Bundesrat nun am Zug

Igel/Berlin · Ende des Jahres sollen stündlich Züge zwischen Trier und Luxemburg verkehren. Ob dem so sein wird, hängt davon ab, wen man fragt. Unstrittig ist dagegen, dass die geforderte Lärmschutzwand in Igel nicht gebaut sein wird. Denn zuerst muss der Bundesrat über eine neue Verordnung entscheiden, die Rechtsgrundlage für Schallschutzwände ist.

 So wie auf der Strecke zwischen Trier und Konz soll ab Ende Dezember auch zwischen Trier und Luxemburg der Bahnverkehr auf zwei Gleisen abgewickelt werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

So wie auf der Strecke zwischen Trier und Konz soll ab Ende Dezember auch zwischen Trier und Luxemburg der Bahnverkehr auf zwei Gleisen abgewickelt werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Igel/Berlin. Die Bahn sagt Ja, der Rechtsanwalt eines Igeler Bürgers sagt Nein, und die Genehmigungsbehörde sagt Vielleicht. Wenn es um die Frage geht, ob nach der Fertigstellung des zweiten Eisenbahngleises zwischen Igel und Wasserbilligerbrück dieses auch benutzt werden kann, so liegen die Antworten weit auseinander. Möglicherweise müssen Gerichte entscheiden, wie es ab Dezember mit dem Bahnbetrieb weitergeht.Die Ausgangslage: Für rund 19,8 Millionen Euro wird die Verbindung zwischen Igel und der Grenze bei Wasserbilligerbrück um ein Gleis erweitert. Die Arbeiten an der Strecke laufen, Ende November wird die Linie für einige Tage komplett gesperrt, damit zum Fahrplanwechsel die Züge wie geplant rollen können. Der Streit: Während es im östlichen Teil Igels keinen zusätzlichen Lärmschutz für Anwohner geben wird, muss im westlichen Teil etwas gegen den Krach getan werden. Ursprünglich wollte die Bahn eine gut 600 Meter lange und bis zu vier Meter hohe Lärmschutzmauer bauen. Das passt vielen Anwohnern nicht. Doch nur einer ist juristisch gegen die Mauer vorgegangen. Und er hat recht bekommen. Daraufhin hat die Bahn beim Eisenbahnbundesamt als Genehmigungsbehörde den Antrag gestellt, in Igel nur 74 Zentimeter hohe Niedrigschallschutzwände zu bauen. Das Eisenbahnbundesamt: Nach Auskunft der Genehmigungsbehörde hat die Bahn Mitte Juli einen Antrag auf Planänderung gestellt. Den Antrag hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) Anfang August zurückgewiesen, da die Unterlagen "unvollständig beziehungsweise in sich widersprüchlich waren und die Änderungen nicht hinreichend nachvollziehbar erläutert wurden". Der vom EBA geforderte neue Antrag sei bisher nicht vorgelegt worden. Über den Antrag entscheiden, kann die Behörde derzeit nicht. Denn die aktuell geltende Verordnung sieht den Bau von niedrigeren Schallschutzwänden überhaupt nicht vor. Das kann sich am Freitag ändern. Denn dann stimmt der Bundesrat über eine neue Verkehrslärmschutzverordnung ab. Falls es eine Mehrheit für den Entwurf gibt, tritt die neue Rechtsgrundlage am 1. Januar 2015 in Kraft. Das weitere Prozedere: Falls das EBA niedrigere Mauern genehmigt, haben Bürger und die sogenannten Träger öffentlicher Belange - Behörden, Energieversorger, die Bundeswehr und andere mehr - Gelegenheit, Anregungen und Bedenken zu äußern. Über diese muss dann diskutiert werden, ehe irgendwann wirklich gebaut werden kann. Dieses Verfahren dauert normalerweise mehrere Monate. Das sagt die Bahn: Bahn-Pressesprecher Torsten Sälinger geht davon aus, dass zum Fahrplanwechsel der zweigleisige Betrieb aufgenommen wird. Das sei möglich, da sich das Betriebsprogramm zum Fahrplanwechsel nur unwesentlich ändere. Sälinger: "Die Schallschutzmaßnahmen werden kurzfristig nach Entscheid über den Planänderungsantrag realisiert." Das sagt der Anwalt des Klägers: Für Dr. Paul Henseler steht fest: "Ohne Lärmschutz darf es keinen zweigleisigen Betrieb geben." Der Anwalt vertritt die Auffassung, dass auf den im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Schutz vor dem Krach der Züge nicht verzichtet werden kann, wenn sich der aktuelle Zustand ändert. Sollte sich die Bahn nicht daran halten, werde man bei Gericht eine einstweilige Anordnung erwirken (siehe Extra). Henseler: "Damit wollen wir verhindern, dass Fakten geschaffen werden." Das sagt die Genehmigungsbehörde: Pressesprecher Moritz Huckebrink vom Eisenbahnbundesamt stellt fest, dass erst dann Schallschutzwände vorhanden sein müssen, wenn sich die Lärmsituation der Anlieger durch die Inbetriebnahme auch tatsächlich nachteilig verändert. Das EBA werde letztendlich entscheiden, wie die Strecke genutzt werden darf.Das sagt die Betreibergesellschaft: Ausgebaut wird die Strecke im Auftrag der DB Netz AG, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG. Die luxemburgische Staatsbahn CFL wird jedoch die Strecke zwischen Trier und Luxemburg betreiben. Dem Unternehmen liege ein Fahrplan der DB Netz AG für 2015 vor, sagt ein Unternehmenssprecher. Informationen über Einschränkungen seien nicht bekannt.Meinung

Mit der BrechstangeWenn alles wie geplant läuft, wird der Bundesrat die Rechtsgrundlage dafür schaffen, dass Bürger in Igel mit einer niedrigen Schallschutzmauer vor Bahnlärm geschützt werden können. Solch eine Mauer favorisieren ein Kläger aus Igel und die beklagte Bahntochter. So weit, so gut. Bis zur Fertigstellung der neuen Bahngleise wird diese Mauer jedoch weder genehmigt noch gebaut sein. Angesichts dieser Ausgangslage hätten die Verantwortlichen der Bahn das Gespräch mit dem Bürger suchen sollen, der gegen den Ausbau geklagt hat. Schließlich hat dieser mehrfach klargemacht, dass er das Weglassen jedweden Lärmschutzes nicht hinnehmen wird. Doch bisher herrscht Funkstille. Diese Sprachlosigkeit könnte die Bahn teuer zu stehen kommen. Denn ab 2015 will die luxemburgische Bahn Trier im Stundentakt mit Luxemburg verbinden. Und dazu bedarf es eines zweiten Gleises. So hieß es bisher jedenfalls. Sollte dieser Stundentakt aufgrund des Rechtsstreits nicht machbar sein, werden die Luxemburger sicher Schadenersatz von ihren deutschen Bahn-Kollegen haben wollen. Das hätte sich die Bahn möglicherweise sparen können. Wenn man nicht mit der Brechstange weiterhin versuchen würde, die eigenen Pläne durchzuziehen. h.jansen@volksfreund.deExtra

Die einstweilige Anordnung soll vermeiden, dass Entscheidungen vor ihrer Rechtskraft vollstreckt und dadurch rechtswidrige Zustände hergestellt werden. Der Antrag auf einstweilige Anordnung kann unabhängig von der Klageeinreichung beim zuständigen Verwaltungsgericht gestellt werden. Die Richter versuchen, zeitnah zu entscheiden, weil es sich um Eilverfahren handelt. Die endgültige Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren getroffen. red/har

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