Verliebt, verlobt, verheiratet, verlassen - und verurteilt

Wittlich · Sie wollte nicht wahrhaben, dass ihr Ehemann sich von ihr getrennt hatte. Immer wieder suchte die heute 43-Jährige ihn auf. Auch als er ein Kontaktverbot nach dem Gewaltschutzgesetz erwirkte, ließ sie nicht locker. Das Amtsgericht Wittlich hat die Frau nun zu einer Geldstrafe von 750 Euro verurteilt. Vorbestraft ist sie damit aber nicht.

Wittlich. Zwei Menschen lernen sich kennen, verlieben sich, lieben sich, heiraten, bekommen Kinder - und bleiben ein Leben lang zusammen. Oder eben auch nicht: Die Liebe schwindet, man streitet sich, man trennt sich. Und landet dann vor Gericht. Um sich rechtskräftig scheiden zu lassen. Um das Sorgerecht für die Kinder zu regeln. So weit, so normal. Eher selten kommt es vor, dass das Ende einer Ehe auch in einem Strafprozess eine Rolle spielt. So aber am Mittwoch im Wittlicher Amtsgericht: Eine 43-Jährige aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich ist wegen des mehrfachen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz angeklagt. Mindestens neun Mal war sie im Sommer 2014 in der Firma und der Wohnung ihres Mannes aufgetaucht, obwohl ein Kontaktverbot bestand. Die Vorwürfe bestreitet die Angeklagte nicht: "Ich war da fast immer", sagt sie.
Ihr Mann hatte zuvor nach 18-jähriger Ehe das gemeinsame Haus verlassen und den Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht. Im März soll die Scheidung besiegelt werden. Auch die endgültige Entscheidung über das Sorgerecht für die drei Kinder ist noch nicht getroffen. Derzeit lebt ein Sohn beim Vater. "Ich bin Mutter, mein Sohn lebt bei meinem Mann - das ist doch ein wichtiger Grund, dorthin zu gehen", sagt die Angeklagte. Und doch wurde es ihrem Mann zu viel. Derart zu viel, dass er Ende Februar 2014 eine gerichtliche Schutzanordnung gegen seine Frau erwirkte (siehe Extra). Diese sei immer wieder laut geworden, habe geschrien und Türen kaputt geschlagen, berichtet er. Mehrfach musste er die Polizei rufen. Er habe nur noch Ruhe haben wollen. Doch die bekam er auch mit dem Kontaktverbot nicht; die Besuche seiner Frau hörten nicht auf: Sie denke nach wie vor, so erzählt der 48-Jährige, dass "wir eine gute Familie sind".
Die Angeklagte dagegen berichtet von Übergriffen ihres Mannes und davon, aus Sorge um ihren Sohn immer wieder gegen das Kontaktverbot verstoßen zu haben. Dennoch sagt sie auch noch am Ende der Verhandlung: "Die Scheidung ist nicht die beste Lösung für Familienprobleme." Ein Satz, der viel über die 43-Jährige aussagt - findet Strafrichter Hermann-Josef Weber: "Sie wollen die Ehe fortsetzen und setzen sich über gesetzliche Anordnungen hinweg. Sie müssen sich der Realität stellen und sich damit abfinden, dass Ihr Ehemann nicht mehr mit Ihnen zusammenleben möchte." Er folgt dem Antrag von Staatsanwältin Susanne de Renet und verurteilt die Angeklagte zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 15 Euro.Extra

Das Gewaltschutzgesetz soll vor Gewalt im privaten häuslichen Umfeld schützen. Es ermöglicht richterliche Schutzanordnungen wie etwa ein Kontaktverbot, ein Verbot, sich in der Nähe des Opfers aufzuhalten oder dessen Wohnung zu betreten. Der Täter kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden, wenn er gegen diese Anordnung verstößt. neb

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