"Ich mach dich fertig"

Prüm · Bedrohung, Beleidigung, versuchte Nötigung - und ein ganzer Ast mit weiteren Beschuldigungen: Das Amtsgericht Prüm hat gestern einen 51-jährigen Mann zu einem Jahr Freiheits- und 2000 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er zahlreiche Bürger seines Heimatorts und anderer Dörfer drangsaliert haben soll.

Prüm. "Es war höchste Eisenbahn, dass wir uns hier mal treffen", sagt Amtsrichter Jan Keppel in der Verhandlung gegen den 51 Jahre alten Mann aus einem Dorf im Oberen Kylltal. Das Fass sei ja doch irgendwann übergelaufen.
Kann man so sagen. Und es hat zu einem Sturzbach von Anzeigen geführt: Eine ganze Reihe von Beleidigungen der härtesten Sorte wirft man dem Angeklagten vor, der ohne Anwalt erschienen ist. Er soll etliche Menschen bedroht und genötigt haben, hinzu kommen ein Hausfriedensbruch und weitere Verstöße.
Zehn Anklagepunkte werden verhandelt, auf Nachfrage von Richter Keppel räumt der 51-Jährige ein, dass das "in Auszügen" stimme. Wie sich später herausstellt, versteht er darunter allerdings sehr kleine Auszüge.
Die Beleidigungen, die man ihm vorwirft, sind von ausgesucht übler Art: Eine der Zeuginnen lasse sich "von jedem im Dorf ficken", sie sei eine "doofe Tablettträgerin", einer anderen gegenüber soll er gerufen haben, er werde sie auch "ficken" und "fertigmachen", eine weitere sei "zu doof, um Krankenschwester zu werden", der Nächste "ein dreckiges Legasthenikerschwein", jemand anderes, den er in einem Hillesheimer Supermarkt mehrfach stellte, sei "ein fettes Schwein" und ein "fauler Hund", wiederum ein anderer "das größte Arschloch" im Dorf.
Der Satz "ich mach dich fertig" wird mehrfach zitiert. Er löst Angst aus, vor allem bei der 87 Jahre alten, auf einen Rollator angewiesenen Nachbarin des Angeklagten, während dieser behauptet, sich von der alten Frau bedroht zu fühlen, weil sie immer vor dem Haus auf der Bank oder drinnen am Fenster sitze und rüberschaue. Die erste Zeugin (von insgesamt zwölf) ist deren 52-jährige Tochter. Die Mutter ist krank und kann nicht aussagen.
Angst und Panik im Dorf


Aber auch die Tochter und der später vernommene Bruder haben einiges mitbekommen - so sei der Angeklagte in das Haus der Mutter eingedrungen, obwohl ihm das verboten gewesen sei und habe weitere Drohungen von sich gegeben - darunter auch die Ankündigung, er werde dafür sorgen, dass die Mutter "noch in diesem Jahr" auf dem Friedhof lande. Die übrigen Zeugen bestätigen alle Vorwürfe in detailreicher Ausführlichkeit, während der 51-Jährige alles abstreitet. Auch das "Wort mit F" benutze er nie, höchstens mal "in einer Männerrunde".
Ein weiterer Vorwurf: Dass er eine der Zeuginnen aus dem Auto heraus bedroht habe und ihr dabei mit seinem Wagen sehr nah gekommen sei, und zwar auf der linken Straßenseite. Zu weiteren Vorfällen kam es auf dem Prümer Hahnplatz, die dazu führten, dass eine Zeugin "in Panik" mit ihrem Mann den Platz verlassen habe. Anderen gegenüber soll er behauptet haben, sie dürften ihn ruhig schlagen, "dann lass ich mich fallen", und dann bekomme er "die Rente". Er mache einfach "auf Psycho", dann könne ihm keiner was.
Was ihm darüber hinaus gar nicht zugute kommt: Er hat in den vergangenen Wochen auch das Gericht schon mehrfach beschäftigt - mit Anrufen, die ebenfalls in "Schreierei" (Keppel) und wüsten Sprüchen gegenüber Gerichtsmitarbeiterinnen resultierten. Und der Umstand, dass er permanent die Zeugen mit Gelächter, Prusten und anderen Einwürfen zu beeinflussen versucht, trägt ihm beinah ein Ordnungsgeld ein.
Für den 51-Jährigen wiederum ist alles ganz einfach: Man gönne ihm im Dorf einfach seinen "Erfolg" nicht. Immerhin kenne er etliche Prominente (wie Heino oder Dieter Bohlen) und stehe in bestem Kontakt zu RTL, wo er an der Sendung "Bauer sucht Frau" teilnehmen wolle. Alles nur, um sein Dorf "national bekannt" zu machen und seinen Betrieb zu vermarkten. Und überhaupt, er sei sozial sehr engagiert und habe auch den Familien der Zeugen, die nun gegen ihn aussagten, schon allerhand Geschenke gemacht. Ansonsten weist er alle Vorwürfe zurück, auch wenn er zumindest allgemein bekennt, "Fehler gemacht zu haben".
Am Ende der turbulenten zweieinhalb Stunden fordert Staatsanwalt Klaus Pallien eine einjährige Freiheitsstrafe, auszusetzen auf drei Jahre Bewährung, und eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro, zu zahlen an eine gemeinnützige Einrichtung. Er habe sich jetzt "einige Stunden lang etwas anhören müssen, was nicht hätte müssen sein", von Reue beim Angeklagten "habe ich nichts bemerkt".
Keine Zweifel an der Schuld


Außerdem bestehe kein Zweifel, dass man heute "nur die Spitze des Eisbergs" verhandelt habe. Der Angeklagte, das sei ganz deutlich geworden, sei "in allen Fällen schuldig". Letztes Wort des Angeklagten: Es tue ihm leid, was passiert sei, "ich gelobe auf jeden Fall Besserung".
An die aber glaubt Richter Keppel nicht so recht - und bestätigt die Einschätzungen des Staatsanwalts in allen Punkten: Er verurteilt den Angeklagten zu exakt der Strafe, die Pallien gefordert hat. Dabei könne der 51-Jährige doch froh sein, in einem Dorf zu leben, wo man miteinander spreche und sehr lange gewartet habe, bis die erste Anzeige erstattet wurde. Fehler? Nicht einen habe er zugegeben, nichts aus der Vergangenheit gelernt, sagt Keppel. Ergo: "Wenn einer meint, er könne uns verarschen und für dumm verkaufen, dann kriegt er die volle Packung." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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