Kita-Eltern protestieren gegen Familienministerium

Mainz · Schafft das Mainzer Familienministerium federstrichartig Kita-Plätze für Kinder von Flüchtlingen, während deutsche Eltern trotz Rechtsanspruchs monatelang vergeblich auf einen Platz warten müssen? Darüber empört sich der Kita-Landeselternausschuss.

Mainz. Ein Rundschreiben des Familienministeriums vom 20. Februar an die Jugendämter in Rheinland-Pfalz sorgt für Verdruss. Darin geht es um Maßnahmen für ein "Umsetzungsverfahren zur schnellen Schaffung von zusätzlichen Kita-Plätzen". Andreas Winheller, Vorsitzender des Landeselternausschusses der Kitas (Lea), bewertet die Maßnahmen als "nicht verantwortlich" und fordert vom Ministerium, sie "unverzüglich zurückzunehmen". Leider habe es das Ministerium nicht für notwendig erachtet, die Vertretung der Kita-Eltern vorher anzuhören.
Darum geht\'s: Das Ministerium hat nach Ansicht der Elternvertreter mit der Maßnahme, zwei zusätzliche Plätze pro Kita für Flüchtlingskinder zu schaffen, "die bislang geltenden Qualitätsanforderungen hinsichtlich Gruppengrößen und Personalausstattung ausgehebelt". Für die ersten zwei Mehrplätze pro Kita solle es nicht einmal irgendeine Personalkompensation geben. Die Rahmenbedingungen seien bereits schwierig - "wie Sie es für pädagogisch verantwortlich halten, die Betreuungsquote noch weiter abzusenken, können wir nicht nachvollziehen", schreibt Winheller ans Ministerium.
Die Eltern seien für eine gute Betreuung der Flüchtlingsfamilien und ihrer Kinder, doch dazu bedürfe es Sonderbudgets und nach der Stabilisierung der Flüchtlingskinder eine Integration in die Regeleinrichtungen - "aber zu den aus gutem Grund vorgeschriebenen qualitativen Rahmenbedingungen und nicht mit Dumping-Qualität".
Winheller weist in dem Schreiben, das dem TV vorliegt, darauf hin, dass es in den vergangenen Jahren etliche Fälle gegeben habe, in denen Eltern trotz Rechtsanspruchs keinen Kita-Platz für ihre Kinder bekommen hätten. "Jetzt, wo infolge der Flüchtlingsströme ein neuer Mehrbedarf auftritt, sollen diese Argumente auf einmal nicht mehr gelten? Was glauben Sie, wie sich die vielen Eltern fühlen, die in den letzten Jahren keine Plätze bekommen haben und jetzt erleben dürfen, wie es jetzt auf einmal doch gehen soll?"
Kinder- und Jugendministerin Irene Alt sagte dazu dem Volksfreund: "Es handelt sich um eine befristete Lösung, mit der wir den Interessen der Kommunen entgegenkommen - sowie den Eltern, die dringend einen KitaPlatz benötigen. Um die Befürchtungen des Landeselternausschusses auszuräumen, werde ich mich in Kürze mit dem Lea treffen."
Der Vorfall kommt just zu einem Zeitpunkt, an dem politisch über die Rahmenbedingungen in den Kitas gestritten wird. Die Versorgung sei hervorragend, meinen SPD und Grüne im Landtag. Die CDU-Opposition male mal wieder schwarz und bereite mit ihrer Kritik nur das Abzocken der Eltern durch Kita-Gebühren vor. "Sie wollen Eltern mit 1000 Euro pro Kind pro Jahr belasten", schimpft Bettina Brück. Das sei mit Rot-Grün nicht zu machen.
"Die Rahmenbedingungen in den Kitas werden immer schwieriger", kritisiert hingegen Simone Huth-Haage von der Union.
Klaus-Peter Hammer, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), bescheinigt der Landesregierung, "einiges zu tun". So sei es eine "richtige Entscheidung" gewesen, verstärkt Seiteneinsteiger zu Erziehern auszubilden. Allerdings sei die Situation insgesamt immer noch unbefriedigend. Der Bedarf an Ganztagsplätzen sei groß und die Eltern bräuchten Planungssicherheit. Deshalb müsse es einen parteiübergreifenden Konsens geben, mehr Geld für die Kinderbetreuung in die Hand zu nehmen.Extra

Vorschulkinder wundern sich über Parlamentarier: Die Debatte des rheinland-pfälzischen Landtags über Kindertagesstätten (Kitas) hat am Donnerstag die jüngsten Zuschauer auf der Besuchertribüne teils verblüfft. "Die eine Seite hat zweimal geklatscht, die andere aber nicht. Und dann war es andersrum", sagte der sechsjährige Jakob von der Evangelischen Kita Arche Noah in Mainz-Weisenau. Er habe verstanden, dass es um die Kindergärten gegangen sei. Die Details des Streits um Qualität im Parlament in Mainz seien ihm aber unklar geblieben. Die Vorschulkinder zeigten sich auf der Tribüne teils wohlerzogener als die Abgeordneten. "Die haben sich einfach unterbrochen", wunderte sich die sechsjährige Daya. Das sei nicht so höflich. Nikita (5) sagte: "Die haben geredet, wann sie wollen." Jakob wiederum monierte, manche Parlamentarier hätten ihre Redezeit trotz mahnender Glocke überzogen. Die SPD-Landtagsabgeordnete Bettina Brück vergaß nicht, den Besuch der Vorschulkinder folgendermaßen am Rednerpult zu kommentieren: "Das ist auch ein Zeichen dafür, was man an guter qualitativer Kita-Arbeit alles machen kann." dpaExtra

Die Landesregierung ist stolz und froh über einen Kompromiss, den sie mit den kommunalen Spitzenverbänden ausgehandelt hat. Städte und Gemeinden bekommen rückwirkend 25 Millionen Euro zur Kompensation der Investitionskosten für den Kita-Ausbau. Ferner leitet das Land 29 Millionen Euro Bundesmittel für die Flüchtlingspolitik an die Kommunen weiter. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer sprach von einem "Durchbruch", Ministerpräsidentin Malu Dreyer betonte, Land und Kommunen stünden in schwierigen Zeiten zusammen. Man werde auch weiterhin beim Bund auf mehr Geld für die Kommunen dringen. Anke Beilstein (CDU) kritisierte, es gehe nur darum, Jubelmeldungen zu verbreiten. Dabei gebe es nichts zu feiern, denn die Kommunen blieben auf hohen Kosten sitzen.fcg

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort