Frische Tomaten aus der Vulkaneifel

Mehren · "Local food im Glashaus Mehren?" So überschreibt eine Gruppe Mehrener Bürger ihr Flugblatt, mit dem sie sich gegen die Ansiedlung eines niederländischen Gartenbaubetriebs wehrt. Er könnte im Gewerbegebiet an der Autobahn angesiedelt werden. Die Gegner befürchten gesundheitliche Folgen und negative Auswirkungen auf den Tourismus.

Mehren. Rote, knackig-frische Rispentomaten aus dem Gemüseland Vulkaneifel. Das könnte schon im kommenden Jahr ein neuer Werbeslogan werden. Denn die neu gegründete Gemüseland Vulkaneifel GmbH beabsichtigt, im Mehrener Gewerbegebiet Berenderpfad/Auf der Breit eine vier Hektar - etwa fünf Fußballfelder - große Gewächshausanlage zu bauen. Hinter der im Oktober gegründeten GmbH steckt der Gartenbaubetrieb Jacobs aus dem niederländischen Belfeld in der Gemeinde Venlo.
Ortsunübliche Preise geboten


Zurzeit laufen Grundstücksverhandlungen, bestätigt Mehrens Ortsbürgermeister Josef Ring (CDU). Noch sei allerdings kein Bauantrag gestellt. Schon verteilen Mehrener Bürger Handzettel gegen das Vorhaben. Seit Sommer gebe es Gerüchte im Ort, sagt Melanie Bley, eine der Initiatorinnen.
Er wisse von dem Vorhaben, "weil sie bei mir aufgetaucht sind und 2,5 Hektar Land kaufen wollten", erläutert Wolfgang Neis. Der Nebenerwerbslandwirt hat nicht verkauft, wohl aber seien seines Wissens drei Grundstückseigentümer beim Notar gewesen. Zwei bis vier Euro habe er geboten - ortsunübliche Preise, ergänzt Bley. "Bei uns wird Ackerland schon mal für einen Euro verkauft, aber da muss es sehr viel wert sein."
Land muss Investor Donné Jacobs kaufen, um sein Vorhaben zu verwirklichen. Von bis zu acht Hektar ist die Rede. Denn neben den Gewächshäusern müsste noch eine Versandhalle und ein Wassertank gebaut werden. Flächen von 2,2 Hektar Größe habe die GmbH seines Wissens nach schon erworben, für weitere 6,5 Hektar haben es Kaufanfragen an Eigentümer gegeben.
Zudem steht ein Hektar im Eigentum der Ortsgemeinde Mehren zur Verfügung - zusammen mit dem oberen Holzlager (3,3 Hektar) etwa 12,9 Hektar, rechnet Neis vor. Ein scheinbarer Widerspruch zu den vier Hektar, die in dem Infoblatt stehen, das der Betrieb mit dem Mitteilungsblatt der Gemeinde verteilen ließ. Anscheinend, weil Donné Jacobs in einem Gespräch mit dem TV erklärt, dass er die regenerative Wärme aus dem benachbarten Biomassekraftwerk nutzen möchte - und die reiche nur bis maximal vier Hektar.
Ohne Licht kein Wachstum


Doch nicht nur die Größe der Anlage irritiert Bley und Neis. Von 24-Stunden-Beleuchtung "ohne Licht wachsen Pflanzen im Winter nicht" (Neis) - ist auf ihrem Handzettel zu lesen, von Billigarbeitskräften, Pestiziden, Abwässern, Gestank, nicht heimischen Insekten.
Ängste, denen die niederländische Firma schon im Vorfeld begegnen will. Zusätzlich zu ihrem Informationsblatt lud sie die Bürger ein, den Betrieb in Belfeld mit gut elf Hektar Tomaten und fünf Hektar Erdbeeren unter Glas zu besichtigen. Rund 40 Mehrener sind der Einladung gefolgt. "Der Besuch hat alle Anschuldigungen aus den Handzetteln der Gegner widerlegt", ist sich Ring sicher. "Es gibt keine Pestizide, keine Kompostierung, keine Abwässer. Und eine Dauerbeleuchtung schließen sie ebenfalls aus."
Bley sieht das Vorhaben weiter kritisch. "Sie haben uns erzählt, dass sie sich an die Mindestlöhne halten", sagt sie. Aber in Deutschland gebe es keine. Und Neis kritisiert: "Die haben einen riesigen Landverbrauch für ein paar Arbeitsplätze. Das einzige, was wir hier haben, ist der Tourismus." Und sie befürchte, dass ein riesiges Glashaus hier störend wirke. Melanie Bley bleibt verunsichert: "Es gibt viele Merkwürdigkeiten."Extra

Die Firma Jacobs Rieter im niederländischen Belfeld wurde 1982 gegründet. Auf einer Gesamtfläche von etwa 17 Hektar baut sie Rispen-Tomaten der Sorte Cherita und Erdbeeren unter Glas an. Die Tomaten werden im Dezember in Substrat gepflanzt, die Ernte erfolgt von März bis Dezember. Temperatur, Bewässerung und Nährstoffzugabe laufen unter kontrollierten Bedingungen, so dass sie genau dosiert und sparsam eingesetzt werden. Schädlinge werden mit Nützlingen in Schach gehalten. Eine Unkrautbekämpfung entfällt vollständig. Zur Bewässerung wird überwiegend Regenwasser genutzt, das in einem Rückhaltebecken oder in Tanks gespeichert werden muss. Zudem verbraucht die Heizung der Gewächshäuser sehr viel Energie. mehi

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