Aufatmen am Hahn, Hoffen auf Käufer für Zweibrücken - Brüssel rügt illegale Beihilfen an Nürburgring und Airport in der Pfalz

Mainz/Brüssel · Fast eine halbe Milliarde Euro Landesmittel sind illegal an den Nürburgring geflossen, 47 Millionen Euro an den Flughafen Zweibrücken. Für den Steuerzahler haben diese EU-Beschlüsse keine neuen Auswirkungen mehr. Das Geld ist längst ausgegeben.

Mainz/Brüssel. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hat zum Ende seiner Amtszeit einen Schlussstrich unter drei Beihilfeverfahren gezogen, die das Land Rheinland-Pfalz betreffen. Es ist auch eine Abrechnung des Spaniers und seiner Behörde mit den größten Infrastrukturprojekten des Landes der vergangenen Jahre. Zitat Almunia: "Beihilfen dürfen keine Verschwendung von Steuermitteln sein."

Der Volksfreund analysiert, welche Folgen die EU-Entscheidungen haben.
Der Nürburgring
Fast eine halbe Milliarde Euro, sagt Brüssel, hätte in den vergangenen Jahren nicht aus der Landeskasse in die Eifel fließen dürfen. Wie hoch die Summe genau ist, lässt sich laut dem Mainzer Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) noch nicht beziffern. Beihilfen über 456 Millionen Euro hat die EU-Kommission laut Mitteilung geprüft.
Offiziell muss das Land die Summe binnen vier Monaten von seiner Tochter Nürburgring zurückfordern. Diese ist jedoch insolvent, so dass die Forderungen lediglich der Insolvenztabelle beigefügt werden. "Frisches" Steuergeld sei nicht mehr erforderlich, betonen die Insolvenzverwalter.
Keinesfalls darf die Summe von einer halben Milliarde Euro mit dem Verlust von Steuermitteln gleichgesetzt werden. Zu unterscheiden sind folgende Posten:
330 Millionen Euro sind in den Ausbau der Rennstrecke zu einem Freizeit- und Geschäftszentrum investiert worden. Das Geld ist bereits aus dem Landeshaushalt geflossen. Jetzt hofft Mainz, dass aus dem Verkaufserlös von 77 Millionen Euro möglichst viel zurückfließt. Es dürfte schätzungsweise nur etwas mehr als die Hälfte sein, denn die Kosten für das Insolvenzverfahren, die Verwalter oder Gutachten müssen noch abgezogen werden.
Wenn man eine Summe als verloren für den Steuerzahler werten will, dann diese: 330 Millionen Euro minus Restverkaufserlös - geschätzt 40 Millionen - gleich 290 Millionen Euro. Letztlich hat das Land auch sein Vermögen aus der Hand gegeben, denn Eigentümer des ehemals staatlichen Besitzes ist jetzt Autozulieferer Capricorn.
Die Differenz zwischen der Summe unrechtmäßiger Beihilfen von fast einer halben Milliarde Euro und dem, was als Verlust für den Steuerzahler zu werten ist, erklärt sich so:
Brüssel hat neben den Subventionen für den Ring-Ausbau auch weit mehr als 100 Millionen Euro als unrechtmäßig eingestuft, die in der Vergangenheit für Formel-1-Rennen und als Gesellschafterdarlehen des Landes an die Ring GmbH flossen.
Ohne diese Mittel hätte es in der Vergangenheit keine Formel-1-Rennen gegeben - und es herrschte weitgehend Einigkeit unter den politischen Parteien, dass die Formel 1 für die Eifel wichtig ist. Dies also seitens der CDU-Opposition im Nachhinein der Landesregierung als Vernichtung von Steuermitteln anzukreiden, ist nicht korrekt.
Erwähnenswert ist auch, dass die meisten Grand-Prix-Kurse in Europa staatlich subventioniert werden. Nur am Nürburgring gab es jedoch Beschwerden, so dass die EU-Kommission geprüft hat.

Der Flughafen Hahn
Keine illegalen Beihilfen, Aufatmen bei der Landesregierung und den Hahn-Mitarbeitern, mit Volldampf zur Investorensuche: So lässt sich die Bedeutung des EU-Beschlusses für den Hunsrück zusammenfassen.
Das Land darf den Hahn mit Kreditverpflichtungen über 120 Millionen Euro schuldenfrei stellen. Das verbessert natürlich die Jahresrechnung. Laut den neuen EU-Flughafenleitlinien dürfen längstens bis 2024 Subventionen des Landes - also Steuergelder - fließen. Dieses Jahr fährt der ehemalige US-Fliegerhorst einen Verlust von 16 Millionen Euro ein. Die Bemühungen laufen, diese Summe zu reduzieren. Erste Erfolge werden durch einen Zuwachs im Frachtgeschäft sichtbar (der TV berichtete).
Parallel zum Sparkonzept (Personalabbau) und dem Bemühen um neue Kunden für den Hahn soll versucht werden, den Flughafen an private Investoren zu verkaufen. Die Ausschreibung ist in Vorbereitung.

Der Flughafen Zweibrücken
Hier stellt Brüssel fest, 47 Millionen Euro seien seit 2000 unrechtmäßig als Beihilfen geflossen. Der Flughafen müsste dieses Geld ans Land zurückzahlen, hat jedoch wie der Ring Insolvenz angemeldet.
Die Bemühungen des Landes und des Insolvenzverwalters gehen jetzt dahin, einen möglichen Käufer davor zu bewahren, mit Rückzahlungsforderungen konfrontiert zu werden. Am Nürburgring ist das gelungen.
Kaufinteressenten haben sich gemeldet, heißt es. Ob tatsächlich Investoren den Flughafen erwerben, bleibt abzuwarten.Extra

Ring-Sanierer Thomas B. Schmidt: "Die Entscheidung bedeutet für den Nürburgring, dass nach Monaten der Unsicherheit nun wieder Ruhe einkehrt." Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD): "Ich bedauere die Entscheidungen, die zu diesen Fehlinvestitionen am Nürburgring geführt haben." Innenminister Roger Lewentz (SPD): "Besonderer Dank gilt der Arbeit des Sanierungsgeschäftsführers und des Sachwalters (am Ring, Red.)." SPD-Fraktionschef Hendrik Hering: "Wir freuen uns über die Entscheidungen aus Brüssel zum Flughafen Hahn und für den Verkaufsprozess am Nürburgring. Die Entscheidungen betreffend des Flughafens Zweibrücken und in Sachen Beihilfen Nürburgring sind allerdings bedauerlich." CDU-Chefin Julia-Klöckner: "Rund eine halbe Milliarde Euro - Geld, das Bürger der Landesregierung anvertraut haben - hat diese verschleudert. Millionen fehlen nun bei den Kitas, Schulen, Straßen und der Polizei." CDU-Europaabgeordneter Werner Langen: "Ob der Verkauf des Nürburgrings tatsächlich wettbewerbsneutral gewesen ist, wird sich erst in der nächsten Zeit zeigen." FDP-Landeschef Volker Wissing: "Das Land darf den Nürburgring zwar verkaufen, aber das Handeln der Landesregierung war definitiv illegal." AfD-Landesvorsitzender Uwe Zimmermann: "Ganz Deutschland lacht über eine solche SPD-Truppe." fcg

Brüssel besiegelt Aus für den Flughafen Zweibrücken - Regionalflughäfen Betroffene Airlines müssen Beihilfe zurückzahlen

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