Notfahrplan soll es richten

Idar-Oberstein/Mainz · Das Unternehmen Vlexx, der neue Betreiber unter anderem der Strecke von Saarbrücken über Idar-Oberstein nach Mainz, hat Startschwierigkeiten. Durch Verzögerungen und Ausfälle von Zügen kommen Pendler und Schüler teilweise Stunden zu spät zur Arbeit und zum Unterricht. Seit gestern gibt es einen Notfahrplan.

 Wie viel Verspätung ist es diesmal? Am Bahnsteig in Neubrücke warten FH-Studenten auf einen einlaufenden Vlexx-Zug. Foto: Reiner Drumm

Wie viel Verspätung ist es diesmal? Am Bahnsteig in Neubrücke warten FH-Studenten auf einen einlaufenden Vlexx-Zug. Foto: Reiner Drumm

Idar-Oberstein/Mainz. Seit Montag herrscht Chaos auf der Nahe-Strecke. Das Unternehmen reagiert auf das anhaltende Chaos, das seit Montag auf der Nahestrecke herrscht, mit einem Notfahrplan, der seit gestern vorerst bis 4. Januar gelten soll. Vlexx strebt an, dass die Regionalexpress-Züge auf der Strecke von Frankfurt über Mainz, Bad Kreuznach und Idar-Oberstein nach Saarbrücken vorerst immerhin wie vorgesehen jede Stunde fahren sollen, während die Regionalbahnen nur noch im Zwei-Stunden-Takt verkehren.
Am Montagabend hatte Vlexx seinen Kunden lapidar empfohlen, am Dienstagmorgen alternative Verkehrsmittel zu nutzen - für viele leichter gesagt als getan.
Unerfahrene Mitarbeiter


Wie konnte es gleich zum Start zu einem solchen Desaster kommen? "Es sind genug Fahrzeuge und Personal da. Wir hatten deshalb damit gerechnet, dass es vielleicht hier und da knirscht, aber nicht, dass es so schlimm werden würde", betont Mathias Paul, der stellvertretende Direktor des in Kaiserslautern ansässigen Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr (SPNV) Rheinland-Pfalz Süd, der Auftraggeber von Vlexx ist.
Fatal hat sich laut Paul ausgewirkt, dass die meisten Mitarbeiter, also Lokführer, Zugbegleiter, Disponenten und die Leute in der Leitstelle, Neulinge und damit unerfahren sind.
Das Zusammenspiel habe deshalb nicht flüssig funktioniert. "Einzelne Probleme haben sich dadurch so weit aufgestaut, dass schließlich das ganze System kollabiert ist", fasst der SPNV-Vize zusammen. Insbesondere auf der völlig überlasteten Rheinschiene sei alles so eng und komplex, "dass jede Kleinigkeit voll durchschlägt".
Hinzu kam nach Angaben des Zweckverbandes zu allem Überfluss auch noch, dass durch Softwareprobleme die Datenübertragung von Vlexx zur Deutschen Bahn nicht funktionierte. So gab es für die Fahrgäste weder Durchsagen noch Anzeigen.
Mathias Paul hat "vollstes Verständnis" für den großen Unmut, der sich im Internet Bahn bricht. Längst gibt es bei Facebook auch eine Vlexx-Gruppe, in der Kunden ihrem Ärger Luft machen. Die Leidtragenden an und auf der Strecke sind die Lokführer und Zugbegleiter von Vlexx, bei denen Fahrgäste ungebremst ihren Frust abladen. Fahrzeuge, Zulassungen, Ausbildung, ein neues Kundencenter und die neue Werkstatt: Man habe im Vorfeld alles getan und sei deshalb optimistisch gewesen, betont Vlexx-Geschäftsführer Martin Deeken. "Leider mussten wir feststellen, dass unser Team zu wenig Praxiserfahrung hat. Wir bedauern dies sehr."
Man habe sich zur Verstärkung kurzfristig personelle Unterstützung aus anderen Gesellschaften geholt. Insbesondere die Leitstelle werde aufgestockt. SPNV-Direktor Michael Heilmann hat sich in einer Presseerklärung für die "massiven Unannehmlichkeiten" entschuldigt. Auch er hofft jetzt, "dass mit dem Notprogramm die nötige Stabilität in die Verkehrsbedienung kommt und das Unternehmen nun sukzessive das Angebot auf das vereinbarte Niveau hebt."
Einen Totalausfall gibt es weiterhin auf der reaktivierten Bahnstrecke von Baumholder über Ruschberg nach Heimbach und weiter über Idar-Oberstein nach Kirn (RB 34). Zwischen Baumholder und Neubrücke wurde ein Schienenersatzverkehr mit Zwischenhalten in Ruschberg und Heimbach eingerichtet. Die weiteren Haltestellen der RB 43 werden nicht angefahren. Nohen und Kronweiler sind damit vollständig vom Bahnverkehr abgeschnitten.
Deutliche Worte findet Baumholders Stadtbürgermeister Günther Jung für den Fehlstart: "Das ist absolut blamabel. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, wie ein Unternehmen sich so unprofessionell verhalten kann."
Auch das Informationsverhalten von Vlexx kritisiert er scharf: "Es ist schlimm, dass der Betreiber selbst für Fahrgäste nicht zu erreichen ist und sich wegduckt. Mich selbst haben schon viele Bürger darauf angesprochen." Für schwer zu reparieren hält Jung den entstandenen Imageschaden im Hinblick auf die künftige Akzeptanz der reaktivierten Bahnstrecke. "Da ist sehr viel Vertrauen verloren gegangen. Es wird schwierig, das wiederherzustellen."

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