Nachmieter kompensieren Insolvenz-Lücke

Wiesbaum · Vom Schlag erholt: Anfang des Jahres hat die Insolvenz der WKV-Direktvertriebsgesellschaft ein großes Loch ins Budget des Existenzgründerzentrums Higis in Wiesbaum gerissen. Mittlerweile sorgen eine Reihe neuer Mieter dafür, dass die Lücke beinahe wieder geschlossen ist.

Wiesbaum. "Vor der Higis-Insolvenz waren wir bei 95 Prozent Belegung, jetzt sind wir wieder bei knapp 85 Prozent. Auch wenn wir wohl auf einen leichten Jahresverlust hinauslaufen: Das passt!" Mit Erleichterung blickt Stefan Mertes, Wirtschaftsförderer der Verbandsgemeinde Hillesheim und Geschäftsführer des Existenzgründerzentrums Higis in Wiesbaum, auf den Verlauf des bisherigen Jahres. Denn der war turbulent. Im Januar hatte die WKV-Direktvertriebsgesellschaft als mit Abstand größter Mieter der Einrichtung überraschend vorläufige Insolvenz angemeldet. Die Folge: Von jetzt auf gleich fielen erhebliche Mieteinnahmen weg. Die große Frage: Wie den Ausfall kompensieren?
Kein Extra-Budget


"Es gab weder ein Extra-Budget, noch Aktionismus", sagt Mertes. Vielmehr sei einfach die Suche nach neuen Mietern "deutlich intensiviert" worden. "Ich habe persönliche Kontakte spielen lassen, Veranstaltungen besucht, viele Gespräche geführt und auch die sozialen Netzwerke genutzt. Auf jedem dieser Wege sind wir zu neuen Mietern gekommen", berichtet Mertes. Über Facebook und Co. ist beispielsweise Sabine Schwiemann aufs Higis aufmerksam geworden. Die Existenzgründerin hat einen Büro-, einen Lager- und einen Schulungsraum (insgesamt 60 Quadratmeter) angemietet. Sie setzt mit ihrer Firma Sinnfonie auf Gesundheit und Wohlbefinden und will mit fünf Dozentinnen im Higis Ernährungstrainer, Wellness-Masseure und ganzheitliche Kosmetikerinnen aus- und fortbilden. Die Geschäftsfrau, die bereits im angrenzenden Gewerbepark tätig war, ist im Gründerzentrum eingezogen, "weil ich erstens die VG Hillesheim als überaus unternehmerfreundlich kennengelernt habe" und "ich zweitens das professionelle Business-Ambiente im Higis schätze". "Das wird bei meinen Kunden deutlich besser ankommen, als wenn ich von zuhause aus gearbeitet hätte", sagt sie. Und sie denkt auch schon an eine Vergrößerung. Aber erst einmal müsse das Geschäft anlaufen.
In die gleiche Kerbe schlägt Maksims Jakusevs. Der gebürtige Lette ist mit seiner Firma Ampix-Pharma ins Higis eingezogen und hat dort ein Büro und einen 73 Quadratmeter großen Lagerraum angemietet. Dort hat er nach eigenem Bekunden bereits mehr als 20 000 Euro in den Kauf eines kleinen Kühlhauses investiert. Darin wird er die Pharmaprodukte lagern, die er innerhalb des europäischen Marktes günstig ein- und im Inland oder anderen Staaten der EU teurer verkaufen wird. "Ich werde mich auf hochpreisige Produkte, vor allem Krebsmedikamente, konzentrieren", sagt Jakusevs. Zwischen 300 und 6000 Euro kosten die Medikamente, mit denen er handeln will. Jakusevs war auf diesem Sektor bereits Jahre für eine andere Firma in der Region tätig, nun hat er sich selbstständig gemacht und wird mit einer freiberuflichen Pharmazeutin zusammenarbeiten. Am Higis schätzt er das "tolle Preis-Leistungsverhältnis" und, dass es nah an seinem Wohnort Hillesheim liegt. Nachdem er vom Gründerzentrum gehört habe, sei er mal vorbeigefahren, habe mit dem Geschäftsführer gesprochen und schon kurz darauf den Mietvertrag unterschrieben.
Guter Ruf


"Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Higis nach wie vor ein attraktiver Standort ist und einen guten Ruf genießt", meint Mertes. Insgesamt sind in diesem Jahr sieben neue Mieter ins Higis eingezogen. Drei alte Mieter hingegen sind bereits oder werden noch dieses Jahr ausziehen. Das ist, auch wenn es sich auf den ersten Blick anders anhört, trotzdem für Wirtschaftsförderer Mertes eine Erfolgsmeldung. "Das ist zum einen das Konzept des Gründerzentrums, zum anderen bleiben alle drei in der VG, und das ist die Hauptsache", sagt Mertes. Zwei haben bereits im angrenzenden Industrie- und Gewerbepark der Verbandsgemeinde ein Grundstück gekauft, einer zieht mit seiner Firma in ein Haus in Wiesbaum ein. Nachfolger sind laut Mertes auch bereits in Sicht: "Mit einem ist bereits ein Vertrag unterschrieben, mit einem anderen laufen verheißungsvolle Gespräche."Extra

 Nach dem heftigen Schlag durch die Insolenz des Hauptmieters geht es wieder bergauf im Existenzgründerzentrum Higis in Wiesbaum. Auch die Kantine wird wieder betrieben. TV-Fotos: Mario Hübner (3)

Nach dem heftigen Schlag durch die Insolenz des Hauptmieters geht es wieder bergauf im Existenzgründerzentrum Higis in Wiesbaum. Auch die Kantine wird wieder betrieben. TV-Fotos: Mario Hübner (3)

Im Existenzgründerzentrum Higis in Wiesbaum stehen 7500 Quadratmeter Mietfläche zur Verfügung. Der Quadratmeter Bürofläche kostet vier Euro, Lagerraum 3,50 Euro. Zu diesen Konditionen dürfen Mieter fünf Jahre im Higis bleiben und haben die Option auf eine dreijährige Verlängerung. So soll ihnen der Start in die Selbstständigkeit erleichtert werden. Derzeit beherbergt das Higis 24 Mieter, die Belegung liegt laut Mertes bei 85 Prozent. Nach Jahren des Verlusts hat das Higis im vergangenen Jahr erstmals eine rote Null geschrieben. Für dieses Jahr rechnet Geschäftsführer Mertes wegen der WKV-Insolvenz mit einem Verlust von 32 000 Euro. Im 56 Hektar großen Industrie- und Gewerbepark der Verbandsgemeinde Hillesheim (IGP) in Wiesbaum, zu dem auch das Higis zählt, sind rund 50 000 Quadratmeter Gewerbeflächen frei. Im gesamten IGP (samt Higis) arbeiten derzeit gut 400 Menschen, das Gewerbesteueraufkommen steigt von Jahr zu Jahr. Für 2014 wird mit rund 830 000 Euro gerechnet. mh

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