Kommunen: Land schuld an höheren Steuern

Trier · Städte und Gemeinden sind sauer auf das Land. Es zwinge sie die Grund- und Gewerbesteuer zu erhöhen, da ansonsten keine Zuschüsse mehr fließen würden. Daher sehen sich die Kommunen zu Unrecht durch den Steuerzahlerbund an den Pranger gestellt, der die Steuererhöhungen kritisiert.

 Viele Gemeinden mussten ihre Grundsteuer erhöhen, weil das Land die durchschnittlichen Sätze angehoben hat.

Viele Gemeinden mussten ihre Grundsteuer erhöhen, weil das Land die durchschnittlichen Sätze angehoben hat.

Foto: Klaus Kimmling

Es ging kürzlich hoch her im Ortsgemeinderat Thalfang, als die Mitglieder über den Haushalt für dieses Jahr berieten. Konkret ging es um eine Erhöhung der Gewerbesteuer. Das Land gibt den Kommunen vor, wie hoch mindestens der sogenannte Hebesatz, mit dem die Gemeinden die Höhe der Gewerbesteuer bestimmen können, sein muss. Bei der Gewerbesteuer liegt dieser sogenannte Nivellierungssatz bei 365 Prozent. Der Nivellierungssatz ist der durchschnittliche Gewerbesteuersatz in Rheinland-Pfalz. In Thalfang lag der Hebesatz bislang bei 355 Prozent. Eine Erhöhung war nicht geplant. Doch das Land verlangt die Anpassung.

Ohne Anpassung kein Zuschuss

"Ansonsten", so der Morbacher Bürgermeister Andreas Hackethal, laufen die Gemeinden Gefahr, Bezuschussungen durch das Land zu verlieren." Liegt eine Gemeinde nämlich unter dem Nivellierungssatz, werden vom zuständigen Landkreis oder dem Land Fördermittel abgelehnt - und zwar mit dem Hinweis, erst alle Einnahmemöglichkeiten der Gemeinde auszuschöpfen. Auch am kommunalen Entschuldungsfonds des Landes dürfen Gemeinden nur dann teilnehmen. Der Fonds soll überschuldeten Kommunen helfen, ihre Schulden schneller abzubauen.

Die Einnahmemöglichkeiten bei den Gemeinden liegen vor allem bei den sogenannten Realsteuern. Dazu zählen die Grund- und die Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer gilt dabei als wichtigste Einnahmequelle. Sie besteuert den Ertrag der Gewerbebetriebe. Daher ist sie auch ein Standortfaktor. Mit einem über dem vom Land vorgegebenen Satz nehmen die Gemeinden zwar mehr ein, gleichzeitig belasten sie aber die Gewerbebetriebe, was zu einer Abwanderung führen oder aber eine Neuansiedlung von Betrieben verhindern kann.
Daher sehen sich viele Kommunen durch die Vorgaben des Landes unter Druck gesetzt, an der Steuerschraube zu drehen. Der vom Land vorgegebene Nivellierungssatz für die Grundsteuer A, die für land- und forstwirtschaftliche Flächen gilt, liegt derzeit bei 300 Prozent und für die Grundsteuer B für bebaute und bebaubare Grundstücke bei 365 Prozent.

Daher weisen die vom TV befragten Gemeinden auch vehement die Kritik des rheinland-pfälzischen Steuerzahlerbundes zurück. Jede dritte größere Stadt im Land habe in diesem Jahr ihre Steuern erhöht - und das, obwohl "mit nie da gewesenen Rekordeinnahmen zu rechnen ist", sagt Steuerzahlerbund-Chef René Quante. Nur die bevorstehende Kommunalwahl habe wohl viele Stadt- und Gemeinderäte zur Mäßigung bewogen. "Für das Jahr 2015 müssen die Steuerzahler wohl befürchten, dass wieder kräftig an der Hebesatzschraube gedreht wird", glaubt der Verbandschef. Die Stadt Trier wehrt sich gegen die pauschalen Vorwürfe Quantes. Man habe stets mit Augenmaß die Steuerentwicklungen und die Hebesätze im Blick, sagt Stadtsprecher Ralf Frühauf.

Dazu zählen einerseits die Entwicklung des städtischen Haushalts und die konjunkturellen Auswirkungen etwa einer Gewerbesteuererhöhung als auch sozialpolitische Auswirkungen der Erhöhung der alle Hausbesitzer treffenden Grundsteuer B. Diese sei zuletzt 2012 erhöht worden. Und zwar als die Stadt dem kommunalen Entschuldungsfonds beigetreten sei. "Derzeit ist keine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer geplant", sagt Frühauf. In der Auflistung des Steuerzahlerbundes zu den Hebesätzen für die Gewerbesteuer belegt Trier mit 420 Prozent den zweiten Platz hinter Mainz. Trier liegt damit 55 Prozentpunkte über dem Nivellierungswert, auch Konz (385) und Wittlich (380) liegen darüber. Die Hebesätze in Morbach und Bitburg liegen genau im vom Land vorgegebenen Schnitt. Auch in Wittlich gibt man dem Land die Schuld, dass man an der Steuerschraube drehen musste.

Bislang habe die Stadt dauerhaft unter den Nivellierungssätzen gelegen, doch im vergangenen Jahr sei man gezwungen worden, den Hebesatz für die Gewerbesteuer und in diesem Jahr die für die beiden Grundsteuern anzuheben.

Und das obwohl, so Jan Mußweiler, Sprecher der Wittlicher Stadtverwaltung, durch die Anhebung des Satzes für die Grundsteuer A von 255 auf 340 lediglich 10 000 Euro mehr pro Jahr in die Stadtkasse kämen.Stichwort


Grundsteuer A wird für Grundstücke erhoben, die land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Die Grundsteuer B müssen alle Haus- oder Wohnungseigentümer oder Besitzer eines bebaubaren Grundstücks zahlen. Die Höhe der Grundsteuer richtet sich zum einen nach dem vom Finanzamt festgelegten Einheitswert, nach einem Grundsteuermessbetrag und dem von der Gemeinde festgelegten Hebesatz. Beispiel: Beträgt der Einheitswert einer Eigentumswohnung 10?000 Euro, der Messbetrag liegt bei 3,5 Promille vom Einheitswert und der Hebesatz bei 370 Prozent sind jährlich 129,50 Euro Grundsteuer fällig.
Die Gewerbesteuer gilt für den Ertrag von Gewerbebetrieben. Für den Ertrag wird vom Finanzamt ein Messbetrag ermittelt. Dieser Messbetrag wird mit dem von der Gemeinde festgelegten Hebesatz für die Gewerbesteuer multipliziert.

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