Sie hilft, wenn andere hilflos sind

Morbach · Gründe, einen Betreuer in Anspruch zu nehmen gibt es viele: Alter, Krankheit, Demenz. Wenn ein Mensch nicht in der Lage ist, seine Angelege nheiten zu regeln, wird ihm ein Betreuer zur Seite gestellt. Viele von ihnen arbeiten ehrenamtlich. Anette Neukirch ist eine von ihnen.

Morbach. "Man gewinnt an Lebenserfahrung", sagt Anette Neukirch mit einem strahlenden Lächeln. Es ist ihr anzusehen, dass sie das Ehrenamt als Betreuerin gerne macht. Auch, wenn es nicht immer leicht ist. "Wenn es um lebensverlängernde Maßnahmen geht, stößt man schon an seine Grenzen", schildert die 47-Jährige aus ihrer Erfahrung. Denn die Menschen, die sie betreut, sind oft alt oder schwerbehindert.
In solchen Situationen findet Anette Neukirch Hilfe beim Awo-Betreuungsverein in Morbach. Hortense Walter-Hoppe und Margit Lauer sind selbst hauptberufliche Betreuerinnen und kümmern sich auch um die ehrenamtlichen Mitarbeiter. "Für mich ist das eine Beruhigung", weiß Neukirch die Unterstützung bei allen Fragen rund um ihre Aufgabe zu schätzen.
"Grundsätzlich kann jeder in die Situation kommen, eine Betreuung zu übernehmen", sagt die Diplom-Sozialpädagogin Walter-Hoppe. Zum Beispiel, wenn ein Familienangehöriger seine Dinge nicht mehr selbst regeln kann. Dann wird ein Betreuer per Gerichtsbeschluss bestellt. Und da wird laut Walter-Hoppe zunächst einmal geschaut, ob in der Verwandtschaft jemand ist, der sich dafür eignet. Ansonsten werden bevorzugt Ehrenamtler beauftragt, sich etwa um die Finanzen, Wohnungsangelegenheiten oder andere Dinge zu kümmern, die der Betreute nicht mehr selbst wahrnehmen kann.
"Manchmal ist es aber zu schwierig", sagt die Diplom-Sozialpädagogin. Dann übernehmen professionelle Betreuer, wie eben die Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt die Aufgabe. Sie räumt auch ein, dass es sehr schwierig ist, ehrenamtliche Betreuer zu finden. Denn diese haben naturgemäß auch viele Pflichten. Zum Beispiel die Rechnungslegung. Wer das Vermögen eines anderen Menschen verwaltet, m uss genau nachweisen, was mit dem Geld geschieht. Einnahmen, Ausgaben, Belege, Kontoauszüge - alles muss lückenlos vorhanden sein.
Bei Anette Neukirch wisse sie, dass die Betreuten in guten Händen sind. "Sie ist engagiert", sagt Hortense Walter-Hoppe. Neukirch hat derzeit sechs Betreuungen. "Ich bin da so reingewachsen", erzählt sie. Drei Jahre lang hat sie eine Angehörige betreut. Als diese gestorben sei, habe sie eine Leere gefühlt. Und darüber reifte die Entscheidung, sich weiter in dem Bereich zu engagieren. Und sie hat es bis heute nicht bereut.
"Man lernt viel", sagt sie. Außerdem freut sie sich über viele Begegnungen mit netten Menschen. Auch zu den Betreuten baue sie eine Bindung auf. Wenn sie einen Menschen begleitet, versucht Neukirch möglichst viel über ihn und seine Biografie zu erfahren. "Man muss Interesse an Menschen haben", nennt sie eine Grundvoraussetzung. Außerdem dürfe man keine Scheu vor Papierkram haben und auch gesprächsscheu sollte man nicht sein. Reich werden kann sie mit ihrem Ehrenamt ganz sicher nicht. Knapp 400 Euro pro Jahr gibt es als Aufwandsentschädigung. Außerdem ist sie haftpflicht- und unfallversichert.
Für Anette Neukirch ist die Betreuung ein Hobby, das sie anderen auch empfiehlt. "Man bekommt viel zurück", sagt sie.
Anette Neukirch ist 47 Jahre, verheiratet, Mutter dreier erwachsener Kinder und seit Februar Oma. Neben dem Betreuungsverein ist sie auch noch im Morbacher Hospizverein aktiv. Ihre Freizeit verbringt sie gerne als Hobbyimkerin mit ihren Bienen, beim Lesen oder in der Natur.
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Der Awo-Betreuungsverein Morbach bietet einen Grundkurs Betreuungsrecht an der Volkshochschule Bernkastel-Kues an. Der Kurs, der sich an Menschen richtet, die ehrenamtlich eine Betreuung übernehmen möchten oder bereits dabei sind, beginnt am Mittwoch, 5. November. Die acht Kurs abende (in der Realschule lus in Kues) dauern jeweils von 19.30 bis 21 Uhr. Anmeldungen können unter Telefon 06531/54240 erfolgen. Dienstleistungen des AWO-Betreuungsvereins in der Bahnhofstraße 44, in Morbach sind: Vermittlung, Schulung und Unterstützung ehrenamtlicher Betreuer, Informationen und Unterstützung für Bevollmächtige, Vorträge und Informationen zu Vorsorgevollmachten, Betreuungs- und Patientenverfügungen, Telefon 06533/941090.nojExtra

Bundesweit werden etwa 60 Prozent der Betreuungen ehrenamtlich geführt. Daneben gibt es selbstständige Berufsbetreuer, sowie Betreuer von Vereinen und Behörden. Insgesamt gab es 2012 rund 1 325 000 Verfahren, bei denen eine Betreuung geregelt wurde. Die Zahlen steigen seit vielen Jahren kontinuierlich an. Im Jahr 2002 waren es rund 1 047 000 Verfahren. noj

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