Keine Rede ohne Meinung zum Innenstadtring

Bitburg · Das Sparbrötchen ist beschlossene Sache. Der Stadtrat hat mit vier Gegenstimmen den Haushalt 2015, der nur magere Investitionen von 2,5 Millionen Euro vorsieht, verabschiedet. Der Innenstadtring war das dominierende Thema in den Reden - obwohl für Verkehrsprojekte im Haushalt 2015 kein Geld eingeplant ist.

 Trübe Stimmung: Der Richtungsstreit um den Ring droht, zur Zerreißprobe zu werden. TV-Foto: Klaus Kimmling

Trübe Stimmung: Der Richtungsstreit um den Ring droht, zur Zerreißprobe zu werden. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bitburg. Die Lage ist ernst. Bitburg hat kein Geld mehr für große Sprünge. Nachdem die Kommunalaufsicht vergangenes Jahr den Haushalt der Stadt erstmals nicht genehmigt hat, war klar, dass diesmal alles auf das Nötigste zusammengeschrumpft werden muss. Eine Einsicht, die zwar wenig Freude macht, aber quer durch alle Fraktionen des Rats geteilt wird. "Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir unseren strikten Sparkurs weiter fortsetzen", sagte Bürgermeister Joachim Kandels in seiner Haushaltsrede.Mehr Bürgerengagement gefragt


So arbeitet die Verwaltung derzeit an einem Konzept, das vorsieht, einen Teil der 38 Spielplätze abzubauen und eventuell die Grundstücke zu verkaufen. "Wir wollen weniger, dafür aber qualitativ hochwertigere Spielplätze", sagte Kandels, selbst Vater zweier Kinder. Die Bürger sollen einbezogen werden - und zwar nicht nur in die Entscheidungsfindung. Angesichts der Haushaltslage wird auch Bürgerengagement in Form von Eigenleistung, Spenden und Patenschaften gefragt sein. In seinem Rückblick streifte Kandels eine ganze Reihe von Projekten, die trotz angespannter Haushaltslage in Angriff genommen worden sind - vom Ausbau des Erdorfer Bahnhofs über die Sanierung von Eishalle und Sauna bis hin zur "wegweisenden Entscheidung", die alte Kaserne gemeinsam mit Kreis und Verbandsgemeinde im Zweckverband Flugplatz zu vermarkten.
Der Innenstadtring war Thema in allen Reden (siehe Extra). Dabei kommt der Ring im Haushalt gar nicht vor. "Investitionsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung oder dem Rückbau des Innenstadtrings stehen, sind in der Finanzplanung noch nicht berücksichtigt, da die politischen Entscheidungen noch ausstehen", steht dazu in den Vorbemerkungen zum Haushalt. Etwa 30 000 bis 40 000 Euro würde ein Rückbau kosten; rund 800 000 Euro der endgültige Ausbau.
Doch bei der Entscheidung, die im zweiten Quartal 2015 fallen soll, werden die Unfallzahlen den Ausschlag geben. Dass eine Entscheidung auf den Tisch muss, steht auch für Kandels außer Frage: "Die persönlichen Angriffe wegen dieses Themas und auch die Schärfe des Tons empfinde ich inzwischen als grenzwertig."
Für den Haushalt 2015 gab es im Anschluss von allen Fraktionen Komplimente an Kämmerer Paul Treuke und sein Team. Erstmals seit sieben Jahren gelingt es der Stadt, unter dem Strich wieder einen kleinen Überschuss zu erwirtschaften. Die so genannte freie Finanzspitze beträgt knapp 300 000 Euro. Zudem werden die Schulden von 20,8 auf 18,8 Millionen Euro abgebaut. Das geht natürlich nur um den Preis, dass die Investitionen mit einem Gesamtvolumen von 2,5 Millionen so gering ausfallen wie noch nie - das Geld fließt in Pflichtaufgaben wie beispielsweise die Ausstattung der Feuerwehr, der Brandschutz im Rathaus und zwei seit Jahrzehnten geplante Projekte: Sanierung und Umbau des Dorfgemeinschaftshauses Stahl und Erschließung des Neubaugebiets "Auf der Acht" in Erdorf.
Selbst die CDU, die sonst eher die Devise vertritt, mit Investitionen für Aufschwung zu sorgen, ist diesmal nicht nur zufrieden, sondern sogar stolz auf den Sparhaushalt. Dass gespart werden muss, steht für alle außer Frage.
Für die Grünen aber hätte sich Bitburg vor allem den Ring sparen können - und deshalb die Kosten für den Rückbau in den Haushalt 2015 einstellen sollen. So stimmten vier Grüne gegen das politische Programm, das bei vier Enthaltungen (SPD und Grüne) mit breiter Mehrheit beschlossen wurde.Meinung

Höchste Zeit für mehr Sachlichkeit
Keiner im Stadtrat wird ernsthaft auf die Idee kommen, den Innenstadtring dauerhaft gegen den Willen der Bürger durchzuboxen. Entscheidend werden die Unfallzahlen sein. Und da sieht es derzeit so aus, als seien die Tage des Verkehrskonzepts ohnehin bereits gezählt. Es ist allerhöchste Zeit für mehr Sachlichkeit. Der Protest hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, dass man sich fragen muss, ob das ganze nicht enden wollende Gemaule und Gejammere über den Ring nicht sogar schädlicher für die Stadt ist als der Ring selbst. d.schommer@volksfreund.deExtra

Michael Ludwig (CDU): "Der Ring ist nicht der Versuch, Bürger und Geschäftsleute zu verärgern, sondern der Versuch, eine Lösung zu finden, wie wir den Verkehr in einem wachsenden Mittelzentrum für die nächsten Jahrzehnte regeln wollen. Der Test ist ergebnisoffen. Unverkennbar ist, dass es ein Akzeptanzproblem gibt." Winfried Pütz (Liste Streit): "Es gab überzeugende Argumente von Verkehrsplanern, diesen Test zu wagen. Aber es ist nicht gelungen, die Akzeptanz der Bürger zu gewinnen. Das rechtfertigt aber keine Angriffe, die teils unter die Gürtellinie gehen." Manfred Böttel (FBL): "Die Testphase für den Ring war schlecht vorbereitet, schlecht organisiert und die Informationen für die Bürger nur spärlich. Um es mit Konfuzius zu sagen: Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten." Peter Berger (Grüne): "Wir fordern den sofortigen Rückbau dieser städtischen Unverträglichkeit. Und wir fordern deshalb auch, dass die Kosten für den Rückbau in den Haushalt 2015 eingestellt werden." Irene Weber (SPD): "Zum Chaos 2014 gehört auf jeden Fall der Ring. Die Unfallzahlen sprechen Bände. Das Projekt ist gescheitert. Wir müssen uns Alternativen überlegen." Marie-Luise Niewodniczanska (FDP): "Angesichts des vielen Leids auf der Welt, der Kriege und Flüchtlingswellen ist es doch Luxus, dass wir uns hier über eine Kleinigkeit wie den Ring aufregen." scho

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