Familien wollen endlich Sicherheit: Morsche Kastanienbäume auf Bahngelände in Hochscheid sind eine Gefahr

Hochscheid · Zwei Familien aus Hochscheid sorgen sich um ihre Sicherheit. Sie befürchten, dass drei große Kastanienbäume in der Nähe ihres Hauses jederzeit umfallen können. Ein großer Ast ist bereits vor einer Woche abgebrochen.

Hochscheid. Julia Clark ist verärgert. Sie zeigt auf einen alten, morschen Kastanienbaum, der im Sommer fast keine Blätter trug. Vor einer Woche ist einer der beiden Hauptstämme in einer Höhe von fünf Meter eingekracht. Der 40 Zentimeter dicke Stamm hängt jetzt schief im Geäst. "Man stelle sich vor, der Ast fällt herunter und trifft einen Menschen. Das ist lebensgefährlich."Vor 100 Jahren gepflanzt


Sie erinnert an den tödlichen Unfall vor zwei Jahren in Trier, als eine 70-jährige Rentnerin von einer umfallenden morschen Kastanie erschlagen worden war. Der Fall wird derzeit vor dem Trierer Landgericht verhandelt (der TV berichtete).
Julia Clark wohnt mit Ehemann Lionel und dem zweijährigen Sohn Declan in der ehemaligen Bahnhofsgaststätte von Hochscheid. Auch ihre Eltern, Günther und Rosemarie Keul, haben in dem stattlichen Fachwerkgebäude ihren Wohnsitz. Das Haus ist nur wenige Meter von der ehemaligen Bahnstrecke Büchenbeuren-Morbach entfernt.
Zwischen Haus und den Gleisen verläuft ein Weg, der von zahlreichen Bäumen gesäumt ist und von Spaziergängern gerne genutzt wird. Drei der Bäume sind mächtige Kastanien, die größte steht unmittelbar am Haus. Die Familien Keul und Clark befürchten, dass diese Bäume, die von einer Allee, die die Bahn vor über 100 Jahren in Bahnhofsnähe gepflanzt hat, übrig geblieben sind, eine große Gefahr darstellen. Dicke Äste könnten abbrechen oder die Bäume gar ganz umstürzen. Günther Keul hat vor wenigen Wochen kurzerhand ein weiß-rotes Absperrband vor den Weg gespannt. Auf ein Schild hat er geschrieben: "Achtung Lebensgefahr. Betreten verboten."
Dabei hat Tochter Julia bereits Anfang August versucht, die Zuständigkeiten zu klären. Sie schrieb am 2. August eine E-Mail an die Deutsche Bahn, in der sie auf die Gefahr aufmerksam machte. Einen Tag später antwortete die Bahn mit einem standardisierten Satz: "Derzeit erreichen uns sehr viele Anfragen. Wir sind bemüht, Ihnen sobald wie möglich eine Antwort zukommen zu lassen." Am 5. August schreibt die Bahn, die Anfrage sei an die Abteilung Kundendialog weitergeleitet worden. Einen Tag später heißt es seitens der Bahn, die Mail sei an die DB Netz AG Frankfurt weitergeleitet worden. Dann geschah lange Zeit nichts. Als am 24. August ein großer Ast abbricht und vors Haus fällt, schreibt Julia Clark erneut.Bislang ist nichts geschehen


Die Bahn antwortet zunächst wieder mit einem standardisierten Satz - "bitte haben Sie noch etwas Geduld". Am 2. September teilt die Bahn schließlich mit, dass sie eigentlich gar nicht zuständig sei, sondern Bernd Heinrichsmeyer, Vorsitzender des Hunsrückbahnvereins. Dieser Verein ist derzeit Betreiber der stillgelegten Hunsrückbahn und hat die Strecke und das angrenzende Gelände noch bis Ende dieses Jahres gepachtet. Die Bahn schreibt Heinrichsmeyer an, ebenso Julia Clark. Heinrichsmeyer antwortet: Er habe eine Firma beauftragt, entsprechende Arbeiten an den Bäumen auszuführen. Das war am 23. Oktober. Auch gegenüber dem TV sagt er am Dienstag dieser Woche das Gleiche. Geschehen ist bislang aber nichts.Extra

Verantwortlich ist der Eigentümer: Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht ergibt sich aus Paragraph 823 BGB: "Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet." Das heißt: Eigentümer sind verantwortlich für ihre Bäume und müssen dafür sorgen, dass sie Dritte nicht gefährden. Ragen Äste in den öffentlichen Straßenraum hinein, hat der Eigentümer sich zu kümmern. Häufig müssen die zuständigen Grünflächenämter Baumbesitzer auf eine mögliche Gefährdung aufmerksam machen. Reagiert dieser nicht, legt das Amt schon mal selbst Hand an und stellt dem Eigentümer die Maßnahme nachträglich in Rechnung. red

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