Günther Jauch rüstet sein Gut für die Zukunft

Kanzem · Zwei Jahre lang ist das Weingut von Othegraven in Kanzem an der Saar regelrecht runderneuert worden. Das alte Haupthaus und die neuen Wirtschaftsgebäude präsentieren sich in einem harmonischen Ensemble. Es scheint, als hätte alles schon immer so ausgesehen.

Kanzem. Hausherr Günther Jauch ist zwar nicht da, aber auf dem Weingut von Othegraven herrscht emsiges Treiben: In der Vinothek mit Blick auf den englischen Garten vergleichen österreichische Kunden Weine und Jahrgänge, eine Mitarbeiterin zupft welkes Grün von Blumen und Sträuchern, polnische Saisonarbeiter werkeln und wuseln in den Wirtschaftsgebäuden. Ein Eimer Wischwasser steht verlassen im Hof.
Andreas Barth telefoniert, schon wieder. Als Geschäftsführer hält er die Fäden zusammen. Noch vor einem Jahr war der Ort, an dem er jetzt steht, eine einzige Baustelle. Aber innerhalb von nur zwei Jahren haben Günther und Thea Jauch, Architekt Stefan Wolf, ihre Mitarbeiter und etliche Handwerker aus dem 15-Hektar-Weingut einen Betrieb gemacht, der für die nächsten Jahrzehnte gerüstet ist. "Der Umbau ist aus arbeitswirtschaftlichen Gesichtspunkten einfach notwendig geworden", erklärt Barth. "Dabei wollten wir die bestehenden Gebäude erweitern, optimieren und energetisch verbessern."
Lagerten früher alle Flaschen im Keller, liegen sie heute in großen Metallkästen des neuen, 400 Quadratmeter großen Lagers, das darüber hinaus in zwei Klimazonen unterteilt ist. Das hat die Arbeitswege verkürzt. Wo einst Mitarbeiter des Versands fleißig Flaschen in Kartons verpackten, können Kunden jetzt in einem lichtdurchfluteten Raum Weine probieren. "Mit der Vinothek, der Stehverkostung (einer Art Minivinothek) und dem Kelterhaus, das auch für Veranstaltungen genutzt wird, haben wir jetzt insgesamt drei Verkostungsräume", erzählt Andreas Barth.

TV-Serie Wein und Architektur


Das traditionsreiche Weingut von Othegraven zu sanieren und Gebäude anzubauen, war keine leichte Aufgabe für Architekt und Bauherr. Die ganze Anlage steht unter Denkmalschutz, eine Ehre, die sich das Weingut mit nur wenigen Gütern weltweit teilt. Gerade das macht aber ein solches Bauvorhaben in der Regel nicht leichter. Auf den ersten Blick fällt überhaupt nicht auf, dass hier monatelang kein Stein mehr auf dem anderen lag. Alle sanierten Gebäude wie das Haupt-, Verwalter- und Gartenhaus, die An- und Neubauten bilden einen homogenen harmonischen Komplex.
"Wir wollten etwas bauen, was einem modernen Weingut entspricht, sich aber nicht in den Vordergrund drängt. Die Architektur sollte kaschieren ohne zu künsteln. Und so werden die neuen Gebäude eben nicht als Neubau wahrgenommen, weil sie sich in das bestehende Ensemble einfügen. Wir haben jetzt zwei neue Wirtschaftsgebäude, die ineinander übergehen. So ist um die Hälfte an Fläche dazugekommen", erläutert Barth. Versteckt, weil auf dem Dach der Lagerhalle, ist auch die Photovoltaikanlage, die mehr Strom produziert, als das Weingut selbst benötigt. Als "work in progress", als Vision, die sich entwickelt hat, beschreibt Barth das Projekt. "Es gab viele Sonderfragen zu klären, aber es lief extrem gut und war immer spannend."
Von jetzt an kann sich das Weingut von Othegraven weiter entfalten. Die Weichen für die Zukunft sind gestellt, für die nächste Generation.Extra

Sie bauen aus, sie bauen um, sie bauen an: Viele Traditionsweingüter an Mosel, Saar und Ruwer wandeln sich. Eine neue Generation von Winzern stellt sich den Herausforderungen der Zukunft, indem sie auch architektonisch neue Wege geht. In einer sechsteiligen Serie berichtet der Trierische Volksfreund über Winzerbetriebe, die dabei ihre Vorstellungen ganz unterschiedlich umgesetzt haben. vkExtra

Das Traditionsweingut von Othegraven liegt in Kanzem an der Saar und ist Mitglied im VdP (Verband der Prädikatsweingüter Deutschlands). Seine Ursprünge gehen bis ins 15. Jahrhundert zurück. Das Gutshaus, der Landschaftsgarten und die Lage Kanzemer Altenberg bilden ein Kulturdenkmal und stehen unter Denkmalschutz. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gutshaus von amerikanischen Truppen zerstört und zwischen 1954 und 1959 nach Plänen des Trierer Stadtbaumeisters Heinrich Otto Vogel wieder aufgebaut. Besitzer gab es viele: Sie hießen von Metzenhausen, von der Leyen, Grach und Weißebach. Um 1824 erbt Julius Weißebach das Gut, das sein Sohn Carl nach seinem Tode verwaltet. Dessen Bruder Franz (1860-1925) ist bestens bekannt als Stifter des Trierer Palastgartens. Da beide Brüder kinderlos starben, übergab Carl das Gut an seinen Neffen Maximilian von Othegraven. Der erwarb Mitte der 1950er Jahre die Anteile seiner Geschwister und seines Schwagers Hans Jauch. Da auch Maximilians Ehe kinderlos blieb, ging das Weingut 1995 an Heidi Kegel, die Nichte von Maximilians Ehefrau Maria, über. Im Jahr 2010 kaufte der Journalist und Fernsehmoderator Günther Jauch, ein Enkel Elsas von Othegraven, das Weingut. vk

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