Evangelische Kirchengemeinde Prüm reagiert auf TV-Artikel: Nicht alles in einen Topf werfen

Prüm · Es war eine legere Passage in einem TV-Artikel, die den Pastor der Evangelischen Kirchengemeinde Prüm, Clemens Ruhl, zum Widerspruch aufgerufen hat. Hier sagt er, was er denkt. Und der TV liefert ein bisschen Aufklärung.

Prüm. "Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen. Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde." Der Satz aus Psalm 32,5 steht diese Woche als Leitspruch auf der Internet-Seite der Evangelischen Kirchengemeinde Prüm.
Beginnen wir also, dem Beispiel folgend, mit einem Bekenntnis: Als der TV nämlich vor gut zwei Wochen den "überkonfessionellen Musikabend" der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde Prüm zum Reformationstag (Freitag, 31. Oktober) ankündigte, wurden die Organisatoren an einer Stelle als "Prümer Evangelen" bezeichnet.
Von der freikirchlichen Gemeinde kam auch kein Widerspruch. Man dankte für den Beitrag. Die Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde Prüm sehen sich dadurch allerdings mit den Freikirchlern in einen Topf geworfen. Die Reaktion von Pfarrer Clemens Ruhl: "Wir haben gerade eine langanhaltende Diskussion über die Vermischung im öffentlichen Bewusstsein zwischen der Evangelischen Kirche und der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde in Prüm. In Ihrem Artikel wird das noch einmal plastisch dargestellt."
Die Wendung "Prümer Evangelen", ergänzt Ruhl, verschleiere "in hohem Maße", dass es zwei "von Grund auf verschiedene Gemeinden" gebe. Evangelisch und evangelisch-freikirchlich, das habe so viel miteinander zu tun wie evangelisch und katholisch. Freikirchlich bedeute vor allem, dass diese Gemeinschaft "frei von der Amtskirche" sei.
Natürlich gebe es bei allen Gemeinsamkeiten: "Wir stehen auf dem Boden der Bibel, glauben an Gott und an die freimachende Botschaft, die Jesus in die Welt gebracht hat", sagt Ruhl. "Es gibt aber auch viel Trennendes. Wir legen die Bibel unterschiedlich aus, das heißt: Wir bewerten ihre ethischen Aussagen anders. Auch und gerade die Frage, in welchem Verhältnis wissenschaftliche Erkenntnisse und biblische Aussagen stehen, sehen wir unterschiedlich."
Die Kirche der Reformation habe zum Beispiel die Erkenntnisse der Aufklärung angenommen, in der freikirchlichen Bewegung sei aber "die völlige Irrtumlosigkeit der Bibel wissenschaftlicher Erkenntnis vorgeordnet".
Anruf bei Dirk Staudinger, dem Pfarrer der freikirchlichen Gemeinde in der Prümer Kolpingstraße: Ja, man lege die Bibel durchaus enger aus, sagt er. "Ich glaube schon, Gottes Wort ist Maßstab und Leitlinie für unser Leben. Und wir wollen so weit wie möglich dieses Wort für uns nehmen. Was natürlich ausschließt, dass wir Aussagen aus der Bibel eins zu eins übernehmen."
Darauf legt Staudinger Wert: "Es geht uns darum, auf gute, zeitgemäße Art und Weise die alte Botschaft des Evangeliums zu verkünden: Dass wir durch Jesus ewiges Leben erlangen. Und dass Jesus derjenige ist, der unserem Leben Ziel, Inhalt und Zufriedenheit gibt." Wichtig sei doch letztlich das Verbindende, nicht nur bei den Protestanten. Er erinnert daran, dass auch die freikirchliche Bewegung in der Reformation wurzele. Und dass darüber hinaus alle Konfessionen das Heil in Schrift, Glauben, Jesus und der Gnade Gottes sähen.
Clemens Ruhl unterstreicht, dass er die drei christlichen Konfessionen nicht gegeneinander ausspielen wolle. So gebe es auch mit der katholischen Gemeinde eine gute Zusammenarbeit. Bestätigt wird das von Pater Stephan Schmuck von den Vinzentinern in Niederprüm (der katholische Pastor Christian Müller ist derzeit mit den Messdienern in Rom). Man feiere das Wort Gottes oft gemeinsam, biete ökumenische Veranstaltungen an, "das ist wirklich eine sehr gute und enge Zusammenarbeit".
"Ich finde es auch gut, dass es drei zum Teil ergänzende, zum Teil gegensätzliche christliche Konfessionen gibt", sagt Clemens Ruhl abschließend. Das gebe den Menschen die Möglichkeit der Wahl, je nach eigener Glaubensausprägung. Aber man solle eben nicht alles miteinander vermischen. Wir haben es hoffentlich jetzt wieder entmischt.Meinung

Was wirklich zählt
Die einen glauben, dass der Leib Christi - in Form der Hostie - bei der Messfeier wirklich anwesend ist. Die anderen denken, das sei nur symbolisch so. Klar, das ist nicht der einzige Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten. Und dann gibt es ja noch so viele weitere Gemeinden, die alle in Nuancen anders ausgerichtet sind. Die Unterschiede sollte man kennen, wenn man sich als gläubiger Mensch "seine" Gemeinschaft aussucht. Das Gemeinsame aber gehört in den Vordergrund. Und daran erinnern auch die Verantwortlichen in den Prümer Kirchengemeinden. Was für ein Glück, gerade in diesen so erschütternden Zeiten, dass man hier wenigstens noch miteinander spricht. Es ist eine Errungenschaft dessen, was wir Zivilisation nennen. Und Aufklärung. Und Vernunft. fp.linden@volksfreund.deExtra

Die Evangelische Kirchengemeinde Prüm hat auf dem Gebiet der Verbandsgemeinden Arzfeld und Prüm etwa 1800 Mitglieder. Für ihre Gottesdienste nutzt sie auch die katholischen Kirchen, unter anderem in Arzfeld, Bleialf, Schönecken oder das Herz-Jesu-Heim in Waxweiler. Auch sonst funktioniert die Zusammenarbeit: Es gibt viele ökumenische Feiern. Und wenn in der Region Gebäude eingesegnet werden, nehmen das die katholischen und evangelischen Pfarrer gemeinsam vor. fpl

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