Vor 20 Jahren: Daun entgeht einer Katastrophe - Lastwagen rast im April 1995 durch die Innenstadt

Daun · In der Dauner Stadtgeschichte ist der 20. April 1995 ein besonderer Tag. Die Schreckensfahrt des Fahrers eines Lastwagens aus Belgien durch die Stadt verursachte zwar großen Sachschaden, aber es gab glücklicherweise kaum Verletzte.

Vor 20 Jahren: Daun entgeht einer Katastrophe - Lastwagen rast im April 1995 durch die Innenstadt
Foto: Stephan Sartoris (sts) ("TV-Upload Sartoris"

Daun. "Ich habe damals im Laden gestanden und das ganze Drama unmittelbar miterlebt", erinnert sich Dieter Partsch noch gut. "Das ganze Drama" ereignete sich an einem Tag, an dem Daun nur knapp einer Katastrophe entging. Donnerstag, 20. April 1995, kurz nach 11 Uhr: Am Ortseingang der Kreisstadt aus Richtung Dockweiler beginnt die Irrfahrt eines Volvo-LKW aus Belgien.
Der Fahrer, unterwegs von St. Vith nach Koblenz, hat nach eigener Aussage bereits an der Ausfahrt zum Feriendorf Dronkehof gemerkt, dass die Bremsen versagen.
Er kann noch zwei Gänge runterschalten, dann aber gerät der mit Stahlträgern beladenen Laster (40 Tonnen Gesamtgewicht) außer Kontrolle. Er überquert mit hohem Tempo die Kreuzung Dockweiler-/Bitburger-/Bonnerstraße, wo damals noch eine Ampel stand.
Er streift das erste Fahrzeug, kommt noch an ein paar Wagen vorbei. Aber dann schleudert das schwere Gefährt laut Augenzeugen parkende Autos wie "Pappschachteln" links und rechts zur Seite. Auch Blumenkübel und Sperrpfosten sind kein Hindernis.
Die Dauner Haupteinkaufsstraße führt stetig bergab, was der ausländische Fahrer nicht weiß. Er rast auch über das gesperrte Straßenstück am Hallenbad. Mehrmals versucht der Fahrer, seinen Lastwagen zum Halten zu bringen. So will er auf eine Verkehrsinsel fahren, was aber nicht gelingt, weil ein Passant gerade dort vorbeiläuft. Auch am Haus Hunz an der Zufahrt zur Burg, in dem sich ein Handarbeitsladen, das Wollstübchen" befindet, will der Fahrer abbremsen.
Aber er reißt nur die Ecke des Gebäudes weg und rollt weiter. Ladenbetreiber Dieter Partsch erinnert sich: "Urplötzlich ein höllischer Lärm. Reflexartig habe ich zwei Kundinnen weggezogen, denen ich vermutlich so das Leben gerettet habe."
20 Jahre - bis 2007 - betrieb er gemeinsam mit seiner Frau das Geschäft. Die Zeit nach dem Unfall hat der 76-Jährige in ganz schlechter Erinnerung. "Wir hatten arge Schwierigkeiten mit der Regulierung durch die Versicherung. Wir sind damals ganz schön hängen gelassen worden."
Direkt gegenüber seinem damaligen Laden liegt das Café Schuler. Inge Schuler steht am 20. April 1995 mit einer Mitarbeiterin im Laden, als sie ein ungewöhnliches Geräusch hören, "als wenn ein Zug käme". Sie laufen raus, um zu schauen, was los ist, da schießt schon der Lastwagen vorbei. 20 Jahre ist es zwar schon her, aber Inge Schuler kann noch sehr detailliert berichten vom damaligen Geschehen. "Das werde ich auch nie vergessen. Ich habe noch heute dieses Geräusch im Kopf."
Wenige Meter hinter dem Handarbeitsladen endet die Schreckensfahrt durch Daun: Der 40-Tonner bleibt im Modegeschäft der Familie Even stecken. Der Fahrer kappt die Dieselzufuhr, um den Motor abzuwürgen.
1,2 Millionen Mark Schaden

 Das Modehaus Even heute. TV-Foto: Stephan Sartoris

Das Modehaus Even heute. TV-Foto: Stephan Sartoris

Foto: Stephan Sartoris (sts) ("TV-Upload Sartoris"


Andreas Even ist an diesem Morgen nicht im Geschäft. Er ist unterwegs, bei der Rückkehr nach Daun muss er an der gesperrten Gartenstraße anhalten. Und wird dort gewarnt: "Mir wurde gesagt: ,Herr Even, bei Ihnen ist was passiert\'. Aber natürlich hatte ich da noch keine Vorstellung davon, was tatsächlich geschehen ist." Als er sieht, was passiert ist, "war es für mich ein echter Schock."
Die Bilanz: Verletzt werden sieben Menschen, die in gerammten Autos saßen oder die von fliegenden Brocken getroffen wurden. Der Fahrer ist wegen einer Dieselvergiftung ein paar Tage im Krankenhaus.
Den Sachschaden schätzt die Polizei auf 1,2 Millionen Mark. In Daun herrscht aber trotz der Schäden durchweg Einigkeit: Wie durch ein Wunder ist nicht mehr passiert. "Das hätte auch ganz anders ausgehen können", sagt Inge Schuler. So sieht es auch Heinz Mengelkoch, der damalige Dauner Stadtbürgermeister. "Man stelle sich nur vor, damals wäre Markttag gewesen. Nicht auszudenken, was dann hätte passieren können." Deshalb wertet er das Geschehen von damals - trotz des beträchtlichen Sachschadens - als "Glück im Unglück".
In den Tagen darauf kehrt in der Kreisstadt wieder Normalität ein, allerdings nicht bei den besonders Geschädigten wie Andreas Even.
Wie bei Dieter Partsch erinnert er sich noch an die schwierige Abwicklung mit der Versicherung. "Es war eine wirtschaftlich bedrohliche Situation für uns. Die Kreissparkasse hat in der schwierigen Zeit nach dem Unfall den Rücken freigehalten und so ermöglicht, dass wir bis heute im Geschäft sind."
Liebe Leser! Haben Sie noch Fotos von damals? Oder besondere Erinnerungen an den 20. April 1995? Dann schicken Sie uns Ihre Fotos oder ein paar Zeilen, was Sie damals erlebt haben, an eifel-echo@volksfreund.de (Name und Wohnort bitte nicht vergessen).

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