"Fett wie ein Spanier" oder "kräftig und knochenhart"

Dass im Eifelkreis Bier gebraut und Schnaps gebrannt wird, ist bekannt. Dass hier aber auch Wein hergestellt wird, überrascht vielleicht. Der Volksfreund hat einige Hobbywinzer besucht.

Bitburg/Dockendorf/Orenhofen/Echternacherbrück. "Glaubt ihr noch der alten Rede, welche unsrer Eifel galt, dass sie kahl sei, dürr und öde - ein trübsel´\'ger Aufenthalt?", fragt Caspar Isenkrahe in seinem Eifellied von 1896. Aber obwohl der Dichter solchen Vorurteilen eine klare Absage erteilt - Reben und Wein erwähnt er nicht.
Und doch, es gibt sie: ein paar eifrige Hobbywinzer im Eifelkreis, die Rebstöcke pflanzen, Trauben lesen und daraus ihren Wein keltern. Damit befinden sie sich sogar in bester Tradition, wie alte Weinbergsterrassen und Flurnamen zeigen. Hier vier Beispiele.
Die Geschichtsbewussten: 650 Rebstöcke Weißburgunder hat die Interessengemeinschaft Enner Menner Layen/Klousterlayen an der Sauer zwischen Echternacherbrück und Minden angepflanzt. Dort wuchsen jahrhundertelang die Trauben für den Messwein des Echternacher Klosters und der Pfarrei St. Peter und Paul. Heute lassen sich die 100 Rebstockbesitzer den Sauerwein schmecken. Und schmecken tut er "definitiv", findet Hobbywinzer Alberto Vianello, der aus dem Veneto stammt - der Heimat des Prosecco. Mit seiner Meinung ist er offenbar nicht allein: Eine Kostprobe für den TV? Fehlanzeige. "Alles ausgetrunken!", sagt Hans-Michael Bröhl, langjähriger Bürgermeister der Verbandsgemeinde Irrel, der den Charakter des edlen Tropfens so beschreibt: "Relativ lieblich, nicht sauer - so, wie auch in Luxemburg".
Ziel der Interessengemeinschaft ist es vor allem, "den Charakter der Kulturlandschaft herauszustellen", erklärt Bröhl, der sich auch einen touristischen Effekt erhofft. Der Weinbau sei dabei "ein Mittel zum Zweck" - allerdings ein höchst genussvolles.
Die Vielseitigen: Rot oder weiß? Da gehen auch unter Freunden die Meinungen schon mal auseinander. In Dockendorf bauen fünf Hobbywinzer daher auf ihrem "Herrenberg" sowohl Müller-Thurgau als auch Dornfelder an, insgesamt 180 Rebstöcke. Die erste Ernte im vergangenen Jahr reichte für je 50 Liter Weiß- und Rotwein. Vom 2014er soll es etwas mehr werden, hofft Anton Wengler, dem das Grundstück am Südhang gehört. Der Flurname "Im Wingertsberg" deutet übrigens darauf hin, dass hier schon früher Trauben wuchsen. Auch was den Ausbau betrifft, sind sich die Ex-Kegelbrüder, die sich heute lieber um ihre Reben kümmern, nicht einig: "Wir haben zwei von der lieblichen, drei von der trockenen Fraktion", sagt Johannes Rausch. Grund genug also zum Experimentieren.
Die ersten Ergebnisse sind jedenfalls ermutigend: Der Dornfelder verliert zwar schon etwas von seiner fruchtigen Frische und sollte bald getrunken werden, der trockene Müller-Thurgau präsentiert sich dagegen sortentypisch mit wenig Säure als schöner Wein für einen Sommerabend.
Der Wintergärtner: Bei Manfred Zenner in Orenhofen darf man sich ein wenig wie im Schlaraffenland fühlen, wo einem die Trauben in den Mund wachsen. Denn seine drei Rebstöcke - vor 20 Jahren gepflanzt, um die Bruchsteinmauer zu begrünen - haben sich so prächtig entwickelt, dass sie jetzt im Wintergarten von der Decke hängen, schwer beladen mit dunkelblauen Beeren. Manch einer, der zu Besuch kam und sie für künstlich hielt, meinte schon: "Ihr habt aber eine hübsche Deko!", berichtet Zenner. Um welche Rebsorte es sich handelt, das wissen weder er selbst noch der Weinbauingenieur, der ihm die Pflanzen einst besorgte. Weil sie so weit oben und im Verborgenen gedeihen, nennt Zenner sie scherzhaft "Scheurebe - Hochgewächs". Das Wintergarten-Klima sorgt für eine frühe Reife und einen hohen Ertrag: 30 Flaschen Wein - einen zartrosa Blanc de Noirs - füllte der Hobbywinzer im vergangenen Jahr ab, "kräftig und knochenhart". Dafür reicht es diesmal nicht ganz, also verarbeitet Zenners Frau Maria die Trauben stattdessen zu Konfitüre.

Der Perfektionist: Paul Steinbach versteht etwas von Wein - schließlich ist er Inhaber einer Weinhandlung in Bitburg. Doch statt ihn immer nur zu verkaufen, wollte er auch selbst einmal welchen herstellen. Auf seinem Grundstück in Erdorf hat er daher 100 Rebstöcke - vorwiegend St. Laurent und etwas Regent - gepflanzt. Der Boden sei dafür ideal, sagt Steinbach: "Muschelkalk, wie im Bordeaux!" Er ist stets um das Optimum an Qualität bemüht: professionelle Drahtanlage, konsequente Mengenbegrenzung, hochwertige Reinzuchthefen sind nur einige Bausteine dafür. Für den Barrique-Ausbau hat er sich ein 30-Liter-Fässchen anfertigen lassen, in der Flasche reift der Wein danach weitere drei Jahre heran.
Vom 2009er ist Steinbach geradezu begeistert: "fett wie ein Spanier, tief dunkel" und geschmacklich "wie ein Rhônewein nach Kirsche und Pflaumen". Als er einmal Besuch aus den USA hatte, öffnete Steinbach eine Flasche seines Erdorfer Weins und zum Vergleich einen guten Franzosen. Kommentar: "Der Margaux ist auch ein schöner Wein ..."
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Extra

Müssen die Moselwinzer jetzt die Konkurrenz aus der Eifel fürchten? "Nein", sagt Hans-Michael Bröhl von der Interessengemeinschaft Enner Menner Layen/Klousterlayen. "Verkaufen dürfen wir unseren Wein nämlich nicht." Das gilt auch für alle anderen Hobbywinzer im Eifelkreis. Das Weinrecht schreibt nämlich genau vor, wer wo was anbauen und vermarkten darf. Und auch die Menge lohnt sich nicht - im Vergleich zu den 67 Millionen Liter Wein, die im Jahr 2012 an der Mosel erzeugt wurden. Wer nur ein paar Flaschen hat, wird diese ohnehin lieber selbst konsumieren. Einen Vorteil aber haben die Eifeler: Sie können sich fast um jede einzelne Beere kümmern. "Diesen Aufwand kann sonst niemand betreiben", sagt Hobbywinzer Paul Steinbach.daj

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