Landleben zwischen Fluch und Segen: Jugendliche diskutieren, was ihnen in der Vulkaneifel fehlt

Daun · Lahmes Internet, fehlende Freizeitmöglichkeiten: Auch wenn sich viele Jugendliche in der Vulkaneifel wohl fühlen, äußern sie Kritikpunkte. Bei einer Diskussionsrunde im Dauner Kino haben Teilnehmer über Ideen gesprochen, ihr Leben interessanter zu gestalten. Einige Gedanken könnten in die Tat umgesetzt werden.

Daun. Das Leben in der Vulkaneifel genießt und verflucht Benedikt Müller häufig. Der 21-Jährige wohnt in Daun-Rengen. Dort hat er viele Freunde und seine Familie. Denkt er über die Angebote für Jugendliche nach, schlägt er aber die Hände über dem Kopf zusammen. "Wenn sich bei Veranstaltungen was bewegt, wie bei Klassik auf dem Vulkan, sprechen die Events eher ein älteres Publikum an." Und die Internetverbindung bei ihm daheim? "Lausig."
Das soll sich ändern - und so setzt sich Müller für seine Rechte ein. Mit weiteren Jugendlichen sitzt er im Kino in Daun und diskutiert. Die Teilnehmer basteln mit an dem Konzept, mit dem sich die Vulkaneifel als Leader-Region bewerben und bis 2021 Fördergelder der EU erhalten will (siehe Extra).
Auch junge Menschen sollen sagen, was ihnen in ihrem Umfeld fehlt, was sie nervt, was sie sich wünschen. Aus den Meinungen sollen im besten Fall außergewöhnliche Projekte entstehen.Besonders fatal: Lahmes Internet



Eine Umfrage unter 250 Teilnehmern der Region zeige immerhin, so Stadtplaner Peter Jahnen: "Junge Menschen fühlen sich hier wohl." Die Gründe dafür zeigt er auf einer Präsentation: Natur, Ruhe, saubere Luft, Landwirtschaft, Dorfgemeinschaft und nette Menschen.
Zugleich fühlten sich Jugendliche durch Mängel abgeschreckt. Weite Entfernungen von Dorf zu Stadt, unzureichender Personennahverkehr, fehlende Freizeitmöglichkeiten. Und eben lahmes Internet, das für Jahnen besonders fatal ist. Weil viele junge Leute den Kontakt zu Freunden über Facebook und Skype halten - und künftige Arbeitskräfte verloren gehen.
"Wer über ein Fernstudium nachdenkt, braucht schnelles Internet für die Videovorlesungen. Ist das nicht vorhanden, ziehen die Leute fort." Sein Appell: "Hier muss was passieren." Sein Vorschlag, der darüber hinausgeht: Fachbereiche von Universitäten oder Hochschulen sollen in die Region gelockt werden. Ein Gedanke, der Landrat Heinz-Peter Thiel gefällt. "Wenn wir einen Kinosaal zum Vorlesungsraum umgestalten, bin ich dabei", sagt er lächelnd.
Dazu finden die Jugendlichen, dass die Vulkaneifel bei spektakulären Freizeitangeboten hinterherhinke. Benedikt Müller fehlt es an Bars, die Livemusik anbieten. "Und warum gelingt es nicht, auch mal bekannte Künstler in die Region zu locken?", fragt er.
Andere Teilnehmer wünschen sich so, bei öffentlichen Fragen stärker mitreden zu können. Nicht so sehr über den klassischen Weg der Jugendparlamente oder Ortsbeiräte - sondern auch mal interaktiv über eine gut gestaltete App, so der Tenor der Runde.
Besonders diese Idee fasziniert Alfred Bauer, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Vulkaneifel. Bis zum 31. März werde die Bewerbung als Leader-Region abgegeben - klappt alles, sollen bei Investitionen auch die Jugendlichen auf ihre Kosten kommen.Extra

Bereits von 2007 bis 2013 war die Vulkaneifel im Zusammenspiel mit den Landkreisen Cochem-Zell und Bernkastel-Wittlich bereits Leader-Region. Von 2015 bis 2021 möchte sie es wieder sein. Mit Fördermitteln der EU werden dabei Projekte zur ländlichen Entwicklung umgesetzt. Häufig dienen diese als erster Anschub, ehe private Gönner folgen. Flossen in dem damaligen Zeitraum beispielsweise 3,7 Millionen von der EU, machten alle Umsetzungen zusammen 11,5 Millionen Euro aus. Darunter war eine breite Palette an Ideen - vom Strohballenhaus in Gillenfeld bis hin zu Gästezimmern im Pilgerort Klausen. flor

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