Berufsvorbereitung in luftiger Höhe

Erbeskopf · Der Waldseilgarten, den es seit 2010 am Wintersport- und Umweltbildungszentrum gibt, ist kein rein kommerzieller Betrieb. Hier lernen Jugendliche, die nicht in ihren Familien wohnen, Kompetenzen für ein eigenständiges Leben. Für die Zukunft ist am Erbeskopf auch ein Übernachtungszentrum nach ähnlichem Konzept geplant.

 Hochseilgarten am Erbeskopf. TV-Foto: klaus Kimmmling

Hochseilgarten am Erbeskopf. TV-Foto: klaus Kimmmling

Erbeskopf. Mutig und schwindelfrei sollten diejenigen sein, die sich im Waldseilgarten am Erbes kopf in die Höhe begeben und keine festen Boden mehr unter den Füßen haben. Der Waldseilgarten, der unter dem Namen Highlive vom "Verein Live soziale Chancen" als Betreiber in Kooperation mit dem Wintersport- und Umweltbildungszentrum am Erbeskopf betrieben wird, stellt aber nicht nur an die Gäste besondere Anforderungen. Auch von den Trainern werden besondere Kompetenzen gefordert.
Einsatzzeit wird gesteigert


Ulrike Mai ist Psychologin bei der Außenwohngruppe von Live in Deuselbach. Und sie ist mit für den Waldseilgarten Highlive zuständig. Sie erklärt das Konzept, das dahinter steckt. "Die Jugendlichen, die hier leben, brauchen mehr Zeit, um sich auf ein eigenständiges Leben und einen Beruf vorzubereiten". Um sie besser unterstützen zu können, habe man den Waldseilgarten 2010 gegründet. Neben dem erlebnispädagogischen Aspekt haben die Jugendlichen einen geschützten Raum, in dem sie ihren Fähigkeiten entsprechend ins Arbeitsleben eingegliedert werden können. "Das sind echte Gäste, die echtes Geld bezahlen", erklärt sie. Hier ist also nicht nur ein Übungsfeld, sondern das wirkliche Leben.
Manche der jungen Leute werden im Waldseilgarten mit einfachen Aufgaben betraut. Sie kümmern sich um die Pflege der Anlage oder tragen die Ausrüstung für die Kletterer. Andere dagegen machen die Sicherheitseinweisung für die Kletterer. "Sie werden dort ernst genommen und respektiert." Für die jungen Leute, die nicht bei ihren Familien leben können aus den unterschiedlichsten Gründen, eine wichtige Erfahrung. Gleichzeitig ist der Waldseilgarten eine Möglichkeit, den Einsatz in überschaubarem Rahmen zu halten. Zum Beispiel seien manche am Anfang nicht in der Lage über mehrere Stunden konzentriert zu arbeiten. Genau das werde aber im Berufsleben gefordert. Doch in der Regel könne die Einsatzzeit kontinuierlich gesteigert werden. Und die Mädchen und Jungen verdienen im Waldseilgarten ihr eigenes Geld. Das hebe das Selbstwertgefühl. Sie lernen zudem, sich Geld einzuteilen und auf etwas hin zu sparen.
Nicht nur den betreuten Jugendlichen gefällt der Waldseilgarten, auch den Gästen: Die beiden Kinder des 40-jährigen Familienvaters Rémon ud Top aus Holland klettern eifrig durch den Parcours, während er auf Englisch erzählt: "Der Kletterparcours ist toll und auch ganz schön schwer an manchen Stellen, aber die Kinder, besonders mein Sohn, haben viel Spaß. Die Trainer haben den Kindern aber super erklärt, wie alles funktioniert." Ebenfalls mit Kindern da ist der 41-jährige Andreas Gesellchen aus Longuich. Auch er ist angetan und sagt: "Der Zusammenhalt den sie hier durch die Herausforderungen erleben ist super für die Kinder. Außerdem ist die Betreuung toll."
Der bestehende Hochseilgarten trägt sich aus den Einnahmen durch die Gäste und kommt ohne Zuschüsse aus.

Um ein weiteres Feld zu erschließen, in dem die jungen Leute ihren Fähigkeiten angepasst arbeiten können, gibt es neue Pläne, die allmählich konkreter werden, verrät Ulrike Mai. Wenn der Nationalpark kommt und sich damit auch neue Fördermöglichkeiten erschließen, soll ein Übernachtungscamp am Erbeskopf entstehen, in dem die jungen Menschen Arbeit finden. Architektonisch besondere Hütten zu verschiedenen Themenfeldern sind geplant. Gespräche mit allen Beteiligten wie VG Thalfang am Erbeskopf, Zweckverband, Umwelt- und Sozialministerien laufen bereits.
Extra

Die 1997 gegründete Einrichtung ist ein als gemeinnützig anerkannter, eingetragener Verein, Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband und unterstützt im öffentlichen Auftrag Familien in ihrer Erziehungsarbeit und insbesondere Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in ihren Familien leben können, indem sie ihnen ein Zuhause mit neuen Entwicklungschancen bieten. Der Verein hat 35 Mitarbeiter und ist engagiert im Bereich der Ganztagsschulbetreuung in Thalfang und in der offenen Jugendarbeit. Es gibt drei vollstationäre Wohngruppen mit jeweils sechs Plätzen für Jungen und Mädchen in Thalfang, Deuselbach und Braunshausen im Saarland. nojExtra

Ihr liebt Abenteuer? Dann ist ein Hochseilgarten genau das Richtige für euch. Er besteht aus mehreren Masten oder Bäumen die beispielsweise durch Seilbrücken, Balken, Seilbahnen oder Netze verbunden sind, um von einem zum anderen klettern zu können. Und das Ganze in schwindelerregender Höhe. Damit die mutigen Kletterer nicht runterfallen sind sie natürlich mit einem Seil oben gesichert. lst

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