"Das Klosterleben sollte kein Lückenfüller sein"

Großlittgen · Pater Dr. Johannes Müller, leitender Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Manderscheid, hat die Führung im Kloster Himmerod übernommen. Als 56. Vorsteher des Klosters lenkt der 50-Jährige von nun an die Geschicke des Ordens in Himmerod. Im TV-Interview gibt der 50-jährige Mönch Einblicke hinter die Klostermauern.

 Der gebürtige Paderborner Johannes Müller leitet als 56. Vorsteher des Klosters Himmerod die Geschicke der Abtei. TV-Foto: Christian Moeris

Der gebürtige Paderborner Johannes Müller leitet als 56. Vorsteher des Klosters Himmerod die Geschicke der Abtei. TV-Foto: Christian Moeris

Großlittgen. Die Himmeroder Mönche haben aus ihrer Mitte Pater Johannes zum Abt gewählt. Der 50-jährige Mönch ist leitender Priester der Pfarreiengemeinschaft Manderscheid.
Im Interview mit TV-Mitarbeiter Christian Moeris erzählt der gebürtige Paderborner, was ihn ins Kloster führte. Zudem verrät Pater Johannes, wie es drei Jahre nach der Insolvenz der Klosterbetriebe um die Eifeler Abtei bestellt ist.
Pater Johannes, was schätzen Sie besonders am Klosterleben?
Pater Johannes: Die geistliche Gemeinschaft. Was jetzt nicht heißt, dass wir hier ein Freundeskreis sind. Gott preisen und loben ist unsere erste Aufgabe. Wenn es auch menschlich zusammen passt, ist das gut. Manchmal merkt man am Vorgebet, wie die Stimmung in der Gemeinschaft ist.
Ist das Leben innerhalb der Klostermauern nicht zuweilen recht einsam?
Pater Johannes: Einsamkeit und Schweigen sind Kern des Mönchtums. Es ist aber ein Unterschied, ob man das - wie wir als Mönche - frei wählt, oder dazu gezwungen wird. Für mich sind Zeiten der Einsamkeit und des Schweigens erfüllend, da ich dabei mit Gott allein sein kann. Aber man merkt zum Beispiel an den Chorgebeten, dass wir weniger Mönche geworden sind - in Himmerod sind es noch zehn.
Wann haben Sie in Himmerod zuletzt einen Novizen begrüßt?
Pater Johannes: Das war vor drei Jahren. Seitdem haben wir eine größere Lücke. Sonst haben wir alle ein bis zwei Jahre einen neuen Bruder begrüßt. Junge Menschen werden heutzutage in der Regel nicht mehr so religiös sozialisiert, wie ich zu meiner Jugendzeit. Da war es noch normal, dass man in die Kirche geht. Aber ich bin zuversichtlich: Wenn wir das hier gescheit machen, kann das auch Menschen anziehen.
Was hat Sie persönlich ins Kloster geführt?
Pater Johannes: Insbesondere Kontakte und Erlebnisse mit jungen Ordensleuten während meiner Jugendzeit in Paderborn. Ich habe zu Hause in der Pfarrei Leitungsaufgaben übernommen. Obwohl ich jetzt ja auch Pastor bin, wollte ich als junger Mensch nie ein normaler Priester werden. Für mich sind die geistliche Gemeinschaft und der Austausch innerhalb des Klosters sehr wichtig. Zudem kann ich hier mein Leben ganz auf Gott ausrichten, was in einem normalen weltlichen Leben nicht möglich ist. Wenn wir hier also genauso weit weg von Gott leben würden wie in einem Leben draußen vor den Klostermauern, müssten wir Himmerod dicht machen.
Gibt es draußen vor den Klostermauern denn keine Liebe zu Gott?
Pater Johannes: Doch, natürlich. Das Kloster gibt mir nur die Möglichkeit, meinen Glauben so zu leben, wie ich es möchte. Aber ich bewundere auch Menschen die zum Beispiel ihren kranken Ehepartner pflegen und die damit draußen in einer Nähe zu Gott leben, obwohl ihr Umfeld das eigentlich gar nicht hergibt. Das ist etwas ganz Heiliges. Da können auch wir hier im Kloster nur den Hut vor ziehen.
Nehmen Sie jeden von draußen auf, der an der Pforte klopft?
Pater Johannes: Ich würde nicht jedem raten, ins Kloster zu gehen. Menschen, die hier nur einen Unterschlupf oder die heile Welt suchen, würde ich dazu raten, wieder zu gehen. Das Klosterleben sollte kein Lückenfüller sein.
Vermissen Sie nicht gewisse Dinge, die das weltliche Leben draußen bereithält?
Pater Johannes: Sexualität ist ein ganz menschliches Thema, was unter anderem oft zum Austritt aus dem Kloster führt. Wenn man merkt, dass man immer den Deckel draufhalten muss, geht das natürlich nicht. Aber die traditionelle Vorstellung, Mönche seien geschlechtslose Wesen, ist natürlich Quatsch. Ich möchte den Eros als Mann, der Zuneigung und Abneigung kennt, in mein Leben und in der Seelsorge einbringen. Aber die Sexualität ausleben, sollen wir gewiss nicht. Das ist natürlich ein bleibender Verzicht.
Auf weltliche Angelegenheiten wie Arbeit müssen die Mönche allerdings nicht verzichten. Wie bewältigen Sie mit nur zehn Mönchen die Aufgaben, die in Himmerod anfallen?
Pater Johannes: Der Klosterbetrieb läuft, weil wir 25 Voll- und Teilzeitkräfte beschäftigen. Zudem haben wir Bereiche wie die Bäckerei und die Fischzucht verpachtet. Trotzdem ist die Anlage auf Dauer zu groß für so eine kleine Zahl an Mönchen.
Wie sieht es auf der finanziellen Seite aus?
Pater Johannes: Das normale Alltagsgeschäft geht auf. Aber wir haben keine Rücklagen und können nichts investieren. Auf die Dauer geht das nicht auf. Es darf jetzt kein Dach zusammenbrechen oder ähnliches. Bei den großen Flächen und Gebäuden bräuchten wir noch ein paar Hunderttausend Euro mehr an Einnahmen, um sie zu erhalten.
Wie könnte das gelingen?
Pater Johannes: Wir können uns vorstellen, Wohnraum für Senioren zu schaffen. Denn unsere 110 Gästezimmer sind nicht ausreichend belegt. Wir hätten auch Platz für eine kleine Rehaklinik. Diesbezüglich haben wir alle Krankenhäuser in der Region angesprochen, aber leider bislang noch keinen Interessenten gefunden. cmo
Die Benediktion und Einführung des neuen Abtes wird am ersten Adventssonntag, 30. November, um 10 Uhr gefeiert. Bischof Stephan Ackermann und Abtpräses Anselm van der Linde werden der Feier vorstehen.

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