Kommentar: Großregion verliert an Bedeutung

Das, was gestern in Trier stattgefunden hat, war kein Gipfel, allenfalls ein Gipfelchen. Außer Ministerpräsidentin Malu Dreyer und dem Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien, Karl-Heinz Lambertz, war kein Regierungschef bei dem Treffen dabei.

Der oberste politische Repräsentant Lothringens blieb der Veranstaltung ganz fern. Wohl aus Bockigkeit, weil bei einem grenzüberschreitenden Gespräch über Energie natürlich über Cattenom diskutiert werden muss. Und das passt den Vertretern aus Frankreich nicht. Sie stehen zu ihrem Kernkraftwerk und lassen daran auch keine Kritik zu.
Selbst Luxemburg, einst Motor der Zusammenarbeit in der Großregion, schickte keine hochrangigen Regierungsvertreter. Sicher ist der entsandte Staatssekretär ein Fachmann in Sachen Umwelt und Energie. Aber es wäre ein wichtiges Signal gewesen, wenn die neue Luxemburger Regierung bei ihrer ersten Gipfelteilnahme, wenn schon nicht mit Regierungschef Bettel, so dann doch mit dem zuständigen Minister vertreten gewesen wäre. Es hat den Anschein, dass Bettel dem Kunstgebilde Großregion deutlich weniger Bedeutung beimisst als sein Vorgänger Juncker.
Und damit stellt sich die Frage, ob die politische Zusammenarbeit in dieser Form überhaupt noch Sinn macht. Die Akzeptanz solcher Gremien in der Bevölkerung ist eh schon nicht sonderlich hoch. Sie wird aber auch nicht besser, wenn Teile der Großregion die Arbeit darin offensichtlich nicht mehr ernst nehmen. Die Relevanz solcher Treffen wie gestern in Trier muss damit hinterfragt werden. Die ohnehin schon immer eher als Minimalkompromiss formulierten Ergebnisse dieser Gremien verlieren damit zunehmend an Bedeutung.
Das Thema Cattenom ist dafür ein gutes Beispiel. Egal, was ein solcher Gipfel in Bezug auf den Pannenreaktor jenseits der Grenze beschließt, politisch bindend ist es nicht, und in Paris interessiert wohl niemanden, was ein Grüppchen mehr oder weniger engagierter Politiker in einer weit entfernten Region denkt. Und genau das ist auch das Problem von Malu Dreyer. Sie weiß, dass sie in Sachen Cattenom nichts erreichen kann. Zwar hat sie bei ihrer Paris-Reise leisen Protest gegen die Anlage angemeldet, doch hält sie sich ansonsten eher diplomatisch zurück, lobt die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Frankreich.
Es ist zwar ehrenhaft, mehr Windräder in der Großregion aufzustellen und die Energiewende voranzubringen, aber Paris wird sich dadurch nicht davon abbringen lassen, Cattenom weiter am Netz zu lassen.
b.wientjes@volksfreund.de

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