Geschichten von Elsen Jäpschi sein Johannes

Hermesdorf · 12 000 Fotos, dazu unzählige Seiten mit Zahlen, Statistiken und Anekdoten: Seit Jahren sammelt Johannes Jung alles, was in seinem Heimatort Hermesdorf passiert. Der TV hat den Chronisten, der im Dorf besser als Elsen Jäpschi sein Johannes bekannt ist, besucht.

 Fotos und Fakten: Johannes Jung in seinem Archiv. TV-Foto: Wilma Werle

Fotos und Fakten: Johannes Jung in seinem Archiv. TV-Foto: Wilma Werle

Hermesdorf. Er ist bekannt wie ein bunter Hund - "Elsen Jäpschi sein Johannes" oder "Johannes von der Kass" wird der 72-Jährige, der bei der Raiffeisenkasse gearbeitet hatte, in Hermesdorf genannt. "Ich bin im Prinzip ein Zahlenmensch", sagt Johannes Junk und erzählt: "Ich hatte damals 1000 Kontonummern im Kopf, auch wenn ich nicht immer die Namen dazu kannte." Dazu passt, dass Johannes Jung - im Gegensatz zu vielen anderen Chronisten - nicht der große Geschichtenschreiber ist: Er sammelt lieber Zahlen, erstellt eine Art Wörterbuch Hermesdorfer Platt/Hochdeutsch und tippt alles säuberlich mit zwei Fingern ab - seit einigen Jahren mithilfe eines Computers.
Beim Stöbern in seiner umfangreichen Sammlung, die einem Tagebuch gleicht, erfährt man beispielsweise, wie viel Milchgeld seine Eltern 1947 ausbezahlt bekamen oder dass im Jahr 2000 die Schwalben am 1. April aus dem Süden zurück in die Eifel kehrten oder wer alljährlich beim traditionellen Hüttenfest am Sonntag nach Fastnacht das ganze Dorf mit Nautzen versorgen musste.
Wenn dann wieder Hüttenfest ist, ist auch Johannes Jung dabei - nicht nur wegen der Nautzen. Dann geht er mit der Kamera auf Pirsch, genau wie bei allen anderen Feiern im Ort auch: beim Feuerwehrfest, wenn der Maibaum aufgestellt wird, oder beim Martinszug. Alles und jeden hält er auf seinen Bildern für die Zukunft fest.
Seit 1994 hat Jung so schon 12 000 Fotos fein säuberlich in Alben geklebt - die ältesten stammen aus der Zeit des 1. Weltkriegs. Die Hermesdorfer haben ihm erlaubt, diese Bilder aus privaten Sammlungen abzufotografieren. Genauso, wie sie ihm jederzeit gerne Geschichten und Neuigkeiten erzählen. "Wenn ich mal kurz durchs Dorf gehen will, kann es auch schon mal etwas länger werden. Sicherheitshalber habe ich immer einen Zettel und einen Kuli in der Hemdtasche."
Der Chronist aus Leidenschaft ist überzeugt: "Ab einem bestimmten Alter lebt man nur noch von Erinnerungen. Wenn man dann keine hat, hat man nicht gelebt." Und er lebt doch so gerne in seinem Dorf, teilt seine Erinnerungen und Informationen. "Jeder kann kommen und gucken. Manchmal kommen auch Kinder und brauchen etwas für die Schule. Auch wichtig: "Es gibt in seiner Sammlung keine kompromittierenden Fotos oder welche, wo Menschen unvorteilhaft abgebildet sind." Das ist natürlich auch der Vorteil seiner mittlerweile digitalen Kamera: "Damit kann ich drei Fotos machen, aber nur das schönste auswählen. Das war früher anders", sagt er. Die Digitalfotografie macht noch etwas möglich: Alljährlich am Martinszug gibt es in der Jung\'schen Scheune einen Bilder-Abend für das ganze Dorf. Dann wirft Johannes Jung die rund 300 Bilder des Jahres mit Beamer auf die Leinwand. Seine Devise: "Freude teilen und weitergeben - davon lebe ich."Extra

Die Mutter von Johannes Jung pflegte zu sagen: "Denkt an die drei goldenen S: schaffen, sparen, schämen." Dass diese Ermahnung wohl nicht unberechtigt war, zeigt das Hermesdorfer Lied: "Hei lustig Heamsdafa Jungen dat sen mir, gedäft mat Primwassah on mat Bär, gesond ernährt un de Lewa on da Lung, do sen mir esa Motta hieren allerbesten Jung, on alles wat vun Heamsdaf kennt, dat saift, dat saift." wiw

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