Persönliche Erklärung des konvertierten Pfarrers

5.2.2014Pfarrer Dr. Wolfgang Schuhmacher verlässt Pfarreiengemeinschaft RupertsbergNach über 20 Jahren in den sieben Pfarreien der Pfarreiengemeinschaft Rupertsberg suche ich eine neue Aufgabe.

Ich gebe - für die meisten wohl sehr überraschend - meinen priesterlichen Dienst in der römisch-katholischen Kirche mit sofortiger Wirkung auf. Lassen Sie mich Ihnen diesen Schritt bitte erklären:
Ich bin im Jahr 1993 zunächst als Pfarrer von Münster-Sarmsheim (mit Dorsheim), Bingerbrück und Trechtingshausen bestellt worden, bevor dann im Jahr 2005 sich eine Pfarreiengemeinschaft aus diesen Gemeinden mit Weiler und Waldalgesheim bildete, und diese Pfarreien sich im Jahr 2011 mit Dörrebach/Seibersbach, Daxweiler und Stromberg zur Pfarreiengemeinschaft Rupertsberg zusammenschließen mussten. In diesen Jahren hat sich - wie die Insider der Gremien durchaus wissen - mein Tätigkeitsprofil völlig verändert. Als Pfarrer leite ich heute gleichsam einen mittelständischen Betrieb mit zahlreichen Angestellten, bin verantwortlich für zahlreiche Baumaßnahmen (z.B. umfangreiche Renovierungsarbeiten in den Kirchen in Münster-Sarmsheim und in Bingerbrück, Erweiterung von Kindergärten und die Ertüchtigung des Dienstsitzes). Sehr schwierig gestalteten sich die Koordinierungsprozesse zwischen den ehemals getrennten und bis heute eigenständigen Pfarrgemeinden der heutigen Pfarreiengemeinschaft Rupertsberg. Ich erinnere weiterhin an die Gründung des Kirchengemeindeverbandes Rupertsberg als Verwaltungsgröße.

Die immer neuen Strukturveränderungen der pastoralen Räume bzw. die erzwungenen Kooperationen vorher völlig selbständiger Gemeinden in der Pfarreiengemeinschaft Rupertsberg forderten ihren Tribut an Energie und Zeit - nicht nur bei mir und allen Hauptamtlichen, sondern auch bei den ehrenamtlichen Mitgliedern der Leitungsgremien. Für die pastorale Arbeit mit den Menschen vor Ort blieb und bleibt daneben immer weniger Zeit. Die dadurch ausgelöste Unzufriedenheit vieler Gemeindeglieder bekamen und bekommen die verbliebenen Hauptamtlichen und die Ehrenamtlichen in den Leitungsgremien in den letzten Jahren immer deutlicher zu spüren. Ich sehe darin einen auf Dauer unerträglichen und unverantwortlichen Zustand, den wir vor Ort nicht verschuldet, aber auszubaden haben.

Zugleich habe ich mich theologisch seit Jahren von den Lehren der römisch-katholischen Kirche entfremdet, ich teile weder ihr Amtsverständnis noch die Ablehnung der Weihe von Frauen und halte viele moraltheologische Entscheidungen des Lehramts für falsch.

Persönlich ziehe ich daraus nach einem langen Überlegungsprozess die Konsequenz: Ich kann und will diese Form des pastoralen Dienstes nicht mehr länger ausüben. Deshalb nehme ich das Angebot der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern an, mich demnächst in ihren Dienst als Gemeindepfarrer zu übernehmen. Ich weiß, dass dies ein höchst ungewöhnlicher Schritt ist: Ein katholischer Priesters quittiert seinen Dienst, um zur evangelischen Kirche zu konvertieren und dort als Pfarrer Dienst zu tun. Für mich persönlich findet darin allerdings eine Entwicklung ihren Abschluss, die schon im Studium begann: Ich habe in München auch Lehrveranstaltungen der evangelischen Theologie besucht. In meiner Doktorarbeit habe ich mich intensiv mit evangelischer Theologie beschäftigt. Ich bin im Laufe der Jahre in einen immer stärker werden Konflikt zwischen meinen inneren Überzeugungen und der Realität der katholischen Kirche geraten. Meine Erfahrung ist, dass die Menschen in den Gemeinden kaum Raum zur Realisierung des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen erhalten. Ich kann nicht mehr länger gegen meine Überzeugungen arbeiten und Strukturen vertreten, die ich seit Beginn der letzten Strukturreform für falsch gehalten habe. Es kann nicht sein, dass Priester überwiegend Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und kaum mehr Zeit zur pastoralen Arbeit in Seelsorge und Gottesdienst finden.

Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich die Forderung des Zölibats und die Ablehnung des Priestertums der Frau für einen Fehler halte und mitverantwortlich für den derzeitigen pastoralen Notstand. Auch persönlich bin ich nicht mehr bereit, die Lebensform des Zölibats zu akzeptieren.

All dies erlaubt es mir nicht mehr länger, meinen Dienst als Priester in der katholischen Kirche zu verrichten. Meine Hoffnung ist, dass dieser sehr persönliche Schritt auf Verständnis in den Gemeinden trifft und keine Wunden aufreißt und Verletzungen verursacht. Meine Entscheidung richtet sich nicht gegen die Gläubigen und Verantwortlichen in den Gemeinden der Pfarreiengemeinschaft Rupertsberg. Ich habe größten Respekt vor den vielen hoch engagierten Ehrenamtlichen in unseren Gemeinden, die diese Strukturreform mit ausbaden müssen und versuchen, das Beste daraus zu machen, und durchhalten. Mir ist auch durchaus bewusst, dass auch die Bistumsleitung unter Zwängen steht, die sie selbst kaum umgehen kann. Aber selbst der gutwilligste Bischof (und dazu rechne ich durchaus den Bischof von Trier) kann m.E. die Fehlentwicklungen der letzten Jahren nicht einfach aufheben.

Ich sehe in diesem Wechsel für mich persönlich die Chance, meine persönlichen Glaubensüberzeugungen und meine Lebensform, meine Sicht von Kirche und des christlichen Lebens und meinen pastoralen Dienst mit den Menschen in der Gemeinde wieder so praktizieren zu können, wie es die Verkündigung der Botschaft des Evangeliums nach meiner persönlichen Überzeugung erfordert. Ich möchte wieder mehr direkt mit den Menschen seelsorglich in Berührung kommen und nicht mehr fast ausschließlich Manager sein.

Ich danke allen, die in den vergangenen Jahren mit mir den nicht immer einfachen Weg pastoraler Arbeit und der Gemeindeleitung gegangen sind. Besonders danke ich den Sekretärinnen, Gabriele Habig, Rita Welling, Ilka Schitthoff, Teresa Gomez, Birgit Ofenloch-Lenz, den Gemeindereferentinnen Elfriede Hautz und Veronika Adamus sowie Pfarrer Alfons Schmitz und Pfarrer i.R. Norbert Sittel sowie allen Erzieherinnen und Erziehern der Kindertagesstätten.

Ich danke in besonderer Weise den vielen Ehrenamtlichen in den Gremien und Gruppen sowie den nebenamtlichen Musikerinnen und Musikern, Küsterinnen und Küstern, dem Hausmeister sowie den Reinigungskräften. Besonders hervorheben möchte ich meinen Dank gegenüber den Vorsitzenden des Pfarreienrates, der Pfarrgemeinderäte, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Verbandsvertretung sowie den stellvertretenden Vorsitzenden der Verwaltungsräte, die die Leitung der Gemeinden grundlegend verantwortlich unterstützt und mit hohem persönlichen Engagement mitgetragen haben.
Ihnen allen sei für ihre wichtigen Dienste herzlich gedankt!

Ich wünsche Ihnen und den Gemeinden Gottes Segen für die Zukunft und eine baldige Wiederbesetzung der vakanten Pfarrstelle.

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