"Ich kann nicht mehr länger so arbeiten"

Trier/Münster-Sarmsheim · Kurz nachdem die deutschen Bischöfe die Kritik der Gläubigen an der Sexualmoral der Kirche öffentlich gemacht haben (der TV berichtete), gibt ein Pfarrer des Bistums Trier bekannt, dass er aus der katholischen Kirche austritt, weil er nicht mehr zölibatär leben will.

 Wolfgang Schuhmacher. Foto: privat

Wolfgang Schuhmacher. Foto: privat

Trier/Münster-Sarmsheim. Er ist seit 20 Jahren Pfarrer. Und das will Wolfgang Schuhmacher auch weiter bleiben. Aber nicht mehr in der katholischen Kirche. Der 55-jährige gebürtige Saarländer wechselt zur evangelisch-lutherischen Kirche nach Bayern und wird dort Pfarrer. Er sehe sich nicht mehr "in Übereinstimmung mit der Amtstheologie und Kirchenlehre" der katholischen Kirche, teilte Schuhmacher auf Anfrage unserer Zeitung mit.
Der aus dem saarländischen Eppelborn stammende Schuhmacher machte nach einer Lehre zum Werkzeugmacher Abitur und studierte dann in Trier am Priesterseminar. 1987 wurde er im Trierer Dom zum Priester geweiht. Danach war er unter anderem als Militärpfarrer bei der damaligen Luftlandebrigade in Saarlouis, Lebach und Merzig tätig. Doch 1993 schied er aus der Militärseelsorge aus, wegen Bedenken gegenüber dem damaligen Einsatz der Fallschirmjäger in Somalia.
Seitdem ist Schuhmacher Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Rupertsberg in der Nähe von Bingen. Er steht dort insgesamt sieben Pfarreien vor, und damit "leite ich heute gleichsam einen mittelständischen Betrieb mit zahlreichen Angestellten", umschreibt er seine Tätigkeit.
Für seine eigentliche Aufgabe als Pastor bleibe immer weniger Zeit. Schuhmacher spricht von einem "unerträglichen und unverantwortlichen Zustand". "Ich kann nicht mehr länger gegen meine Überzeugungen arbeiten und Strukturen vertreten, die ich von Anfang für falsch gehalten habe", sagt der Priester. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum er den Dienst in der katholischen Kirche quittiert. Er habe sich seit Jahren von deren Lehren entfremdet und sei dann "in einen immer stärker werdenden Konflikt zwischen meinen inneren Überzeugungen und der Realität der katholischen Kirche" geraten. Er habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die Forderung des Zölibats und die Ablehnung des Frauenpriestertums für einen Fehler halte. Beide Themen sind in seinen Augen auch Gründe für den Priestermangel. "Auch persönlich bin ich nicht mehr bereit, die Lebensform des Zölibats zu akzeptieren", sagt Schuhmacher. Im Wechsel zur evangelischen Kirche sehe er für sich die Chance, seine persönlichen Glaubensüberzeugungen und seine Lebensform wieder zu verwirklichen.
Viele TV-Leser zeigen unterdessen auf unserer Facebook-Seite Verständnis für den Schritt Schuhmachers. "Recht hat er" oder "mutig, der Mann" lauten einige der Kommentare.Extra

Als eine "Randerscheinung" bezeichnet der Sprecher des Bistums Trier, André Uzulis, dass katholische Priester freiwillig den Dienst quittieren. "Das kommt äußerst selten vor." Im vergangenen Jahr habe es, unabhängig von der Missbrauchsdebatte, zwei solcher Fälle im Bistum gegeben. Im vergangenen Jahr gab es 666 Priester, 104 Ordenspriester und 72 Priester anderer Bistümer im Bistum Trier. wie

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