Auch Schokolade kann süchtig machen

Trier · Der Trierer Strafrechtsprofessor Hans-Heiner Kühne ist bekannt dafür, dass er Klartext redet. Der ursprünglich ausgebildete Konzertgeiger lehrte von 1981 an fast drei Jahrzehnte Kriminologie und Strafrecht an der Uni Trier. Mit dem Thema Drogen und Justiz beschäftigt er sich schon seit über 40 Jahren.

 Wirft provokante Thesen zum Thema Drogen auf: Hans-Heiner Kühne. Foto: Archiv

Wirft provokante Thesen zum Thema Drogen auf: Hans-Heiner Kühne. Foto: Archiv

Trier. 1971, als junger Assistenzprofessor in Saarbrücken, beschäftigte sich Hans-Heiner Kühne in einer der ersten empirischen Studien Deutschlands mit der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten. Die Meinung, die er sich damals "in Kenntnis der realen Probleme" bildete, hat sich bis heute immer weiter verfestigt: "Drogen sind kein strafrechtliches, sondern ein gesellschaftlich-soziales Problem". Eine Ansicht, von der er glaubt, "dass sie international unter den Experten längst unumstritten ist". Eine rigide Anti-Drogen-Gesetzgebung habe lediglich die Konsequenz, "dass sie Millionenbeträge kostet, die Drogen teurer macht und eine sichere Einnahmequelle für das internationale Verbrechertum liefert".
Nach Einschätzung von Kühne wird die Entscheidungsfreiheit der Konsumenten weicher Drogen "nicht entscheidend eingeschränkt". Eine körperliche Abhängigkeit sei nicht gegeben. Eine psychische möglicherweise schon, "aber die kann auch zu Schokolade bestehen". Auch die These, weiche Drogen seien nur der Einstieg für Schlimmeres, hält der Jura-Professor für Unsinn. Er zieht einen Vergleich zum Alkohol: "Nicht jeder, der ab und zu einen Kater hat, wird zum Alkoholiker."
Warum gerade Haschisch und Marihuana gesellschaftlich so geächtet sind, dafür hat Kühne eine auf den ersten Blick verblüffende Erklärung: Neue Rauschmittel seien in der Geschichte stets bekämpft, die Konsumenten verfolgt worden. Mit ihnen gehe der Ruch des Subversiven einher, das die bürgerliche Ordnung bedrohe. So habe man einst im Mittelalter schon die Kaffeetrinker verfolgt. Mit weichen Drogen verbinde man die 68er Bewegung, Flower Power und Umsturz - deshalb hätten Politik und Gesellschaft so rigoros reagiert.
Einen Trost für die Konsumenten hat Kühne aber auch parat: Die Geschichte zeige, dass zunächst verpönte Rauschmittel später "oft eine große Beliebtheit in der Gesellschaft erzielen konnten". DiL

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