Einst acht Bauernhöfe, heute 6700 Einwohner

Trier-Tarforst · Lange Geschichte, aber nur wenige Zeugnisse, die überdauert haben: Der Maximinerhof als ältestes erhaltenes Bauwerk steht seit noch nicht einmal 430 Jahren, sein Name verweist aber auf Ursprünge. Tarforst gehörte einst zur Trierer Abtei St. Maximin. Die erste schriftliche Erwähnung von "Centarbers", so der ursprüngliche Name, stammt von 1135.

Trier-Tarforst. Falls die Tarforster 2035 das 900-jährige Bestehen ihres Ortes feiern und eine Chronik veröffentlichen wollen, sollten sie rechtzeitig Kontakt mit der Pariser Nationalbibliothek aufnehmen. Denn dort befindet sich das Original der "Geburtsurkunde", der erstmaligen schriftlichen Erwähnung. Die erfolgte anno 1135 im Urbar (Güterverzeichnis) der Trierer Benediktinerabtei St. Maximin. Mit dieser Urkunde des Grafen Konrad von Luxemburg werden seine Rechte als Vogt der Abtei St. Maximin bestätigt. Und zu deren Besitztümern gehörte Centarbers, eine Siedlung mit wohl schon römischen Wurzeln am Hang des Heidenberges vier Kilometer östlich der Trierer Altstadt.
Eine Abschrift der Urkunde gibt es in Berlin, über spätere Zeugnisse verfügt das Stadtarchiv. Zum Beispiel das mehrere tausend Seiten umfassende, sogenannte Archivium Maximinianum (StB). In Band 13 finden sich zahlreiche Abschriften aus dem 17. Jahrhundert zu mittelalterlichen Tarforster Urkunden, Weistümern (historischen Rechtsquellen) und Besitzungen. Wer nach "Tarforst" sucht, wird darin nicht fündig. Im 12. Jahrhundert hieß die Siedlung Centarbers, anno 1215 umfasste sie acht Bauernhöfe. Woher der Name kommt, ist nicht abschließend geklärt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit leitet er sich vom lateinischen "centum arbores" (hundert Bäume) ab. 1484 ist von Tarbrost die Rede, im 16. Jahrhundert heißt es Tarbourst.
Damals gab es nördlich von Tarforst noch einen weiteren Ort, Matten, der im 13. Jahrhundert aus neun Bauernhöfen besteht, im 17. Jahrhundert aber sprichwörtlich von der Bildfläche verschwindet. Matten wird von seinen Bewohnern aufgegeben und zur Wüstung. Das letzte Überbleibsel, der Mattenerhof, wird vor dem Ersten Weltkrieg abgerissen.
Bemerkenswert: Nur wenige hundert Meter entfernt liegt eine weitere Wüstung: Beningen. Dieser Ort gehörte einst zur Trierer Abtei St. Irminen und geht ebenfalls unter. Warum, ist weder in dem einen noch dem anderen Fall klar, aber auch nicht gänzlich ungewöhnlich. Im Trie rer Land gibt es Dutzende Wüstungen, aber nur wenige liegen so dicht beieinander wie Matten und Beningen.
Über viele Jahrhunderte gehört Tarforst zur Reichsabtei St. Maximin, einem der ältesten und einflussreichsten Klöster auf heutigem deutschen Boden. Erst unter Napoleon hört die Kirchenherrschaft auf. Der Herrscher über Frankreich, zu dem damals auch die linksrheinischen Gebiete des Kurfürstentums Trier gehörten, verstaatlicht kirchliche Besitztümer. Das erklärt auch, warum viele besonders wertvolle Urkunden wie die Maximiner von 1135 in die Pariser Nationalbibliothek gelangen.
Der Maximinerhof (Grundsteinlegung: 1586), der einstige Verwaltungssitz der kirchlichen Herren, kommt nach der Säkularisation in private Hände. Er dient heute immer noch als Wohnhaus und ist das älteste Baudenkmal in Tarforst. Die Andreaskapelle ist erst 235 Jahre alt und ein Symbol für wenigstens zeitweilige Selbstständigkeit. Dass in der Franzosenzeit Tarforst sowohl zur Bürgermeisterei als auch zur Pfarrei Irsch kam, wollten die frommen Einwohner nicht dauerhaft hinnehmen. Legendär ist der "Loskauf" von Irsch: 1925 zahlte die Tarforster Kapellengemeinde 8750 Reichsmark und war fortan von allen Verbindlichkeiten gegenüber der Mutterpfarrei befreit.
Reiche Ex-Grundbesitzer


Nicht minder legendär ist ein epochaler großer Deal aus der jüngeren Vergangenheit. Viele Dorfbewohner lassen sich die Zwangseingemeindung nach Trier (1969) vergolden, indem sie ihre Äcker und Wiesen zu sagenhaften Preisen ans Land verkaufen, das die Tarforster Flur als Universitätsstandort auserkoren hat. 22 Mark zahlt Mainz pro Quadratmeter, wer lange genug pokert, erhält 30 Mark. Viele reich gewordene Ex-Grundbesitzer hängen ihren Landwirts-Job an den Nagel. Mit der Uni kommen auch die "BU"-Neubaugebiete, wobei BU für Baugebiet Universität steht.
Bei der Eingemeindung zählte Tarforst gut 800 Einwohner, heute sind es etwa 6700. So richtig zusammengefunden haben das Altdorf und die gegenüberliegende Seite noch nicht so recht. Die viel befahrene Landesstraße 145 (Kohlenstraße) wirkt wie eine Demarkationslinie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort