auf die Idee einer neuen, vermeintlich humanen Hinrichtungsmethode: Elektrizität zur Vollstreckung von Todesurteilen. Edison baute dann den ersten elektrischen Stuhl der Welt - nicht zuletzt, um Westinghouse zu schaden. 1890 wurde erstmals ein Mensch auf diese Weise getötet. Zeugen sprachen von einem "entsetzlichen Schauspiel". Westinghouse selbst sagte danach fassungslos: "Sie hätten besser eine Axt genommen."Ins Licht gerückt


Die erste Glühbirne erfand gar nicht Edison (Foto: dpa). Seit 1801 hatten mehrere Erfinder mit der Glühtechnik experimentiert und auch erste Glühbirnen entwickelt. Edison aber war es, der ab 1879 eine nach Haltbarkeit, Lichtausbeute und Kosten für den allgemeinen Gebrauch taugliche Lampe schuf. Dafür ehrte ihn Amerika drei Tage nach seinem Tod mit einer besonderen Geste: Am 21. Oktober 1931 erloschen für eine Minute die Lichter. Wie langlebig eine solide Glühlampe sein kann, beweist die "Light Bulb": Die Birne brennt in einer kalifornischen Feuerwache mit spärlichen vier Watt, aber das schon fast ununterbrochen seit dem 8. Juni 1901. Der Text dieser Seite entstand auf Basis eines Vortrages, den Barbara Abigt im Rahmen der Akademie der Marienberger Seminare gehalten hat. Die Textbearbeitung für den Abdruck in der Zeitung haben Andrea Mertes und An dreas Pecht übernommen. Für den Inhalt verantwortlich: Marienberger Seminare e.V. Der 80-minütige Originalvortrag ist als Audio-CD mit bebildertem Begleitheft zu beziehen bei Marienberger Seminare e.V., Telefon 02661/6702, Info: www.marienberger-akademie.de Die TV-Serie "Kulturgeschichte der Menschheit" ist eine Kooperation der Marienberger Seminare mit mehreren Regionalzeitungen. Sie wird gefördert vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz. red

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