"Unsinn, Murks und viel zu bürokratisch"

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will von 2016 an eine PKW-Maut kassieren. Das Geld soll in die Infrastruktur fließen. Aber aus den Bundesländern kommt ordentlich Gegenwind. Auch von den regionalen Politikern, wie eine TV-Umfrage unter Landtags- und Bundestagsabgeordneten zeigt. Urlaubsbedingt haben nicht alle angefragten Politiker geantwortet.

 Umstrittene Straßennutzungsgebühr: Ein Auto fährt auf der A 352 in Niedersachsen an einer Mautbrücke vorbei. Auch die Politiker in der Region sehen die Pläne zwiespältigArchiv-Foto: dpa

Umstrittene Straßennutzungsgebühr: Ein Auto fährt auf der A 352 in Niedersachsen an einer Mautbrücke vorbei. Auch die Politiker in der Region sehen die Pläne zwiespältigArchiv-Foto: dpa

Alexander Licht, (Brauneberg), Landtagsabgeordneter, CDU: Die CDU in Rheinland-Pfalz hatte sich nie für die Einführung der Maut ausgesprochen, aber wir müssen akzeptieren, dass der Koalitionsvertrag ein Ergebnis aus Verhandlungen von drei Parteien ist; CSU plus SPD und CDU. Ein noch vorzulegendes Gesetz darf aber die Grenzregionen mit ihrem wirtschaftlich sehr sensiblen Grenzverkehr sowie die möglichen Auswirkungen auf den Tourismus nicht außer Acht lassen.

Patrick Schnieder (Arzfeld), Bundestagsabgeordneter, CDU: Eine PKW-Maut, die auch auf Kommunal- und Landesstraßen gilt, darf nicht dazu führen, dass neue Schlagbäume aufgestellt werden. Über Jahrzehnte haben wir dafür gekämpft, den Austausch mit unseren europäischen Nachbarn zu verbessern. Zudem ist der Tourismus in den Grenzregionen zu einem der bedeutendsten Wirtschaftszweige geworden. Das dürfen wir nicht gefährden.
Katrin Werner (Trier), Bundestagsabgeordnete, Linke: Mit dem angrenzenden Frankreich und Luxemburg wäre die Region Trier-Saarburg als Profiteur grenzüberschreitenden Verkehrs direkt von Verkehrsminister Dobrindts Mautplänen betroffen. Eine wirtschaftliche, die Deutschen nicht belastende Maut kommt einer Quadratur des Kreises gleich. Die Instandhaltung der Infrastruktur sollte nicht über immer neue Klein- und Mittelverdiener belastende Abgaben, sondern durch ein gerechtes Steuersystem finanziert werden. Wir lehnen aus diesen Gründen die PKW-Maut ab.
Monika Fink (Bitburg), Landtagsabgeordnete, SPD: Grundsätzlich stehe ich positiv zur Maut, da so mehr Geld in die Infrastruktur fließen kann. Wichtig ist, dass die Einnahmen der Maut auch an Länder und Kommunen gehen. Es kann nicht sein, dass nur der Bund profitiert. In unserer Grenzregion muss eine Ausnahmeregelung für die Nachbarn aus Luxemburg, Belgien und Frankreich eingebaut werden, da es sonst zu Umsatzeinbußen kommen wird. Falls die Maut auch für Kreisstraßen gelten soll, dann geht das nur, wenn auch der Kreis davon Vorteile hat.
Astrid Schmitt (Daun), Landtagsabgeordnete, SPD: Natürlich muss mehr Geld in unsere Infrastruktur fließen. Aber die fehlenden Milliarden würden durch die Maut gar nicht zusammenkommen. Auch weiß niemand, wie das EU-kompatibel gestaltet werden soll. Wir als Grenzregion profitieren von den ausländischen Nachbarn, die zu uns kommen. Das dürfen wir nicht gefährden. Im Koalitionsvertrag steht im Übrigen nichts von einer Maut, die alle Straßen umfasst. Besser wäre es, die schweren Nutzfahrzeuge, die die Straßen überproportional belasten, stärker zur Finanzierung heranzuziehen.
Dietmar Johnen (Bitburg), Landtagsabgeordneter, Grüne: Die Mautpläne sind nicht nur wegen der fehlenden Vereinbarkeit mit EU-Recht purer Unsinn. Oder wegen der Gefährdung von Arbeitsplätzen in den Grenzregionen, die zweifellos droht. Warum bemüht sich Dobrindt nicht viel eher darum, mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bringen? Das würde unseren Straßen deutlich mehr nutzen als ein aufwendiges und teures Bürokratie-Monster, das obendrein noch dem europäischen Geist widerspricht.
Bernhard Kaster (Trier), Bundestagsabgeordneter, CDU: Ich persönlich hatte mich immer gegen eine Maut ausgesprochen. Die nun diskutierte Ausweitung der Maut auf alle Straßen bewerte ich für Grenzregionen wie die Region Trier-Luxemburg als äußerst problematisch. Der Charakter einer generellen Abgabe beim Grenzübertritt widerspricht der europäischen Idee und einem europäischen Lebensgefühl, das gerade bei uns beispielhaft von den Menschen gelebt wird.
Stephanie Nabinger (Saarburg), Landtagsabgeordnete, Grüne: Die Pläne für eine PKW-Maut sind Murks. Mit Taschenspielertricks versucht Bundesverkehrsminister Dobrindt, die umstrittene PKW-Maut für ausländische Fahrzeuge umzusetzen. In diesem Dschungel der Maut-Pläne wiehert höchstens der Bürokratie-Schimmel, und ob die Pläne überhaupt mit EU-Recht kompatibel sind, ist mehr als fraglich.

Katarina Barley (Trier), Bundestagsabgeordnete, SPD: Insbesondere für Tourismus und Handel in unserer Region könnte eine umfassende PKW-Maut für Ausländer auf allen Straßen immense Folgen haben. Grenzregionen müssen bei der Debatte über eine PKW-Maut besonders berücksichtigt werden. Ausnahmen müssen möglich sein.
Jutta Blatzheim-Roegler (Bernkastel-Kues), Landtagsabgeordnete, Grüne: Offensichtlich ist die große Koalition in Sachen Maut verwirrt. Die Ablehnung der Dobrindt\'schen Maut-Pläne in den eigenen Reihen bestätigt unsere Einschätzung, dass der Maut-Entwurf Murks ist. Ungeklärt sind die EU-Kompatibilität, der Einfluss auf grenznahe Regionen und die Umsetzung. Die Pläne gefährden Arbeitsplätze und Wirtschaft in Rheinland-Pfalz. Die Ausweitung der LKW-Maut wäre ein geeignetes Mittel, die hohen Straßenschäden durch LKW anteilig aufzufangen.
Bernhard Henter (Konz), Landtagsabgeordneter, CDU: Eine PKW-Maut für Autobahnen, die nicht zu einer Mehrbelastung für deutsche Autofahrer führt, ist, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, durchaus vertretbar. Eine PKW-Maut für nachgeordnete Straßen wie Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen halte ich für wenig zielführend und für überflüssig.
Arnold Schmitt (Riol), Landtagsabgeordneter, CDU: Eine generelle Maut auf Straßen außerhalb der Autobahn lehne ich strikt ab. Gerade in unserer Grenzregion wäre mit wirtschaftlichen Konsequenzen für den Einzelhandel und die Gastronomie zu rechnen. Auch für die Entwicklung unseres ländlichen Raumes, indem es ohne Auto nicht geht, wäre das eine zusätzliche Belastung. Ich bin nicht bereit das zu akzeptieren.
Ingeborg Sahler-Fesel (Trier), Landtagsabgeordnete, SPD: Für die Region Trier als Grenzregion mit Tausenden von Ein- und Auspendlern, mit den vielfältigen wirtschaftlichen Partnerschaften und nicht zuletzt mit der Einkaufsfreude unserer ausländischen Nachbarn wäre eine PKW-Maut nur kontraproduktiv. Deshalb müsste ein Gesetzentwurf die Situation der Grenzregionen extra regeln und "mautfrei" stellen.
Herbert Schneiders (Daun), Landtagsabgordnerter, CDU: Ich bin für eine Maut auf deutschen Autobahnen, die in Form einer Vignette erhoben werden sollte. Die übrigen Straßen sollten davon ausgenommen bleiben, so dass damit auch der jeweils grenznahe Bereich ohne Weiteres "mautlos" erreichbar bleibt. Im Übrigen kann auch auf die Kontrolle der Vignetten im grenznahen Autobahnbereich verzichtet werden.

Michael Billen (Bitburg), Landtagsabgeordneter, CDU: Ich bin gegen eine Maut für alle öffentlichen Straßen. Hinzu kommt, dass diese geplante Maut ein bürokratisches Monster würde, ohne der Straßeninfrastruktur wirklich zu helfen. Ich bin für eine Autobahnvignette, bei der die Einnahmen ohne Bürokratie direkt für unsere Verkehrsinfrastruktur frei werden. Wir haben in Deutschland einen großen Investitions- und Reparaturstau, und daran soll sich jedes Fahrzeug, welches die Autobahn benutzt, auch beteiligen. Ehrlichkeit und Transparenz in der Politik werden vom Bürger auch verstanden.
Corinna Rüffer (Trier), Bundestagsabgeordnete, Grüne: In einem vereinten Europa ist eine Maut, die unterm Strich einseitig ausländische Fahrzeughalter belastet, ungerecht und schädlich. Verkehrspolitisch sinnvoll wären dagegen meines Erachtens eine Erhöhung der LKW-Maut und deren Ausweitung auf alle Straßen.
Bettina Brück (Thalfang), Landtagsabgeordnete, SPD: Ich stehe einer PKW-Maut schon immer sehr skeptisch gegenüber. Die bisherigen Pläne überzeugen mich nicht, im Gegenteil: Sie werfen mehr Fragen als Antworten auf. Es muss sichergestellt sein, dass unsere Grenzregion nicht benachteiligt wird, vom Bund muss mehr Geld für Infrastruktur bereitgestellt werden - auch den Ländern und Kommunen. Etwaige Regelungen müssen EU-rechtskonform und unbürokratisch sein. Solange diese grundsätzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, darf es keine PKW-Maut geben.

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