Der Fall Böhr kommt der Landes-SPD wie gerufen - Wie sich der Landtagswahlkampf 2006 auf den aktuellen auswirkt

Trier · Der ehemalige CDU-Landesvorsitzende und Bundesvize Christoph Böhr wird sich wegen illegaler Wahlkampffinanzierung wohl erneut vor Gericht verantworten müssen. Das ist bitter für Böhr - und ein gefundenes Fressen für die unter CDU-Dauerbeschuss stehende Landes-SPD.

Trier. Hätte Christoph Böhr damals geahnt, welche Spätfolgen der Landtagswahlkampf 2006 für ihn haben würde, hätte der rheinland-pfälzische Spitzenkandidat die Flinte womöglich schon seinerzeit ins Korn geworfen. Aber zu dieser Zeit war der CDU-Landeschef noch hoffnungsfroh, den regierenden SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck endlich vom Thron stoßen zu können. Dumm nur, dass die Kasse der Landes-CDU damals leer war, wo doch so ein Wahlkampf ziemlich teuer ist.
Die trickreiche und verschleierte Querfinanzierung durch Geld aus der Fraktionskasse stieß Böhr und weiteren Beteiligten mit einigen Jahren Verspätung übel auf. Das Mainzer Landgericht verurteilte Böhr sowie den ehemaligen CDU-Generalsekretär Claudius Schlumberger und Ex-CDU-Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen zu Bewährungsstrafen. Ex-Agenturboss Carsten Frigge, zuletzt Senator in Hamburg, kam mit einer Geldstrafe davon. Während Schlumberger und Hebgen das Urteil akzeptierten, gingen Böhr und Frigge in Revision. Ohne Erfolg, wie sich gestern zeigte.
Das Untreueurteil gegen den 60-jährigen Trierer ist rechtskräftig, während wegen versuchten Betrugs des Landesrechnungshofs nun wohl erneut in Mainz verhandelt wird.
Nicht auszuschließen, dass zu der 22-monatigen Bewährungsstrafe noch ein, zwei weitere Monate dazukommen. Dann wäre die Staatsanwaltschaft zufrieden, und Böhr käme immer noch mit Bewährung davon. "Nun herrscht grundsätzlich Rechtsklarheit", kommentierte CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder am Donnerstag die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, jetzt würden mögliche zivilrechtliche Ansprüche geprüft.
Das wahrscheinliche Ergebnis: Die Landes-CDU wird ihren langjährigen Vorsitzenden auf Schadenersatz verklagen. Wohl auch deshalb fügte Schnieder gestern den Satz hinzu: "Natürlich sehen wir auch die persönliche Tragik für Christoph Böhr."
Zwischen dem 60-Jährigen und der heutigen Parteispitze gibt es keinen Kontakt mehr. Wahrscheinlich hat auch keine der beiden Seiten daran ein Interesse.
Der seit langem unter Beschuss der CDU stehenden SPD kommt der Karlsruher Richterspruch für eine Retourkutsche wie gerufen. Böhr habe damals schließlich nicht alleine im Vorstand gesessen, stichelte gestern SPD-Generalsekretär Jens Guth, um gleich zwei prominente Namen hinterherzuschieben: "Welche Rolle hatte der spätere CDU-Landesvorsitzende Christian Baldauf, und welche Rolle spielte das damalige Landesvorstandsmitglied Julia Klöckner?"
Böhr, das steht seit gestern fest, wird so rasch nicht aus den Schlagzeilen verschwinden.Meinung

Zu hart bestraft
Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegt der einstige Hoffnungsträger der rheinland-pfälzischen CDU endgültig am Boden. Und trotzdem geht\'s womöglich noch tiefer für Christoph Böhr. Der Trierer kommt wohl noch einmal vor Gericht. Denkbar, dass auf die 22-monatige Bewährungsstrafe noch eine Schippe draufkommt. Und die Landes-CDU wird alles daransetzen, wenigstens einen Teil der bezahlten Strafe von Böhr zurückzubekommen. Das kann in die Hunderttausende gehen. Hat Böhr so viel Geld auf der hohen Kante? Seine Partei, der der Trie rer Jahrzehnte fleißig gedient hat, hat ihn längst fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Ist diese massive Bestrafung wirklich gerecht? Nein! r.seydewitz@volksfreund.deExtra

Was macht eigentlich Christoph Böhr heute? Kurz gesagt das, was ihn interessiert. Der nach wie vor in Trier lebende gläubige Intellektuelle führt längst ein Leben weitgehend abseits von Kameras, Scheinwerfern und Mikrofonen. Der promovierte Philosoph schreibt Bücher, hält wissenschaftliche Vorträge, ist Gastdozent an Hochschulen, schreibt Berichte und Aufsätze. Erst vor wenigen Tagen erschien in der katholischen Zeitung Tagespost ein längerer Artikel Böhrs über die Rolle Helmut Kohls bei der Wiedervereinigung. sey Schwere Schlappe für Ex-CDU-Chef Christoph Böhr vor Bundesgerichtshof in Karlsruhe

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