Wo die Hilfe nur ein Lächeln kostet

Daun · Sie sind vor dem Krieg in Syrien geflohen, vor den Taliban in Afghanistan - und hoffen nun auf ein besseres Leben in Deutschland. Viele Flüchtlinge, die nun in der Vulkaneifel leben, brauchen Hilfe beim Neuanfang. Ein erster Anfang ist ein regelmäßiges Treffen im Haus der Jugend in Daun. Dort sitzen die Menschen mit Ehrenamtlichen bei Kaffee, Kuchen und Gesprächen beisammen.

Daun. Der Mann, der die Flucht vor den Taliban vergessen möchte, setzt sich auf ein Sofa und hält eine Tasse mit Tee in seiner Hand. Haroon Yusofi schaut mit leuchtenden Augen durch das alte Bahnhofsgebäude in Daun. Der Lärm um ihn herum stört ihn nicht. Die Stimmen. Das Klackern des Tischfußballs. Das Lachen einer Frau, die eben das Wort "Bügeleisen" gelernt hat. Yusofi lächelt. "Ich fühle mich wohl."
Vor wenigen Monaten war das anders. Da fürchtete der 30-Jährige in Afghanistan um das Leben von Frau und Kind. Als Dolmetscher war er für die Bundeswehr im Einsatz. Yusofi sagt: "Die Terroristen haben mich bedroht, weil ich für den Westen gearbeitet habe. Dafür schneiden sie Menschen die Kehle durch. Ich war nicht mehr sicher."
Nun lebt Yusofi mit seiner Familie in der Vulkaneifel. Und jeden Montag zieht es ihn ins Haus der Jugend. Dort treffen sich dann immer Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern - aus Eritrea, Syrien und dem Kosovo. Die Menschen sitzen zusammen, reden, naschen Kekse, trinken Tee. Sie spielen und lachen. Mehr als 20 Asylbewerber nutzen das Angebot. Die Idee dazu kam Rita Schmaus. Sie arbeitet bei der Dauner Tafel - und wollte was bewegen. "Mir ist aufgefallen, dass Menschen sehr isoliert leben und keine richtige Anlaufstelle haben."
Regelmäßiger Austausch


Ihr Einfall: ein regelmäßiger Austausch bei Kaffee und Kuchen. "Ich habe einfach was gestartet, ohne langes Reden und Zögern. Und es kommen immer mehr Leute", sagt Schmaus, die schon lange vor dem Treffen vor Ort ist, Waffeln auf den Tisch stellt und Namenszettel schreibt.
Für das Montagscafé gewann die Frau aus Daun viele ehrenamtliche Helfer.
Sie holen die Flüchtlinge mit Autos ab, bringen ihnen die ersten deutschen Wörter bei und haben ein offenes Ohr für die Geschichten der Menschen. "Es gibt viele Schicksale in diesem Raum", sagt Helmut Michels, der einem kleinen Mädchen ein Bilderbuch zeigt. Wenn Michels über das Treffen spricht, lächelt er. "Wir reden nicht, sondern tun was. Und innerhalb von wenigen Wochen sind wir zu einer Topadresse geworden."
Das findet auch ein Syrer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. "Ich will nicht zu identifizieren sein - auch wenn es von meiner Geschichte leider Tausende gibt", sagt der Mann, der am Billardtisch steht. Aus seiner Heimat floh er wegen des Krieges. "Ich hatte Angst, ein menschliches Schutzschild von Terroristen zu sein." Seine Eltern leben noch in Syrien. "Ich habe über das Internet Kontakt zu ihnen und mache mir Sorgen." Er hält kurz inne.
Dann stößt er mit dem Queue energisch gegen die weiße Billardkugel. Das Spiel ist eröffnet. Die Männer, die bei ihm stehen, lachen. "Es macht Spaß hier", sagt der IT-Spezialist, der sich mit seinen Ängsten im Haus der Jugend nicht alleine gelassen fühlt. Er lobt die Treffen. "Wir brauchen alle Hilfe. Hier bekommen wir sie. Und das Ganze kostet nicht mehr als ein Lächeln."Extra

Der offene Treff startet immer montags um 14 Uhr im Haus der Jugend in Daun. Er gründete sich aus einem ehrenamtlichen Antrieb, ohne Politik und Verbände. Flüchtlinge und Mithelfer tauschen sich dort in lockerer Atmosphäre aus und gehen aufeinander zu. Die Treffen organisiert und betreut anfänglich die Arbeitsgemeinschaft Jugend, die noch weitere Unterstützer sucht. Wer Interesse hat, kann sich per E-Mail an Rita Schmaus unter schmaus@t-online.de wenden. florExtra

Das Land rechnet für 2015 mit etwa 15 000 Flüchtlingen. Die Kreisverwaltung Vulkaneifel geht davon aus, dass sie in diesem Jahr bis zu 300 Menschen aufnimmt. Bereits im ersten Quartal wurden 100 Flüchtlinge neu zugewiesen. flor

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