Anmut, Schönheit und der Wahnsinn

Trier · Meisterhafte Akrobatik, mitreißende Action, atemberaubende Demonstrationen weiblicher Anmut und Schönheit - mit dem etwas anderen Zirkus Flic Flac und seiner Jubiläumsshow "Höchststrafe" kann man definitiv einen Abend verbringen. Und komisch ist das Ganze auch noch.

Trier. Dieser Typ muss doch wirklich völlig daneben sein. Im Schottenrock tänzelt er die Zuschauerreihen entlang und scheint sich selbst so witzig zu finden, dass er ein Dauergrinsen im Gesicht trägt. Seine Jonglage ist eher eine Parodie, seine Zauberkunststücke eine Farce. Und dennoch: All das wird zu großartiger Comedy, die viele der Zuschauer im Flic-Flac-Zelt vor Lachen fast von den Sitzen fallen lässt. Denn der Schottenrockträger heißt Steve Eleky. Er ist ein Star im Flic-Flac-Programm. Zu Recht, denn Eleky ist einer der Besten seines Fachs.Drahtseilakt der Nerven


Wer in klassischen Zirkusbegriffen denkt, würde Eleky und seinen nicht weniger komischen Kollegen Hubertus Wawra, den mit Feuer spielenden und gegen jede Benimmregel verstoßenden Master of Hellfire, als Clowns bezeichnen. Doch das Wort Zirkus ist ein Euphemismus für den Drahtseilakt der Nerven und Sinne, den Flic Flac seit der Gründung 1989 seinen Zuschauern ermöglicht. Keine Tierdressur, keine dreifachen Salti am Trapez, keine bunten Clownsgesichter. Stattdessen sitzt der Besucher mitten in einer Explosion von Leistungen, die eher zum modernen Actionkino gehören. Nur sind es hier keine Tricks. Alles ist live und echt.
40 Artisten von Weltrang, viele von ihnen mehrfach ausgezeichnet, treten für Flic Flac an. Statt klassischer Drehorgelmusik donnert Rammstein aus den Boxen, der Großteil der Musik kommt allerdings live von der unterm Zeltdach schwitzenden Band. Die aktuellen mörderischen Außentemperaturen würden aus dem Flic-Flac-Zelt eine Sauna machen, aber eine in dieser Größenordnung deutschlandweit einzigartige Klimaanlage entschärft die Situation.
"Höchststrafe" heißt die Show. Deshalb ist die Manege ein Knast, die Artisten sind Gefangene. Das Leben im Knast ist hart und gefährlich. Das Leben bei Flic Flac auch. Ein Sekundenbruchteil Unaufmerksamkeit bedeutet Lebensgefahr. Das Airtrack-Team zeigt meterhohe Sprünge bei enormem Tempo. Ihre einzige Sicherheit ist die Matte, die sie auffängt. Sie wirkt klein.
Nicolai bewegt sich am Trapez in zwölf Metern Höhe mit einer Souveränität, als sitze er auf einer Wohnzimmercouch. Ein Netz gibt es nicht. Das Publikum im Zelt ist schon in der ersten Hälfte der Premiere am Donnerstagabend elektrisiert.
Doch Tempo ist nicht alles. Larissa Kastein ist die Tochter des Flic-Flac-Gründers Benno Kastein. Mit fünf Jahren trat sie zum ersten Mal auf. Heute ist sie 28. Es herrscht wenig Bewegung im Zelt, als sie wie eine Schlange an der Chinese Pole, einer senkrechten Stange, hochgleitet. Erst als diese unglaubliche Nummer vorbei ist, bewegen sich viele wieder und wirken, als hätten sie geträumt. Die Männer vor allem.
Der absolute Wahnsinn kommt am Schluss. Der Globe of Speed ist seit vielen Jahren ein Markenzeichen von Flic Flac.
Die Drahtgitterkugel wird zur Rennstrecke für neun wahnsinnige Biker, die darin mit 70 Stundenkilometern Runden und Loopings drehen. Gleichzeitig. Der Abstand zwischen den Maschinen beträgt Zentimeter. Ein Fehler, und der Globe verwandelt sich in ein Inferno aus glühendem Metall.
Das Publikum beginnt wieder zu atmen, als die Nummer vorbei ist - und hört sofort wieder damit auf, als die erste Maschine aus dem Hauptgang zwischen den Zuschauerreihen geschossen kommt und über den Globe fliegt. Die Fahrer zeigen die für Freestyle Motocross typischen Kunststücke wie Handstand und Rückwärtssalto. In 14 Metern Höhe.
Die Show ist vorbei. Die Zuschauer erheben sich, applaudieren und jubeln minutenlang. Das war kein Zirkus, scheinen sie zu sagen. Das war Wahnsinn.
Flic Flac gastiert bis Sonntag, 12. Juli, in Trier. Werktags läuft eine Vorstellung, 20 Uhr, an den Wochenenden gibt's zwei, samstags um 16 und um 20 Uhr, sonntags 15 und 19 Uhr.
Tickets gibt es unter der Adresse www.flicflac.de
und an der Abendkasse.

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