In der Wohngemeinschaft alt werden

Wasserliesch · Der ehemalige Regierende Bürgermeister von Bremen hat zahlreiche Bücher darüber geschrieben, wie Alt und Jung besser miteinander zurechtkommen. Sein neuestes Buch heißt Altersreise. Daraus las er in der Wasserliescher Kirche St. Aper. Er stellte seine Anliegen und Ratschläge in sanftem Plauderton vor.

 Henning Scherf, Ex-Stadtchef von Bremen, hat sein Buch Altersreise im Plauderton vor 200 Zuschauern vorgestellt. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Henning Scherf, Ex-Stadtchef von Bremen, hat sein Buch Altersreise im Plauderton vor 200 Zuschauern vorgestellt. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Wasserliesch. Der Platz vor dem Altar in der Pfarrkirche St. Aper in Wasserliesch bleibt leer. "Ich werde nicht aus meinem Buch vorlesen", lautet die überraschende Ankündigung. Henning Scherf, ehemaliger Regierungschef des Stadtstaates Bremen, beschäftigt sich seit seiner Pensionierung (auf eigenen Wunsch, nicht abgewählt) mit dem Älterwerden. Sein neuestes Buch heißt Altersreise.
Zarte Töne über das Altern


Leise, fast zart, aber mit sonorer Stimme erzählt der 76-Jährige aus seinem Leben, geht auf Fragen ein, spricht auch seine Zuhörer direkt an. Mit dem Thema Alter hat sich der ehemalige Politiker, der gelernter Krankenpfleger ist, sehr früh beschäftigt. Die Zuhörer staunten, dass Scherf vor 27 Jahren bereits ein Haus in Bremen, gemeinsam mit Freunden, altersgerecht umbaute. "Derzeit leben wir mit zehn Menschen zusammen. Jeder hat seine eigene Wohnung und auch Platz für Gäste", erklärt er und spart auch Tabuthemen nicht aus: "Zweimal haben wir in unserem Haus bereits eine Sterbebegleitung gehabt." Auch die Pflege von Menschen funktioniere mit zehn Leuten sehr gut. Jeder kümmere sich um jeden.
"Für die Veranstaltungsreihe der Gemeindebegegnung Saar-Mosel in Wasserliesch interessierten sich bislang mehr als 200 Menschen", freut sich deren Vorsitzende Annemarie Schuh. Diese Reihe zum Thema Leben gestalten fand mit Henning Scherf und weiteren 200 Zuhörern in der Pfarrkirche den krönenden Abschluss. Die Idee dazu hatte Franziska Schuh (85): "Scherf trifft das Thema sehr einfühlsam. Das tut richtig gut."
Ein Rat ist Scherf besonders wichtig: "Setzen Sie sich als Rentner nur ja nicht zur Ruhe." Jeder Mensch brauche weiterhin eine Aufgabe, die ihn erfüllt. Dazuzu gehören erweise sich als Jungbrunnen. Vor allem der Umgang mit Kindern sei ein wahres "Lebensmittel". Hochbetagte können durchaus noch Aufgaben erfüllen. Scherf will Brücken bauen zwischen den Generationen und sieht dabei das altersgerechte Wohnen als Fundament an. 40 Millionen Wohnungen gebe es in Deutschland. Nur 800 000 davon seien altersgerecht ausgebaut. Der Erfolg des eigenen Wohnprojektes habe die Nutzer zusammengeschweißt, die prächtig miteinander klarkommen, was daran zu erkennen ist, dass die gesamte Wohngemeinschaft nur ein Auto braucht.
Auch der Frage nach Krisen in dieser Gemeinschaft verschloss sich der prominente Gast nicht. "Die Leute müssen schon zusammenpassen", rät Scherf. Krach könne aber auch konstruktiv wirken.
Für sein Buch Altersreise quartierte sich Scherf selbst deutschlandweit in 15 Pflegewohngemeinschaften ein, arbeitete mit Dementen und ihren Pflegekräften. Das traditionelle Pflegekonzept habe seine Grenzen erreicht, so seine Erkenntnis.
Für den Satz "Alle sollten da alt werden, wo sie zu Hause sind", bekam Henning Scherf Sonderaplaus. dothExtra

Henning Scherf ist Vorsitzender der Hilfsorganisation Pan y Arte" (Brot und Kunst), die der mittlerweile verstorbene österreichische Schauspieler Dietmar Schönherr 1994 gegründet hat. Spenden aus Lesungen und anderen Veranstaltungen gehen stets in diese Stiftung für Kinder in Nicaragua. In Wasserliesch kamen an diesem Abend 850 Euro zusammen. Annemarie Schuh erwartet noch weitere Spenden. Die Stiftung ist unter Telefon 0251/4882050 und im Internet unter <%LINK auto="true" href="http://www.panyarte.org" class="more" text="www.panyarte.org"%> erreichbar. doth

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