Neue Spuren von Cäsars Truppen: Archäologen erkunden erneut die Fundstelle des Römerlagers in Hermeskeil

Hermeskeil · Die Archäologen der Uni Mainz wollen mehr über das älteste Römerlager Deutschlands erfahren. Deshalb sind sie zur Fundstelle oberhalb von Hermeskeil zurückgekehrt und suchen nun nach neuen Spuren von Cäsars Truppen. Zur Halbzeit der aktuellen Grabungen gab es zwar noch keine außergewöhnlichen Entdeckungen, dafür aber schon Ärger mit ungebetenen Gästen.

 Feinputz auf dem Grabungsfeld in Hermeskeil: Mit kleinen Kellen sucht der Archäologe Patrick Mertl zusammen mit Susanne Wedel im Boden nach weiteren Überresten des ältesten Römerlagers, das bisher in Deutschland entdeckt wurde. TV-Fotos (2): Axel Munsteiner

Feinputz auf dem Grabungsfeld in Hermeskeil: Mit kleinen Kellen sucht der Archäologe Patrick Mertl zusammen mit Susanne Wedel im Boden nach weiteren Überresten des ältesten Römerlagers, das bisher in Deutschland entdeckt wurde. TV-Fotos (2): Axel Munsteiner

Foto: (h_hochw )

Hermeskeil. Unter einer großen Wiese in Sichtweite des heutigen Hermeskeil verbergen sich archäologische Zeugnisse, die "ein Stück Weltgeschichte erhellen". Mit dieser offiziellen Aussage hat die renommierte Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz schon 2012 die herausragende Bedeutung der Fundstätte zwischen dem Sportplatz und dem Stadtrand hervorgehoben.

Die Frühgeschichtlerin Sabine Hornung hatte zuvor den Nachweis erbringen können, dass sie auf dem Gelände auf die Spuren des ältesten Römerlagers gestoßen war, das bisher in Deutschland entdeckt wurde. Weitere Grabungen haben den Forschern in der Folgezeit neue Erkenntnisse gebracht (siehe Extra).

Seit Anfang August sind Hornung und ihr Team nun erneut am Fundort. Die Grabungen dauern bis Ende September. Dass sie überhaupt finanziert werden konnten, war einer Spendenaktion des Nationalpark-Freundeskreises zu verdanken. Der Verein hatte innerhalb von zwei Monaten bei Privatleuten und Firmen knapp 11 000 Euro gesammelt (der TV berichtete mehrfach).

"In der aktuellen Kampagne geht es unter anderem darum, mehr über den inneren Aufbau des Lagers zu erfahren", sagt Patrick Mertl. Er ist der Grabungsleiter vor Ort und hat auf den Wiesen zusammen mit Archäologiestudenten der Mainzer Uni zwei Flächen von jeweils 14 auf 14 Meter freigelegt. Die Forscher vermuten, dass dort der Bereich begann, an dem die Legionäre die ersten Zelte aufgestellt hatten - und zwar etwa 50 Meter von dem Befestigungswall entfernt, dessen Reste die Archäologen bei früheren Grabungen entdeckt hatten. "Es gab also offenbar eine Pufferzone, die bei einem Angriff davor schützen sollte, dass zum Beispiel Wurfspieße direkt die Zelte treffen", sagt Mertl.

Zwar hat es nach seiner Aussage bisher noch keine außergewöhnliche Funde gegeben. So haben die Forscher auf der freigelegten Fläche keine Hinweise auf eine feste Bebauung - etwa Holzkonstruktionen - entdeckt. Das wiederum steht aber nicht im Widerspruch zur Hypothese, dass die Legionäre nur über einen Zeitraum von "vielleicht einem Monat" (Mertl) eine große Zeltstadt errichteten.

Interessant ist für die Forscher in diesem Zusammenhang eine v-förmige Linie, auf der der Boden des Grabungsfelds etwas dunkler gefärbt ist. Das könnte laut Mertl darauf hindeuten, dass die einzelnen Zeltreihen durch Flechtwerk unterteilt wurden. "Ein solcher Nachweis wäre ein wichtiger Ansatzpunkt, wenn es um die spätere Rekonstruktion des Lagers geht", sagt der Grabungsleiter.

Als zweifelsfrei nicht antikes Relikt hat sich hingegen eine kreisrunde Stelle in der Grabungsfläche entpuppt. Die Forscher hatten sie untersucht, weil sie durch die Methode der geomagnetischen Prospektion schon vorher wussten, dass dort der Boden unterhalb der Erdoberfläche anders beschaffen ist als im direkten Umfeld. Wie sich nun aber herausgestellt hat, handelte es sich dabei um eine "Köhlerplatte". An dieser Stelle wurde in der industriellen Neuzeit - vor etwa 300 Jahren - Holzkohle hergestellt.

Abgesehen von dieser falschen Fährte gibt es für die Archäologen aber noch ein viel größeres Ärgernis. Ähnlich wie in den Vorjahren haben die Grabungen auch dieses Mal schon wieder "Schatzsucher" angelockt. Laut Mertl waren am vorigen Wochenende ungebetene Gäste da. Was sie anrichten, wenn sie mit Metalldetektoren über das freigelegte Feld trampeln, macht Mertl durch einen Vergleich deutlich: "Stellen Sie sich vor, es würde nur eine Luther-Bibel geben, und es würde dann jemand alle Buchstaben A oder E herausschneiden. Dann könnte man sie nur noch schwer lesen. So ähnlich geht es uns dann an der Fundstelle."

Wer verdächtige Personen an der Grabungsstätte entdeckt, solle dies deshalb auch bei der Polizei melden, so die Bitte des Archäologen.Extra

 Letisha Rummel begutachtet zusammen mit Ronny Schneider ein Keramikstück, das die Studenten der Uni Mainz auf dem Grabungsfeld am früheren Römerlager in Hermeskeil gefunden haben.

Letisha Rummel begutachtet zusammen mit Ronny Schneider ein Keramikstück, das die Studenten der Uni Mainz auf dem Grabungsfeld am früheren Römerlager in Hermeskeil gefunden haben.

Foto: (h_hochw )

Die antike Garnison vor den Toren von Hermeskeil stammt nach dem bisherigen Kenntnisstand aus der Zeit von Cäsars Gallischem Krieg. Die römischen Truppen waren dort höchstwahrscheinlich zwischen 53 und 51 vor Christus stationiert. Bei dieser Datierung waren Nägel, die den Soldaten aus ihren Sandalen gefallen waren und mehr als 2000 Jahre später von den Archäologen entdeckt wurden, ein wichtiger Puzzlestein. Denn die Form, Größe und Beschaffenheit der Nägel erlaubte den Forschern Rückschlüsse, zu welchem Zeitpunkt sie hergestellt worden waren. Die Errichtung des Römerlagers in Hermeskeil wird in Zusammenhang mit einem Feldzug gebracht, der unter dem Kommando von Titus Labienus stand. Demnach gingen die Legionäre gegen den aufständischen Keltenstamm der Treverer vor, der im nahen Otzenhausen eine große Siedlung hatte. Die Gesamtgröße des Hermeskeiler Römerlagers betrug etwa 30 Hektar, was etwa 42 Fußballfeldern entspricht. Laut Schätzungen der Forscher waren dort mehr als 10 000 Legionäre stationiert. ax

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