Aufgebaut, angeschmissen, abgebaut

Neuerburg · Anfang August wird die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien erneut gesenkt. Um sich für die kommenden 20 Jahre noch den derzeit garantierten Satz zu sichern, wurde nun die Heizanlage des in Neuerburg geplanten Nahwärmenetzes am zukünftigen Standort vorübergehend aufgebaut und gutachterlich abgenommen. Endgültig in Betrieb genommen wird das 2,83-Millionen-Euro-Projekt aber erst im kommenden Frühjahr.

 In einem Zelt auf dem Gelände hinter dem Neuerburger Friedhof wurde die Heiz- und Energiezentrale des zukünftigen Nahwärmenetzes bereits erfolgreich getestet. TV-Foto: Uwe Hentschel

In einem Zelt auf dem Gelände hinter dem Neuerburger Friedhof wurde die Heiz- und Energiezentrale des zukünftigen Nahwärmenetzes bereits erfolgreich getestet. TV-Foto: Uwe Hentschel

Neuerburg. Das Blöde an Stichtagen ist, dass man sich mitunter gewaltig darüber ärgert, wenn man einen solchen versäumt. Vor allem dann, wenn mit dem Einhalten der Frist viel Geld verbunden ist. Der 1. August ist so ein Tag. Denn dann tritt die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Kraft. Verbunden damit sinkt erneut die Einspeisevergütung für regenerativ erzeugten Strom. Es geht nur um wenige Cent. Doch diese paar Cent können entscheidend für die Wirtschaftlichkeit eines Projekts sein.
Zeit ist hier viel Geld


"Wenn wir die Anlage nach dem 31. Juli in Betrieb nehmen würden, dann wären das knapp sechs Cent weniger pro Kilowattstunde", sagt Michael Hauer, Geschäftsführer der Unternehmergesellschaft H2 Erneuerbar Versorgt aus Niederweiler und Aufsichtsratmitglied der Westeifeler Erneuerbare Energien Genossenschaft (WEEG). Das Unternehmen und die Genossenschaft arbeiten derzeit mit weiteren Partnern an der Umsetzung eines Nahwärmeprojekts in Neuerburg.
Geplant ist ein kombiniertes Blockheizkraftwerk, das mit Holzhackschnitzeln betrieben werden und zukünftig die Neuerburger Schulen, den Kindergarten, die Sporthallen, das Krankenhausgebäude, das Verwaltungsgebäude sowie private Wohn- und Geschäftsgebäude über ein Nahwärmenetz mit Energie versorgen soll. Mehr als 2,8 Millionen Euro werden in dieses Projekt investiert (siehe Extra).
Damit das Vorhaben nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich seinen Zweck erfüllt, ist es den Projektentwicklern wichtig, noch in den Genuss der derzeit gültigen Einspeisevergütung von über 19 Cent pro Kilowattstunde zu kommen. Das ist nur möglich, wenn die Anlage noch vor dem 1. August in Betrieb ist. Vor dem Hintergrund, dass die WEEG erst im April entschieden hat, sich an diesem Projekt federführend zu beteiligen, und die gesamte Finanzierung des Vorhabens erst seit einigen Wochen unter Dach und Fach ist, blieb bis zum 1. August nicht mehr viel Zeit.
Um die Vorgabe dennoch zu erfüllen, hat die WEEG vergangene Woche damit begonnen, die Heizanlage am geplanten Standort (hinter dem Friedhof) aufzubauen. Und zwar in einem Zelt. Inklusive Holzvergaser, Blockheizkraftwerk, Kühlung und Anschluss ans Stromnetz. In dieser Woche wurde sie dann wieder demontiert und abtransportiert. So als wäre nichts gewesen. Doch genau zwischen Auf- und Abbau liegen die entscheidenden Minuten: Am Montagvormittag wurde die Anlage kurz in Betrieb genommen, um sie von einem staatlich vereidigten Gutachter abnehmen zu lassen. Dieser hat bestätigt, dass die Anlage funktioniert, regenerativen Strom erzeugt und ins Netz einspeist. Damit sind die Voraussetzungen für den derzeit noch gültigen Vergütungssatz erfüllt. Wie Marco Meutes, ebenfalls Mitglied des WEEG-Aufsichtsrats, erklärt, machen sich diese sechs Cent Unterschied in der Summe bemerkbar. Denn bei einem geplanten Stromertrag von jährlich knapp einer Million Kilowattstunden wären das bei einer offiziellen Inbetriebnahme ab August fast 60 000 Euro weniger Einnahmen pro Jahr. Umgerechnet auf die 20 Jahre, für die diese Einspeisevergütung gesetzlich garantiert ist, läge die Differenz bei knapp 1,2 Millionen Euro.
Heizsystem geht 2015 in Betrieb


Vor diesem Hintergrund ist der enorme Aufwand für ein paar Minuten Betriebsdauer nachvollziehbar. Und für Hauer und Meutes ist er darüber hinaus auch ein deutliches Signal, dass die Realisierung des Neuerburger Nahwärmeprojekts nun von der Planungs- in die Umsetzungsphase übergeht.
Voraussichtlich im ersten Quartal 2015 soll das Heizsystem dann in Betrieb gehen. Neben Strom wird die Anlage, die insgesamt aus drei Holzvergasern mit drei daran angeschlossenen Blockheizkraftwerken sowie einem Hackschnitzelkessel zur Abdeckung der Spitzenlasten besteht, jährlich laut Planung rund vier Millionen Kilowattstunden an Wärmeenergie produzieren.Extra

Für die Westeifeler Erneuerbare Energien Genossenschaft (WEEG), die 2011 gegründet wurde und der mittlerweile rund 320 Mitglieder (vor allem Bürger, aber auch Gemeinden) angehören, ist das Neuerburger Vorhaben das erste Projekt, das konkret umgesetzt wird. Neben der WEEG, die mit 499 000 Euro in die eigens dafür gegründete Neuerburger Nahwärme Verwaltungs GmbH mit einsteigt, beteiligen sich an dieser Gesellschaft auch das Unternehmen H2 Erneuerbar Versorgt mit 25000 Euro, die NaturContract GmbH (Tochter der Naturstrom AG) mit 175 000 Euro sowie die Stadt Neuerburg mit 1000 Euro. Der Rest der veranschlagten 2,83 Millionen Euro wird über Darlehen (1,92 Millionen Euro) sowie über KfW-Zuschüsse (210000 Euro) finanziert. Das Besondere an dem Projekt ist laut WEEG, dass sich an der Finanzierung eines solchen Energieprojekts erstmals die Volksbank Bitburg und die Kreissparkasse Bitburg-Prüm gemeinsam beteiligen. uhe

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