St. Paulin wechselt die Farbe

Trier-Nord · Die gelbe Paulinkirche als weithin sichtbares Wahrzeichen der Trier er Nordstadt - dieser seit Jahrzehnten gewohnte Anblick gehört der Vergangenheit an. Im Zuge der laufenden Renovierung erhält das Barockdenkmal seine ursprüngliche Dreifarbigkeit zurück, die sich erst aufgrund neuer Funde rekonstruieren lässt.

Trier-Nord. "Ronig-gelb" wird in Expertenkreisen scherzhaft die Farbe genannt, in der St. Paulin seit 1982 erstrahlt. Damals wurde die bislang letzte Außenrenovierung abgeschlossen, die auch einen neue Farbfassung brachte. Aus dem im Lauf vieler Jahrzehnte ergrauten Gotteshaus war wieder ein leuchtender Blickfang geworden. Franz Ronig (87), damals Bistumskonservator, hatte sich für das ockergetönte Gelb starkgemacht. Es basierte auf alten Farbresten, die 1979 gefunden worden waren. Doch seit einigen Wochen ist klar, dass dieser Anstrich nicht der Originalfassung von 1743, dem Jahr der Fertigstellung des Kirchenbaus, entspricht. Der Trierer Diplom-Restaurator Thomas Lutgen (46) hat im Zuge der laufenden Turmsanierung erneut Untersuchungen vorgenommen - mit einem völlig überraschenden Ergebnis. "Das derzeitige Gelb entspricht der Renovierungsfassung von 1817, nachdem ein Blitzschlag die Kirche in Brand gesetzt hatte. Ursprünglich war St. Paulin dreifarbig; weiß, gelb, hellrot."
Gefunden wurden Reste des Originalanstrichs am Sakristei-Anbau. Dort waren sie laut Lutgen "unter einer dicken Schmutzkruste erhalten geblieben". Untersucht wurden die Farbreste mit hochmodernen digitalen Mikroskopen. Resultat: "Den neu gewonnenen wichtigen Kenntnisstand zur barocken Außenfarbigkeit nutzen wir für die künftige Farbfassung", erklärt Architekt Josef Eltges (48) von der Bauabteilung des Bistums, der gemeinsam mit dem auf Denkmalpflege spezialisierten Bernkastel-Kueser Architekten Peter Berdi die vor acht Monaten gestartete Außensanierung von St. Paulin leitet. Das heißt im Klartext: Das bisherige Gelb ist passé, die Kirche soll sich in Zukunft so präsentieren wie vor 270 Jahren.
In der Pfarrei liefen die Experten mit dieser Ankündigung offene Türen ein. Pastor Joachim Waldorf (56) ist "froh darüber, dass mit neuen Untersuchungsmethoden dieser Befund herausgekommen ist, der zu einem außergewöhnlichen Erscheinungsbild führt. Die architektonische Besonderheit kommt künftig wieder viel besser zur Geltung." Peter Schmitz (60), Vorsitzender des Fördervereins, ist ebenfalls voller Lob: "Wir freuen uns auf unsere ,neue\' Kirche und sehen unser Engagement zur Unterstützung des Sanierungsprojekts noch mehr bestätigt."
Weiße Kalktünche als Grundierung, die Wandflächen in einem geblich gebrochenen Farbton, die Architekturgliederung in rötlichem Hellbraun - mit ihrer ursprünglichen Farbfassung dürfte die Basilika St. Paulin, an deren Bau der damalige Würzburger Stararchitekt Balthasar Neumann maßgeblich beteiligt war, ein regionaler Trendsetter gewesen sein. Restaurator Lutgen bezeichnet die Barockkirche als "Schlüsselbau und Vorbild".
Im Rahmen der rund 700 000 Euro kostenden Turmsanierung, die sich hinter einer großen Gerüstkonstruktion abspielt, werden derzeit Steine gefestigt oder, sofern sehr marode, ausgetauscht. Außerdem werden Gesimsabdeckungen ersetzt.Turm im Sommer 2015 fertig


Laut Bistumsarchitekt Eltges stehen anschließend die Malerarbeiten auf dem Programm. Sie sind allerdings stark vom Wetter abhängig: "Zur Verarbeitung von Mineralfarbe sind Außentemperaturen von mindestens fünf Grad Celsius notwendig."
Bis zum Frühsommer 2015 soll der Turm fertig sein und im neuen Anstrich erstrahlen. Die Gerüstelemente werden gleich weiterverwendet für den zweiten Bauabschnitt, die Sanierung des Kirchenschiffs. Die dürfte etwa ein Jahr beanspruchen. Läuft alles nach Plan, sieht St. Paulin ab Mitte 2016 wieder so aus wie anno 1743. Im finalen dritten Abschnitt folgt der Sakristeianbau.

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