In eigener Sache: Hilfe hat ein Gesicht

Trier · Die Flüchtlingszahlen kann man schätzen, auch wenn man sich lange verschätzt hat. Die Zahl der fremdenfeindlichen Übergriffe, der Brandanschläge und Aufmärsche vor Asylbewerberunterkünften kann man zählen. Die Hetze im Internet, größtenteils anonym, brandet am stärksten auf, wenn sich Politiker oder Prominente für Flüchtlinge einsetzen. Auch das ist schon fast wieder berechenbar.

Die Rechtsextremen organisieren sich überwiegend im Netz und finden in Städten und Dörfern im Umfeld von Asylbewerberunterkünften regelmäßig willige Schafe, die ihnen nachblöken und Gewalt in Kauf nehmen.

Und jeder Tag bringt neue Nachrichten über Tod und Elend auf den Fluchtrouten, Hasstiraden, Randale und Pöbeleien gegen Asylsuchende an ihrem (vorläufigen) Ziel. Gottseidank auch neue Nachrichten über die Empörung darüber. Aufstand der Anständigen, Willkommenskultur, null Toleranz gegenüber Menschenfeinden - klare Ansagen sind wichtig in dieser Zeit. Aber gerade große Worte, so aufrichtig sie gemeint sein mögen, nutzen sich auch sehr schnell ab.
Und diese Empörung hat auch noch eine andere Seite. Je aufgeregter sie daherkommt, desto mehr fühlen sich jene geadelt, denen sie gilt. Es macht sie viel größer und bedeutender, als sie sind. Ein Beispiel: Kaum hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel bei seinem Besuch in Heidenau die Randalierer und Mitläufer als Pack bezeichnet, skandierten bei einer Visite der Kanzlerin am selben Ort Extremisten voller Häme: ,,Wir sind das Pack." Die öffentliche Aufmerksamkeit war ihnen gewiss. Genau das war ihr Ziel.

Sich gegen immer hemmungsloser auftretenden Rassismus stemmen und trotzdem nicht provozieren lassen, geht das überhaupt? Ja, das geht.

Das zeigen die vielen, die nicht lange diskutieren, sondern handeln. Die sich freiwillig in der Flüchtlingshilfe engagieren und damit ein viel stärkeres politisches Signal aussenden, als jeder noch so geschliffene Appell es vermag. Die, die sich hineinbegeben in die Notunterkünfte oder bei deren Aufbau helfen. Die, die auf Flüchtlinge zugehen, statt zu verleumden und zu diffamieren. Die, die sich als Mittler zu den Behörden anbieten. Die, die Unterbringung mit organisieren. Die, die sich um Kleiderspenden, deren Sichtung und Verteilung kümmern. Die, die privaten Sprachunterricht erteilen. Die, die einfach da sind und anpacken, wo sie gebraucht werden.

Ihre Zahl ist zigmal größer als die der dumpf-deutschen Hassprediger. Und doch werden sie kaum bemerkt, weil sie sich nicht in den Vordergrund spielen.

Der Trierische Volksfreund will denen, die ohne Attitüde das Richtige tun, ein Gesicht geben. Von kommendem Samstag an stellen wir über mehrere Wochen hinweg täglich eine(n) von ihnen auf dieser Seite vor. Wir werden dabei nicht das Pathos der Barmherzigkeit bemühen. Wer hilft, hat eine Idee von der Gesellschaft, in der er leben will, hat eine Haltung. Wir werden darüber berichten, wie und wo Freiwillige sich für Asylsuchende einsetzen, was sie antreibt und ob sie dabei noch Unterstützung brauchen. Wer selbst Gesicht zeigen oder Vorschläge zu Dritten machen möchte, ist uns herzlich willkommen.

Chefreporter Rainer Neubert koordiniert die Serie. Kontakt 0651/7199-440 oder r.neubert@volksfreund.de

Isabell Funk,

Chefredakteurin

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