Beleidigung ist auch hinter Gittern strafbar

Wittlich · Viel Erfahrung vor Gericht hat ein 49 Jahre alter Mann, der auch derzeit einsitzt. Neuester Vorwurf: Er soll andere Menschen massiv beleidigt haben. Zu den Vorwürfen sagte er nicht viel. Stattdessen befragte er die Zeugen.

Wittlich. Wie es genau hinter den Mauern von Strafanstalten aussieht, weiß nur, wer dort einsetzt oder arbeitet. Dass hinter Gittern ein anderer Umgangston herrscht als außerhalb des Geländes, verwundert nicht. Ausdrücke wie "Missgeburt", "Bastard", "Hurensohn" oder "mit Dreck rede ich nicht" gelten aber auch dort als Beleidigungen, die strafrechtlich verfolgt werden. Der 49 Jahre alte Mann, der sich vor dem Amtsgericht Wittlich verantworten muss, soll diese Ausdrücke mehrfach gebraucht haben.
Adressaten waren nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ein Beamter der Justizvollzugsanstalt, ein Mitgefangener und der Polizeibeamte, der die Ermittlungen führte. Der Angeklagte hat einen Pflichtverteidiger zur Seite. Der kommt auch zu Wort, spielt aber eher eine Nebenrolle.
"Ich will mich hier nicht äußern, vielleicht später bei der Berufung vor dem Landgericht", sagt sein Mandant in weiser Voraussicht. Etwas anderes will er aber tun: "Ich möchte das Recht haben, Zeugen zu befragen." Der Mann kennt seine Rechte und macht regen Gebrauch davon.
Nach Angaben mehrerer Zeugen ist der Angeklagte oft laut, fordernd, beleidigend und provozierend. Er soll auch einmal den Hitlergruß gezeigt haben. Hier gehen die Aussagen allerdings auseinander. Deshalb wird dieses Verfahren vorläufig eingestellt.
Der Mann hat trotzdem schlechte Karten. 1979 kam er das erste Mal mit dem Gesetz in Konflikt. Im Zentralregister hat er 25 Einträge: von der Beleidigung über Diebstahl, Verkehrsgefährdung, Betrug, Verleumdung, Rauschgifthandel bis hin zu Raub und Körperverletzung. Derzeit sitzt er in Zweibrücken eine mehrjährige Strafe ab. "In Wittlich hat man mich rausgeschmissen, gegen meinen Willen", berichtet er.
Richter und Staatsanwalt glauben den Zeugen - auch und gerade dem Mithäftling. Der spricht von einer unangenehmen Situation, weil er gegen den Mann aussagte. Im Gefängnis sei das keine einfache Situation. Das habe ihn der Angeklagte auch spüren lassen.
Verteidiger Olaf Möller sieht nur als erwiesen an, dass sein Mandant den Ausdruck "Missgeburt" verwendete. Dem Mithäftling schenke er keinen Glauben und statt des Ausdrucks "ich rede nicht mit Dreck" sei nur der Satz "ich rede nicht über diesen Dreck" gefallen. Der Angeklagte macht die gleiche Aussage dann in seinem Schlusswort und bricht spät mit seiner Ankündigung vom Prozessbeginn.
Staatsanwalt Thomas Grawemayer fordert weitere 18 Monate Haft. Er rechnet ein weiteres Urteil wegen des Erwerbs und Handels mit Betäubungsmitteln ein. Der Verteidiger hält zehn Monate für angebracht.
Richter Hermann-Josef Weber schließt sich dem Staatsanwalt an. Der habe sogar eine moderate Strafe gefordert. "Das Gesetz schert den Angeklagten wenig", sagt er. "Ich lege Berufung ein", sagt der Verurteilte noch während der Begründung. Laut Ankündigung sagt er dann vielleicht mehr zu den Vorwürfen.

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