Spritzendes Blut und splitternder Gipsverband

Daun/Trier · Wegen schwerer räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung hat das Landgericht Trier einen 28-Jährigen aus Daun zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Besonders zugute kam dem Angeklagten dabei sein volles Geständnis.

Geboren wurde M. als Kind deutschstämmiger Eltern im Kaukasus/Russland. Er war vier Jahre alt, als seine Eltern nach Deutschland übersiedelten. Dort wuchs er auf, absolvierte den Hauptschulabschluss, brachte aber keine Lehre zu Ende, sondern hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Probleme bekam er vor einigen Jahren, als seine Freundin plötzlich einen Anderen hatte und er mit Drogen (Amphetaminen) anfing. Es folgte eine Therapie. Zwei Mal wurde er wegen Körperverletzung vom Amtsgericht Daun verurteilt. Am Montag sitzt der Deutsch-Russe M. erneut auf der Anklagebank - diesmal vor dem Landgericht Trier. Der Angeklagte soll 2013 in Daun heftig unter seinen deutsch-russischen Bekannten gewütet haben. Schwere räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung lautet diesmal der Vorwurf. Vier Prozesstage mit 20 Zeugen sind geplant. Doch schon zum Verhandlungsauftakt gibt es Probleme: Ausgerechnet die vier von M. attackierten Zeugen lassen sich von Daun aus "entschuldigen": Angeblich haben sie kein Fahrgeld, um nach Trier zu kommen, und einer sei volltrunken und nicht mehr "reisefähig". Während die Zeugenfrage noch weiter ungeklärt ist, verliest Staatsanwältin Carolin Heister die Anklageschrift: Demnach beginnt alles am 20. Oktober mit einer Schlägerei. Beteiligt sind M., sein Bekannter P. und ein dritter Mann. "Warum der Streit?" will Vorsitzender Armin Hardt wissen. Antwort von M.: "Die waren total voll, ich aber nüchtern." Am Ende hat er einen gebrochenen Finger, der gegipst werden muss. Hinzu kommen bei allen Beteiligten Prellungen im Gesicht, im Volksmund "Veilchen" genannt, sowie leichte Stichverletzungen von einer Gabel, die auch im Spiel gewesen sein muss. Der Vorfall hat ein Nachspiel: Am nächsten Morgen treffen der Anklagte M. und P. in der Wohnung der gemeinsamen Bekannten W. aufeinander. Dabei knallt der 28-Jährige P. derart seinen Gipsverband auf den Kopf, dass die Massivbandage splittert und P. zu Boden geht. Danach verlangt M. Ersatz für Schäden in seiner Wohnung, nimmt ein Fahrrad von P. als Pfand und droht, ihn im "Wald zu erschlagen". P. unterschreibt noch einen "Schuldschein" über 150 Euro. Nochmals zu Boden geht P. etwas später in seiner eigenen Wohnung, wo ihm M. einen Computerbildschirm über den Kopf haut, weil er von P. mit einem Messer bedroht worden sein soll. Das Verfahren in diesem Fall stellt die Kammer ein, weil auch die Frage einer Notwehrsituation hätte geklärt werden müssen.
Richtig rund geht es zehn Tage später in der Wohnung der W., wo der Angeklagte M. auf den entfernten Bekannten S. stößt, der ihn prompt als "Schmarotzer" beleidigt. Die Folge für S.: Er wird von M. mit einer zum Schlagring umfunktionierten Armbanduhr ins Gesicht geschlagen, bis das Blut spritzt. Als "Kompensation" für sein blutverschmiertes Hemd reißt M. dem S. noch dessen wertvolle Armbanduhr vom Handgelenk, entnimmt ihm 50 Euro aus der Geldbörse, lässt sich dessen Smartphone aushändigen und versetzt ihm vor der Haustür noch Tritte in den Rücken.
Es hätte also ein langer Prozess werden können, doch da der Angeklagte zu einem vollen Geständnis bereit ist, wählen das Gericht, die Anklage und Verteidiger Christian Hölzer den kürzeren Weg. Sie treffen eine Vereinbarung: Nicht mehr als dreieinhalb Jahre Haft, sofern der Angeklagte in diese Vereinbarung einwilligt. Er willigt ein und hofft, in der Haft seine Elektrolehre abschließen zu können. Außerdem rät ihm Hardt, an einem Anti-Aggressionstraining teilzunehmen.

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