Erbsensuppe und 20 Reichsmark Gage pro Drehtag

Trier · Roger von Normann drehte in den letzten Kriegsjahren den Film "Moselfahrt mit Monika". Mit dabei war Annemarie Cremer, die den Film dank einer Vorführung im Weingut Georg Fritz von Nell nach mehr als 70 Jahren zusammen mit 200 Besuchern erstmals sehen konnte.

 Vor der Aufführung im Projektionsraum: Annemarie Cremer (Mitte) und Tochter Ruth Cremer-Mohr mit ihrem Mann Thomas. Dahinter Georg und Felix von Nell sowie rechts Fritz von Nell. TV-Foto: Rolf Lorig

Vor der Aufführung im Projektionsraum: Annemarie Cremer (Mitte) und Tochter Ruth Cremer-Mohr mit ihrem Mann Thomas. Dahinter Georg und Felix von Nell sowie rechts Fritz von Nell. TV-Foto: Rolf Lorig

Foto: Rolf Lorig (flo), Rolf Lorig ("TV-Upload Lorig"

Trier. Was macht für Fritz von Nell einen guten Film aus? "Er muss alt sein, und der Wein sollte eine tragende Rolle spielen", erklärt er mit einem verschmitzten Lächeln. Und weil er sich Filme gerne im Original anschaut, hat er auch gleich einen Kinoprojektor gekauft. Der wird von den beiden Söhnen Georg und Felix betreut, während Mutter Evi Ausschau nach dem geeigneten Filmmaterial hält.
Einen echten Volltreffer hat die Familie mit dem 1943/44 gedrehten Film "Moselfahrt mit Monika" gelandet. Rund 200 Gäste schauten sich den Heimatfilm open air auf dem Weingut an. Darunter auch Annemarie Cremer, die beim Dreh zusammen mit 15 anderen Trierer Mädchen als Statistin mitwirken durfte.
"Damals kam der Aufnahmeleiter zu uns ans Auguste Victoria Gymnasium", erinnert sie sich im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund. "Ich war 17 Jahre alt und in der Unterprima. Die Filmleute suchten Mädchen, die rudern konnten." Annemarie hieß damals noch Schneider und war als aktive Sportlerin in der RGT die Einzige in der Klasse, die dieser Anforderung entsprach. "Die anderen Mädels kamen von der Städtischen Oberschule." Die erste Überraschung gab es, als die Filmleute die mitgebrachten Boote zeigten. "Das waren Kanadier, die werden mit acht Personen besetzt und mit Stechpaddeln bewegt." Für die Mädchen war das zwar neu, aber kein Problem. "Wir alle waren ja mit dem Wasser bestens vertraut."Zwei Wochen freigestellt


Was ist ihr denn besonders in Erinnerung geblieben? Annemarie Cremer muss da nicht lange überlegen: "Mehrere Dinge. Zum einen waren wir für etwa zwei Wochen vom Unterricht freigestellt. Mit der Moselbahn wurden wir zu den jeweiligen Drehorten gefahren. Beim Dreh selbst gab es warme Erbsensuppe auf Papptellern. Und wir wurden für unsere Mitwirkung bezahlt."
Die Gage betrug 20 Reichsmark pro Drehtag. "Von den ersten 20 Mark habe ich mir dann gleich eine Lederschultertasche gekauft", schmunzelt die 89-Jährige. Was ihr noch sehr gut in Erinnerung ist: "Da haben damals sehr bekannte Schauspieler mitgewirkt wie beispielsweise Eva Maria Meineke, Albert Florath und Hermann Brix, für den früher alle Mädchen geschwärmt haben."
Den Film im Kino zu sehen, war ihr nie vergönnt. Wegen schlechten Wetters, Luftangriffen und anderen Beeinträchtigungen dauerte die Fertigstellung des Heimatfilms zehn Monate. Bevor die "Moselfahrt mit Monika" in die Kinos kam, fiel der Film den Alliierten in die Hände. Und die schnitten etwa zehn Minuten aus dem Film heraus.
Im August 1952 war dann aber der Kinostart. Gezeigt wurde der Film in Berlin - genauer gesagt, in Ostberlin. "Mein Bruder war damals in Ostberlin, sah die Plakate und hat sich den Film angeschaut", erinnert sich Annemarie Cremer.
Ihr selbst blieb diese Möglichkeit verwehrt. Bis nun das Weingut von Nell den Film wiederentdeckte und eine Kopie beim Bundesarchiv zur Vorführung auslieh.
"Da habe ich die Ankündigung im Volksfreund gelesen und gleich im Weingut angerufen", freut sich die Mitwirkende von einst. Eine Freude, die Evi von Nell teilt: "Für uns war das ganz toll, dass wir eine Zeitzeugin und Mitwirkende zur Aufführung begrüßen konnten."
Und wie hat Annemarie Cremer nach über 90 Minuten diese Zeitreise erlebt? "Es war spannend und amüsant zugleich. Da sind wieder viele Erinnerungen wachgeworden." flo

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