Jugendliche suchen ihre Rolle im Internet

Trier · Ein professionelles Schauspielerteam hat in Trier Theaterstücke aus dem Jugend-Schreibwettbewerb "Die Irokesen" aufgeführt. Schüler aus vier Ländern der Großregion hatten Texte entworfen, die für die Bühne weiterentwickelt wurden.

 Szene aus dem Stück „Don't like it“: Eine Jugendliche bringt sich durch freizügige Fotos von sich in Schwierigkeiten. TV-Foto: Friedemann Vetter

Szene aus dem Stück „Don't like it“: Eine Jugendliche bringt sich durch freizügige Fotos von sich in Schwierigkeiten. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Zwei Cowboys. Zwei Indianer. Sie reiten auf ihren unsichtbaren Pferden durch die Prärie und plaudern im Stil von Kommentaren in sozialen Netzwerken wie Facebook: zusammenhanglos, extrem-radikal, belanglos. Die Liste der Kommentare wird bei Facebook und Co. oft zum Sammelsurium an abstrusen Aussagen über die Gesellschaft.
Die anonymen Wortkrieger reiten auf der Bühne über die Internetprärie und besiegen sich am Ende in einem Showdown der Selfies (Selbstporträtfotos) gegenseitig. Viele Diskussionen im Internet enden ähnlich in einem sinnlosen Wortgemetzel.
Das Thema des Projekts "Die Irokesen" ist die Kommunikation im Internet im Allgemeinden, insbesondere über soziale Medien. Die Schüler beschäftigten sich mit einer Textzeile aus Jean Racines Werk "Phädra": "Dich flieh ich, wo du bist; dich find\' ich, wo du fehlst."
Leider rücken die Stücke eher die negativen Seiten von Facebook und Co. in den Vordergrund und klingen stellenweise wie eine Predigt. Die Gefahr der sozialen Medien, das Internet als gefährliches "Neuland", die "Datenkrake" Facebook: Alle diese Themen sind bereits umfassend behandelt worden. Und doch überzeugt die Darstellung mit ihrer zeitweiligen Heftigkeit. Das Stück "Don\'t like it" ("Mag es nicht") etwa zeichnet die Geschichte einer Jugendlichen, die ohne über eventuelle Konsequenzen nachzudenken, einem fremden Mann ein Foto ihrer entblößten Brüste schickt. Scheinbar aus Langeweile an ihrem derzeitigen Freund bringt sie sich in eine brenzlige Situation. Zum Schluss gibt es kein Happy End.
Interessant ist die Darstellung der "digital natives", der Generation, die mit vielen technischen Neuentwicklungen aufgewachsen ist. Hektisches Tippen, Selfies, Likes (Gefallensbekundungen), Beliebtheit: Das sind die Angelpunkte im Leben der Jugendlichen.
Das Stück der Schüler des Angela-Merici-Gymnasiums aus Trier, "Wer bin ich?", erforscht die dunklen, tiefen Abgründe der Menschheit. Ein Mann mit Gedächtnisschwund und eine Frau, eine Buchstabenreihe: AGVLGH. Eine mysteriöse Szenerie entfaltet sich. Völlig überraschend kommt die Ansage, dass der Serienmörder "Agevelg" sein Unwesen treibt. Die sozialen Medien sind bei diesem Stück zwar nur Beiwerk, aber es wirkt dennoch.
Die Vereinigung Total Théâtre organisierte den Schreibwettbewerb. Schüler aus Trier, Thionville, Luxemburg, Lüttich, St. Vith und Saarbrücken schrieben die Texte. Regisseurin Marion Rothaar, Autorin Christina Girten und eine Schauspieltruppe brachten die Stücke auf die Bühne des Theaters Trier. Schauspieler Mathias Weiland sagt: "Die Schwierigkeit bestand darin, die verschiedenen Stücke zu einem Ganzen zusammenzuführen. Es brauchte eine gemeinsame Linie. In diesem Fall waren das die Identität und der Verlust dergleichen." pfed

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