"Direkter, roher, und es knallt etwas mehr"

Berlin · Die Beatsteaks, erfolgreiche Punk-Rock-Pop-Band aus Berlin, kommen in die Region: am 4. Oktober nach Luxemburg (Den Atelier) und am 12. November nach Saarbrücken (E-Werk). Im Interview mit dem Volksfreund spricht Bassist Torsten Scholz über den erstaunlichen Werdegang der Gruppe, neue Songs und den Streit um Rock am Ring.

Gruppenbild im Retro-Look: Die Berliner Alternativ-Punkrocker Beatsteaks kommen für zwei Auftritte in die Region. Der TV hat vorab mit Bassist Torsten Scholz (Zweiter von rechts) gesprochen. Foto: Birte Filmer

Gruppenbild im Retro-Look: Die Berliner Alternativ-Punkrocker Beatsteaks kommen für zwei Auftritte in die Region. Der TV hat vorab mit Bassist Torsten Scholz (Zweiter von rechts) gesprochen. Foto: Birte Filmer

Berlin. Mit ihrer neuen CD "Beatsteaks" ist die gleichnamige Berliner Band gleich auf Platz eins der deutschen Albumcharts gestürmt. Über diesen und andere Erfolge hat TV-Redakteur Mario Hübner mit Bassist Torsten Scholz gesprochen.

Das neue Album heißt schlicht "Beatsteaks" - Einfallslosigkeit oder Rückbesinnung?
Torsten Scholz: Es war tatsächlich Einfallslosigkeit. Wir hatten ein paar Titel wie Thriller oder Never mind, aber ich glaube, die gab es schon. Also haben wir den Bandnamen drübergepackt und fertig.

Fertig ist ein gutes Stichwort: Wie lange habt ihr für die Platte gebraucht?
Scholz: Wir waren sehr gut vorbereitet und konnten sie daher in nur 20 Tagen aufnehmen.

Während der Vorgänger "Boombox" spielerisch ist, kehrt ihr mit "Beatsteaks" zu euren Punkrock-Wurzeln zurück - mit kurzen schnellen Stücken von zwei bis zweieinhalb Minuten. Sozusagen von bunt zu schwarz-weiß, analog zum Albumcover. Stimmst du zu?
Scholz: Ja. Ich finde, das neue Ding ist konsequenter als Boombox, wo wir experimentiert und drei Songs in einem versteckt haben. Das neue Album klingt direkter, roher, knallt etwas mehr und ist nicht so verspielt.

Seit "Boombox" sind drei Jahre vergangen, trotzdem ist viel passiert. Wie war die Zeit?
Scholz: Boombox war natürlich top. Nummer eins, das hat Plattenfirma und Management gefreut. Dann hatten wir die Two-Drummer-Two-Summer-Tour, wo wir viele Festivals als Hauptact bestritten haben. War auch toll …

… was ihr auf eurer Musik-DVD auch dokumentiert habt …
Scholz: … genau, die Muffensausen-DVD, die nicht nur viel Spaß gemacht, sondern uns auch viel Arbeit und wahnsinnig viel Geld gekostet hat. Und natürlich der Unfall von Thomas. Also drei ereignisreiche Jahre, in denen manches suboptimal gelaufen ist.

Euer Drummer Thomas Götz hat sich im Juli 2012 bei einem Sturz vor euren Augen einen Schädelbasisbruch zugezogen. Was hat dieses Erlebnis bei euch bewirkt?
Scholz: Als er dalag, und wir ihn alle gesehen haben, wusste ich nicht, was jetzt alles passiert. Das war schon heftig.

Stand die Band, die nächstes Jahr 20 wird, da kurz vor dem Aus?
Scholz: Nein, so einen Punkt gab es nicht. Es gab Momente, in denen die Stimmung sehr schlecht war. Aber durch den Unfall wurde auch klar: Es kann und vor allem will keiner was ohne die anderen machen.

Wie "Boombox" ist auch "Beatsteaks" auf Platz eins der Charts geschnellt, ihr seid inzwischen Headliner auf den ganz großen Festivals und spielt vor Zehntausenden Menschen. Musst du dich da nicht manchmal kneifen?
Scholz: Ja, es ist schon krass. Wenn man aufs Highfield- oder das Hockenheim-Festival kommt und sieht, dass das Gelände voll ist, dann denken wir uns schon: Alter, was ist denn hier los, sind die alle bescheuert? Zumal unsere Musik ja nicht die eingängigste ist - so mit einfachen deutschen Texten. Aber jetzt durchdrehen und denken "Wir sind die Allercoolsten", das macht keiner von uns.
Jetzt mal das Understatement beiseite: Wenn die Beatsteaks heute was machen, kümmert das sehr viele Menschen.
Scholz: Ja … es ist wohl schon so, dass es eine gewisse Relevanz bei einigen Leuten hat. Aber das hat ja auch damit zu tun, dass es nicht so viel hochwertige Musik in diesem Land gibt, die englischsprachig ist.

Wie meinst du das konkret?
Scholz: Es gibt viele gute Bands in Deutschland wie Turbostaat, Rammstein, Seeed, Ärzte, Hosen. Die haben alle ihre Relevanz, singen aber alle deutsch. Um gute englischsprachige Bands zu treffen, muss man in Clubs gehen.

Auf euren ersten Alben gab es deutsche Titel, jetzt schon lange nicht mehr. Ist das Thema durch?
Scholz: Nee. Wir haben überhaupt kein Problem mit deutschsprachigen Songs. Wir hatten jetzt auch wieder ein deutsches Demo, für einen Song hat es dann aber nicht gereicht. Wenn es passt, gibt es auch wieder \'nen deutschen Song. Aber grundsätzlich denken wir zunächst an Englisch, weil wir alle mit englischsprachiger Musik sozialisiert wurden.
Eure aktuelle Tournee teilt ihr in eine Club- und eine Konzert-Tour. Der Unterschied?
Scholz: Da gibt es keinen, außer, dass einige Hallen eben größer sind. Es geht überall darum, dass die fünf Typen da vorne auf der Bühne zu sehen sind, die Spaß haben, und sich dieses Gefühl für zwei, drei Stunden auf die Leute überträgt. Ob große oder kleine Halle: Ich finde es schön, wenn die Leute nach dem Konzert glücklich und verschwitzt rausgehen und sagen: Wow, war das geil!

Aktuell wird in der Region vor allem über Rock am Ring und Grüne Hölle am Pfingstwochenende 2015 diskutiert. Wo werdet ihr auftreten?
Scholz: Ich weiß es nicht. Erst kümmern wir uns um unsere Tour.

Was hältst du grundsätzlich davon, dass in einer Region, in der musikalisch wenig los ist, nun zwei Megafestivals am gleichen Wochenende in nur 30 Kilometer Entfernung steigen?
Scholz: Ich finde das natürlich schade. Viel wichtiger, als einmal im Jahr die große Mucke zu machen - und jetzt auch noch auf zwei richtig fetten Festivals -, wäre es, regelmäßig für die Jugendlichen etwas am Start zu haben. Also in Jugendhäusern, wo die Kids immer Musik hören könnten - das ganze Jahr über und für wenig Geld. mhExtra

Torsten Scholz (41), geboren in Ostberlin, ist seit 2000 Bassist bei den Beatsteaks. Nebenbei legt er als DJ auf. Er hat eine Tochter (6 Jahre) und lebt in Berlin. mh

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort