Brüssel besiegelt Aus für den Flughafen Zweibrücken - Regionalflughäfen Betroffene Airlines müssen Beihilfe zurückzahlen

Brüssel · Nach teils jahrelangen Ermittlungen hat die EU-Kommission als Europas oberste Wettbewerbsbehörde über mehrere fragliche Zuschüsse der öffentlichen Hand für Regionalflughäfen geurteilt. Während die Brüsseler Behörde dabei die Unbedenklichkeit der Unterstützung für die Airports Frankfurt-Hahn und Saarbrücken bescheinigte, gilt dies nicht für Zweibrücken.

 Ein Schild heißt am Flughafen Zweibrücken willkommen. Foto: Oliver Dietze/Archiv

Ein Schild heißt am Flughafen Zweibrücken willkommen. Foto: Oliver Dietze/Archiv

Die staatliche Förderung in Höhe von 47 Millionen Euro, die über die Jahre dorthin geflossen ist, sei "schlicht eine Verschwendung von Steuergeldern gewesen", stellte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Brüssel fest.

Zur Begründung verweist die Behörde des Spaniers auf den nur 40 Kilometer entfernt gelegenen Airport Saarbrücken, "der seit Jahrzehnten in Betrieb ist, dessen Kapazitäten schon nicht mehr voll ausgelastet waren, als Zweibrücken den Betrieb aufnahm, und der zudem defizitär wirtschaftet". Eine solche geografische Nähe ist nach den neuen Vorgaben für solche Fälle, die sich die EU-Kommission erst im Februar gegeben hatte, ein Ausschlusskriterium für Staatsbeihilfen. Dementsprechend gelangten die Prüfer zu dem Schluss, "dass es nicht vertretbar ist, in ein und derselben Region zusätzlich zu einer bereits bestehenden, unrentablen Infrastruktur mit den staatlichen Beihilfen für Zweibrücken einen weiteren angeschlagenen Flughafen zu unterstützen". Das Geld war seit dem Jahr 2000 in Form öffentlicher Investitionsgarantien und direkter jährlicher Zuschüsse geflossen.

Das Aus für den ehemaligen Militärflughafen, der nach dem Abzug der amerikanischen Truppen im Jahr 1991 für den zivilen Luftverkehr freigegeben worden war, ist damit besiegelt. Schon in der Erwartung einer solchen Entscheidung hatte die Betreibergesellschaft im Juli Insolvenz angemeldet - am Dienstag wurde das Verfahren offiziell eröffnet. In der Theorie muss nun die zu Unrecht bezahlte Beihilfe zurückgezahlt werden - was bei der insolventen Firma allerdings unwahrscheinlich sein dürfte. Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz dringt zudem darauf, dass die Rückzahlungsverpflichtung nicht auf einen möglichen Käufer übergeht. Dazu, so Almunia, müsse demonstriert werden, dass es sich um ein ganz neues Unternehmen handele.
Die Fluggesellschaften dagegen, die Zweibrücken angeflogen haben, dürfen nicht mit einer solchen Schonung rechnen. TUIFly. Germanwings und Ryanair, denen dort nach Ansicht der EU-Kommission zu Unrecht besonders günstige Konditionen angeboten wurden, müssen insgesamt 1,9 Millionen Euro zurückerstatten. Dabei entfällt mit 1,2 Millionen Euro der größte Betrag auf Germanwings, Ryanair und TUIFly müssen 500 000 beziehungsweise 200000 Euro zahlen. "Die Vergünstigungen, die sie bei den Gebühren und Bodendienstleistungen erhalten haben", so EU-Kommissar Almunia, "waren größer als der daraus resultierende Gewinn."

Entwarnung dagegen gab es für die Flughäfen Saarbrücken und Frankfurt-Hahn. Die öffentliche Förderung wie etwa die Kapitalerhöhung durch die Mainzer Landesregierung im Jahre 2004 stelle zwar Staatsbeihilfe dar, sei in diesem Falle aber zulässig, so die EU-Kommission, "wenn man die Bedeutung des Flughafens für die Entwicklung und die Erreichbarkeit des Hunsrück und die Entlastung des Frankfurter Flughafens berücksichtigt".

Diese Bedeutung für die regionale Entwicklung hätten die Brüsseler Wettbewerbshüter jedoch auch der Bewertung des Falls Zweibrücken berücksichtigen müssen, kritisierte die SPD-Europaabgeordnete Jutta Steinruck nach der Entscheidung: "Es ist ein harter Schlag für eine ganze Region, dass die EU-Kommission mit ihren starren Wettbewerbsregeln die Bedeutung öffentlicher Infrastruktur und notwendiger regionaler Investitionen vollkommen ignoriert." Die Parlamentarierin unterstützt die Überlegungen des Zweibrücker Stadtrats, gegen die Brüsseler Entscheidung Klage einzureichen, und hat selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu aufgefordert: "Wir müssen alle Wege einschlagen, um die Entscheidung der Kommission anzufechten."

Formal abgeschlossen wurde am Dienstag auch ein weiteres, seit Jahren laufendes Verfahren: Wie im Vorfeld bereits bekannt geworden war, stellte die EU-Kommission fest, dass die öffentliche Förderung des Nürburgrings in Höhe von rund einer halben Milliarde Euro unzulässig war und zurückerstattet werden muss. Sie beurteilt das anschließende Verkaufsverfahren der mittlerweile insolventen Gesellschaft jedoch als "offen, transparent und diskriminierungsfrei", weshalb "der Erwerber der Vermögenswerte nicht für die Rückzahlung der Beihilfen haftbar gemacht werden kann". Das Geld ist für den Steuerzahler verloren. Almunia wies zudem die Kritik des CDU-Europaabgeordneten Werner Langen zurück, der bemängelt hatte, dass die Zahlungsfähigkeit des Käufers Capricorn nicht hinreichend geprüft worden sei: "Diese Bedenken waren meinen Diensten bekannt", so der Spanier, doch habe er entsprechende "Zusicherungen von den deutschen Behörden erhalten".

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