Erden. Wilfried Hautop, Geschäftsführer der Werkstatt Martinshof Bremen, wuchtet die letzte Kiste Riesling-Trauben auf den Erntewagen. Ein klein wenig verschmitzt sagt er: "Wir werden immer professioneller. Inzwischen wissen wir, welche Schuhe und Hosen wir bei der Traubenernte anziehen müssen." Mit einer 20-köpfigen Delegation ist er an die Mosel gekommen, um in der Lage Erdener Treppchen die Trauben zu lesen. Acht der Erntehelfer sind beeinträchtigte Menschen, denen die Werkstatt Bremen Arbeit gibt.
Es ist eine außergewöhnliche Kooperation zwischen der kleinen Weinbaugemeinde Erden und der großen Hansestadt Bremen. Die Stadt, genauer gesagt, das berühmte Weinhandelshaus Bremer Ratskeller, ein kommunaler Eigenbetrieb, hat vor 13 Jahren in der Top-Steillage Erdener Treppchen einen 800 Quadratmeter großen Weinberg gepachtet. Erdener Winzer pflegen den Weinberg und bauen den Wein aus. Bei der Ernte wollen die Bremer stets dabei sein. Im vergangenen Jahr reiste sogar der Bürgermeister der Freien Hansestadt, Jens Böhrnsen, an, der von seiner rheinland-pfälzischen Kollegin Malu Dreyer begrüßt wurde. Diesmal versuchte sich Heiner Heseler, Staatsrat beim Bremer Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, als Lesehelfer. Unterstützt wurde er unter anderem von Peter Bleser, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, VG-Chef Ulf Hangert und Mosel-Weinbaupräsident Rolf Haxel. In eineinhalb Stunden war bereits die Lese beendet, denn es hingen nur noch wenige, zum Teil eingeschrumpelte Trauben, an den Rebstöcken. Die Erdener hatten wegen der nassen Witterung der vergangenen Wochen vorsorglich die meisten Trauben bereits vorgelesen.
Die wichtigsten Macher des Projekts sind Karl-Josef Krötz, Kellermeister des Bremer Ratskellers und Stefan Justen, Vorsitzender des Fördervereins Römerkelter Erden. Krötz, in Neef an der Mosel aufgewachsen, dessen Mutter aus Erden stammt, kommt immer wieder gerne in seine alte Heimat. Kein Wunder, dass er zum Moselwein eine besondere Beziehung hat. Er wirbt gerne für die so mühsam erzeugten Steillagenweine. Krötz: "Mit solchen Aktionen kann man sehr gut den Weinfreunden im hohen Norden demonstrieren, was es bedeutet, in den Steillagen zu arbeiten." Vermarktet wird der Ratswein, die Menge beträgt weniger als 1000 Liter, vom Bremer Ratskeller und der Werkstatt Martinshof Bremen, in der rund 1900 beeinträchtigte Menschen arbeiten.
Der Martinshof hat neben dem Wein noch andere Senatsprodukte im Sortiment: Kaffee, Tee, Marmelade, Öle, Espresso, Honig, Wein und Schokolade. Eine 0,5-Liter-Flasche Senatswein kostet 12,50 Euro. Etliche Flaschen dienen der Bremer Senatskanzlei auch als besonderes Gastgeschenk.
Inzwischen ist der im Erdener Treppchen gewachsene Bremer Senatswein in der Hansestadt ein Liebhaber- und Sammelobjekt geworden.