Szenische Lesung gegen das Vergessen

Bitburg · Mit einer szenischen Lesung erinnert die Kulturgemeinschaft Bitburg heute an den 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Um 11 Uhr und um 17 Uhr kommt der Briefroman "Adressat unbekannt" der amerikanischen Schriftstellerin Kathrine Kressman Taylor im Haus Beda zur Aufführung.

Bitburg. "Es ist die Geschichte vom Ende einer Freundschaft zweier deutsch-amerikanischer Geschäftsleute zu Beginn des NS-Regimes", berichtet Werner Pies von der Kulturgemeinschaft Bitburg im Gespräch mit dem TV.
Es ist die Geschichte des jüdischen Kunsthändlers Max Eisenstein und des deutschen Unternehmers Martin Schulze, die zunächst in den USA gemeinsam eine Galerie betreiben. Es ist die Geschichte eines Mannes, der 1932 zurück nach Deutschland kehrt, mit den Nationalsozialisten zunächst sympathisiert, später im braunen Sumpf Karriere macht - und damit die lange Freundschaft zerstört. "Es ist auch eine politisch aktuelle Geschichte", meint Werner Pies, "denn sie zeigt, wie radikales Gedankengut in kurzer Zeit die Werte eines Menschen verändern kann".
Aus diesem Grund sind auch die Bitburger Schulen besonders zu der szenischen Lesung eingeladen worden - ein weiterer Meilenstein der Kulturgemeinschaft und des Arbeitskreises Gedenken der Stadt Bitburg, die heranwachsenden Menschen in die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte einzubinden und zu sensibilisieren.
Vorgetragen wird dieser als Briefwechsel zwischen Eisenstein und Schulse geschriebene Roman von den beiden Hamburger Schauspielern Marco Moreno und Rainer Wolke. Die Inszenierung übernimmt die Hamburger Schauspielerin und Regisseurin Saskia Junggeburth, die Tochter des aus Bitburg stammenden Regisseurs Otto Junggeburth (1944-2011). Unter seiner Federführung waren 2003 das Dschungelbuch und Shakespeares Sommernachtstraum in Bitburg aufgeführt worden.
Die Aufführungen beginnen heute um 11 Uhr und um 20 Uhr. Im Anschluss ist Gelegenheit, mit der Regisseurin über das Werk zu sprechen.
Der Eintritt beträgt 5 Euro, für Mitglieder der Kulturgemeinschaft 4 Euro. Schüler, Auszubildende und Studenten haben aufgrund finanzieller Unterstützung der Dr. Hanns-Simon-Stiftung freien Eintritt. wiw
Extra

Der Briefroman "Adressat unbekannt" stammt aus der Feder der amerikanischen Autorin Kathrine Kressmann Taylor und wurde 1938 in einem New Yorker Magazin erstmals veröffentlicht. Dies legt nahe, dass die USA schon im Jahr der Reichspogromnacht von der nationalsozialistischen Haltung gegenüber den Juden informiert waren und auch von den menschenverachtenden Ausschreitungen wussten. Die Geschichte vom Ende einer Freundschaft basiert auf einer wahren Begebenheit und gilt in Fachkreisen als eine der in ihrer Dichte und Kompaktheit intensivsten Erzählungen überhaupt. Sie ist in deutscher Übersetzung im Verlag Hoffmann und Campe erschienen. wiw

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