Weideauftrieb auf dem Weidenfelder Hof – Ziegen und Esel grasen für das Projekt „Dauner Maarlandschaft“

Daun/Mehren · Es ist ein Bild wie in einem Bilderbuch: 44 glückliche Ziegen und drei Esel teilen sich ein 18 Hektar großes Weidegebiet. Ab und an kommt ein Wanderer auf dem Eifelsteig vorbei. Der Weideauftrieb auf dem Weinfelder Hof ist ein besonderer: Die Tiere fressen nicht nur, um satt zu werden, sondern auch um die Landschaft zu verschönern.

Weideauftrieb auf dem Weidenfelder Hof – Ziegen und Esel grasen für das Projekt „Dauner Maarlandschaft“
Foto: Klaus Kimmling

Das erste Mal - so sagt man - ist immer was Besonderes. Wie fühlt es sich an, das erste Mal über eine Wiese zu laufen, einen Baum zu sehen, Gras zu schmecken, an einer Baumrinde zu knabbern und den Frühling zu riechen?

Im ersten Moment etwas bedrohlich. Aus Angst vor der Freiheit kauern sich die vier kleinen Zieglein in den Anhänger der Bauern Leo und Jan Kordel. Gerade noch kuschelten die vier mit ihren Ziegenmamas zwischen Daun und Mehren auf dem Weinfelder Hof im Stroh. Jetzt sollen sie zum ersten Mal auf die Weide. "Die kennen noch kein Draußen," sagt Jan Kordel und schiebt die vier kurzerhand aus dem Hänger auf die Wiese.

Das ist so aufregend, dass die vier Monate alten Ziegen laut blökend unkoordiniert hin und her hüpfen, auf die Wiese pinkeln, bevor sie wieder in die sichere Nähe ihrer Mütter rennen. Aber schon nach kurzer Zeit haben sie Gefallen an der Freiheit gefunden - noch etwas unbeholfen knabbern sie an kleinen Stöckchen, probieren das grüne Gras.
Gemeinsam mit 39 weiteren Burenziegen und einem Bock haben sie am Mittwoch die Weidesaison am Weinfelder Maar eröffnet. Schnell bilden sich auf der Weidefläche, wie auf einem Schulhof, kleine soziale Grüppchen.

Die einen beginnen sofort mit dem, weshalb sie hier sind: Sträucher und kleine Äste abreißen und fressen. Andere liegen entspannt in der Sonne. Wieder andere schlagen Köpfe und Hörner aneinander, um zuerst einmal die Machtverhältnisse auf der 18 Hektar großen Weidefläche zu klären.

Doch mit der geselligen Ruhe ist es vorbei, als die Esel kommen. Babette, Suzanne und Cadichon kennen die Wiese noch von vergangenem Jahr. Und dann, nach etwa fünf Monaten im Stall, können sie es kaum erwarten. Besonders die braune Eselin Babette kann ihre Freude nicht zügeln. Mit einem lauten Freuden-IiiiAaaaa läuft und springt das Tier über die Wiese. Schlägt Haken wie ein Hase, bäumt sich auf und wirbelt die Ziegenherde durcheinander.
Eigentlich seien die drei Esel sehr umgänglich, versichert Leo Kordel. Das müssen sie auch, denn durch die Weidewiese der Ziegen und Esel verläuft der Eifelsteig, der an einem so sonnigen Tag wie diesem viele Wanderer anlockt.
Seit letztem Jahr weiden Ziegen und Esel gemeinsam auf dem riesigen Gelände. Im Sommer 2014 waren es 30, jetzt sind es 44. Der Naturschutzbund (Nabu) Daun und die Stiftung Schalkenmehrener Maar haben jeweils zehn Ziegen gespendet.
Die sollen im Rahmen des Projekts "Dauner Maarlandschaft" (siehe Extra) die Fläche freihalten. "Wir konnten diese Aufgabe allein nicht meistern, deshalb mussten wir uns Hilfe von Profis holen," sagt Sepp Wagner, Vorsitzender des Nabu Daun und meint mit den Profis die Tiere. Die Aufgaben sind klar verteilt: Die Esel kümmern sich darum, dass die Wiese schön flach bleibt, die Ziegen nagen Gestrüpp und Büsche weg und die Sicht auf die Landschaft frei. So können die Wanderer, die den Eifelsteig entlang spazieren, den ungetrübten Blick auf die Maare und das weite Umland mit seinen Feldern und Wiesen genießen. So wie Maria Louisa Fingerhut und ihr Enkel Jules Docx aus Belgien.

Die beiden wandern schon zum zweiten Mal in der Eifel und schießen auch gleich ein Erinnerungsfoto mit den kauenden tierischen Gärtnern. "Uns gefällt es hier so gut, die Landschaft ist toll und die tierischen Wanderbegleiter etwas ganz Besonderes," schwärmt Maria Louisa Fingerhut, packt ihren Wanderstock und setzt den Weg durch die friedliche Bilderbuch-Landschaft fort. Die Sonne erwärmt die Luft in diesen späten Vormittagsstunden bereits auf über 20 Grad, der blaue Himmel ist wolkenlos, die Luft klar und ruhig.

So friedlich wie in diesem Moment war es aber nicht immer auf dem Gelände oberhalb des Weinfelder Maars. Im vergangenen Jahr entdeckten einige Füchse die Ziegenherde als neue Futterquelle und rissen vier Neugeborene. In diesem Jahr soll so etwas nicht mehr passieren: "Die trächtigen Tiere kommen, kurz bevor sie werfen, auf den Hof und bleiben dort etwa eine Woche, bis der Nachwuchs groß genug ist," sagt Leo Kordel.

Den Hof betreibt der gut gelaunte Landwirt seit 1998 gemeinsam mit seiner Frau Sea und seinem Sohn Jan. Zu dem Hof gehören auch noch einige Kühe, die aber an diesem Tag nur zuschauen und nicht auf die Weide dürfen. Jede neue Ziege ist wichtig. In einem Jahr will Familie Kordel mit Unterstüzung der 20 gesponserten Ziegen etwa 100 von den freundlichen Tieren run um das Weinfelder Maar ansiedeln.

"Wir können mit diesen Tieren momentan noch nicht alle Flächen offen halten," erklärt Gerd Ostermann, Biotopbetreuer des Landkreises Vulkaneifel. Deswegen sind besonders weibliche Ziegen unverzichtbar. Denn die sorgen für den Nachwuchs. Die männlichen landen im Kochtopf, im Backofen oder auf dem Grill von Marita Mölder vom Hotel Schneider am Maar in Schalkenmeeren. "Die Burenziege ist besonders fleischig, muskulös und hat zartes Fleisch," schwärmt die Gastwirtin.

An diesem vorsommerlichen Tag dürfen sich aber alle Tiere, egal ob männlich, ob weiblich, an ihrem Leben, dem frischen Gras und den zarten Trieben erfreuen. Nachdem Eselin Barbette ihren Freudentanz beendet hat, kehrt auch schnell Normalität auf der Weidewiese ein.

Und bevor die Mittagssonne so richtig brennt, verziehen sich schon ein paar der Ziegen in den Schatten der Sträucher und Bäume. Denn: Auch Ziegen können Sonnenbrand bekommen.

Weitere Informationen im Internet unter:
www.nabu-daun.de
www.dlr-eifel.rlp.de
www.vulkaneifel.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort