TV-Archiv Bundeswehr betreibt mit Panzern Naturschutz am Mesenberg

Wittlich · Passen militärische Übungen und der Umweltschutz zusammen? Auf den ersten Blick erscheint das widersprüchlich – ist aber schon in mehreren Gegenden der Bundesrepublik gängige Praxis. Bald auch am Wittlicher Mesenberg, wo die Fernmelder aus Daun Manöver machen wollen.

 Naturschutzgebiet Mesenberg

Naturschutzgebiet Mesenberg

Foto: Klaus Kimmling


Demnächst werden am Mesenberg unweit von Wittlich an manchen Tagen Fahrzeuge der Bundeswehr durch das Naturschutzgebiet fahren. Dort soll das militärische Übungsgelände "Wittlich-Mesenberg" eröffnet werden, das das Bataillon für Elektronische Kampfführung 931 in Daun zur Fahrerausbildung nutzen will. Die Einheit, die in der Heinrich-Hertz-Kaserne in Daun stationiert ist, klärt elektromagnetische Abstrahlungen auf und war unter anderem auch schon in Afghanistan im Einsatz.

Das Gebiet um den Mesenberg wurde früher von den französischen Streitkräften genutzt. Nach deren Abzug fiel es an den Bundesforstbetrieb. Birger Führ, Biotopbetreuer im Landkreis Bernkastel-Wittlich, erklärt den für manch einen widersprüchlichen Zusammenhang zwischen militärischen Erfordernissen und dem Naturschutz: "Durch die damalige Fahrtätigkeit der französischen Armee entstanden in den eingefahrenen Furchen kleinere Gewässer, in denen sich Amphibien ansiedelten." Auch am Mesenberg habe sich damals eine umfangreiche Population entwickelt, darunter auch die unter Naturschutz stehende Gelbbauchunke. Als die Franzosen abzogen, drohte das Gebiet wieder zuzuwachsen, was die Amphibienpopulation ausgelöscht hätte. Deshalb, so Führ, musste das Gebiet "entbuscht" werden. Traktoren zogen Panzerplatten oder lange Ketten über das Gelände, um vor allen Dingen den heftigen Ginsterbewuchs auf dem 40 Hektar großen Gebiet zu verringern - eine kostspielige Arbeit, die zwei Mal im Jahr gemacht werden musste.

Dann kam der Vorschlag, die Bundeswehr mit ihren Fahrzeugen dort üben zu lassen. "Das ist nicht unbedingt verkehrt, wenn es in ein Gesamtkonzept eingebettet ist," sagt der Biotopbetreuer.

Denn durch die Fahrtätigkeit werden wieder jene Kleingewässer geschaffen, in denen sich die inzwischen abgewanderte Gelbbauchunke wieder ansiedeln könnte. Außerdem hofft Führ darauf, dass sich dort auch wieder andere Amphibien und Libellen ansiedeln. Das Gebiet sei aus biologischer Sicht hochinteressant.

Rainer Stöckicht von der Stadt Wittlich erklärt: "Als wir erstmals von diesen Plänen hörten, hatten wir Angst, dass es Lärm gibt und die Umwelt beeinträchtigt wird, aber das ist nicht so." In Gesprächen mit der Bundeswehr und den Bundesforsten sei klar geworden, dass die Maßnahme sinnvoll ist. Auch mit einer Lärmbeeinträchtigung sei nicht zu rechnen. "Wir hatten zuerst befürchtet, dass dort Gefechtslärm entsteht. Das ist aber keineswegs der Fall," sagt Stöckicht.

Stattdessen werden dort in Zukunft bisweilen militärische Fahrzeuge entlangfahren. Jeder Einsatz werde bei der Verwaltung angemeldet. Wie viele Fahrzeuge dort fahren werden, wie oft das der Fall sein wird und welche Übungen konkret stattfinden, wollte die Bundeswehr auf TV-Anfrage nicht mitteilen. Sie wird die Pläne bei einer Pressekonferenz offiziell vorstellen.Extra

Derzeit werden auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland 20 Truppenübungsplätze und 184 Standortübungsplätze sowie Pionierübungsplätze (Wasser/Land) durch die Bundeswehr betrieben. Die durchschnittliche Fläche der Truppenübungsplätze beträgt 7000 Hektar. Sie reicht vom kleinsten Platz, Todendorf in Schleswig-Holstein mit 28 Hektar, bis Bergen in Niedersachsen mit 28.500 Hektar. Insgesamt sind mehr als 50 Prozent der Übungsplatzfläche in Deutschland als FFH- und/oder Vogelschutzgebiet gemeldet. Dazu kommen weitere von den Gaststreitkräften genutzte Übungsplätze.

Seit Anfang der 1990er Jahre werden auf Bundeswehrübungsplätzen flächendeckende Biotopkartierungen in Anlehnung an die jeweiligen Länderkartierungsstandards durchgeführt. Erfassungen und Bewertungen nach den Vorgaben der FFH-Richtlinie (Kartierung von Lebensraumtypen und Arten) gehören seit 2003 zusätzlich zum Standardverfahren der Bundeswehr.
Quelle: Bundesamt für Naturschutz

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