"Meine Malerei ist keine Fotografie"

Gerolstein · Für Zugreisende in Gerolstein ist sie ein beliebtes Fotomotiv. Seit Anfang des Jahres prangt an der Wand der Bahnhofshalle eine große Lokomotive. Gemalt hat sie einer, der in der Gegend eher für seine Aquarelle bekannt ist: Richard Würtz.

Von seinem Arbeitsplatz hinter dem Schalter hat Bahnmitarbeiter KP Mayer das Gemälde des Gerolsteiner Malers Richard Würtz immer bestens im Blick.

Seit wenigen Monaten prangt an der Wand der Eingangshalle in zwei bis drei Metern Höhe eine große Dampflokomotive und ist seitdem beliebtes Fotomotiv für Kindergartengruppen sowie einheimische und fremde Reisende, die sich als Reiseandenken unter dem Bild aufstellen und ablichten. "Die sind alle sehr begeistert", sagt Mayer.Zwei Tage Arbeit


An nur einem Wochenende entstand der Entwurf für die Lokomotive, die dem Auftraggeber, den VG-Werken Gerolstein, sofort zusagte. Gut zwei Tage habe er dann benötigt, um die Lok an der Wand mit Kohlestiften zu skizzieren und anschließend mit herkömmlicher Wandfarbe zu malen, erzählt Maler Würtz.

Nur zwei Farbtöne habe er dazu verwendet: rot und schwarz. Alle Schattierungen seien entstanden, indem er die Farben verdünnt habe. Die Lok bis ins kleinste Detail auszuschmücken, darauf hat Würtz keinen Wert gelegt: "Es soll nicht wie eine Fotografie aussehen." Damit die Perspektive und die Größenverhältnisse stimmen, musste der Maler immer wieder zurücktreten und sein Werk vom Boden aus betrachten. "Wenn man mit der Nase davorhängt, wirkt es fast unwirklich", sagt er im Nachhinein und lacht. Erfahrung hat der gelernte Malermeister zwar auch beim Gestalten von großen Wänden, seine Leidenschaft gilt aber einem kleineren Format.

Schon seit seiner Kindheit malt der inzwischen 78-Jährige und hat mit seinen Aquarellen regional viel Anerkennung gefunden. Seit 1978 hat er immer wieder in Gerolstein und Umgebung ausgestellt.

Motive findet er in seiner Heimat reichlich: idyllische Ortskerne, dramatische Landschaften, beschauliche Blumenfelder. Auch an der abstrakten Malerei hat er sich probiert, aber seine Leidenschaft gilt der Eifellandschaft. Eine Stunde, länger dauert es selten, bis eine Bleistiftskizze die Szene vor Ort festhält.

Gemalt wird dann im heimischen Atelier, dass er sich beim Hausbau vor 40 Jahren im Keller eingerichtet hat: am Schreibtisch, damit die in Wasser gemalten Farben nicht von der Leinwand laufen. Dennoch lasse sich ein Bild nicht bis ins kleinste Detail planen, sagt der Maler. Wenn er an seinem Schreibtisch sitzt, muss es meist schnell gehen. Dann verspüre er schon ein wenig Druck und Hektik, gibt er zu. Jeder Pinselstrich auf dem nassen Papier muss sitzen, Korrekturen sind nicht möglich.

Wenn ihn im Bahnhof hingegen eine Reisegruppe beim Malen beobachtet hat, habe er keine Nervosität verspürt: "Das macht mir nichts aus", sagt er heute. "Da ist einfach eine Sicherheit in dem, was ich mache, die kommt aus Erfahrung."Extra

Der Eifelmaler Richard Würtz ist 1937 in Steinborn bei Kyllburg geboren. Seine ersten Farben bekam er noch während des Kriegs von einem Lehrer geschenkt. "Der hat gesehen, dass ich so gerne gemalt habe, und hat mir einen klitzekleinen Farbkasten geschenkt", erinnert er sich. Auch nach der Schule bleibt er seiner Leidenschaft treu, macht eine Ausbildung zum Maler und Anstreicher. 1966 legt er die Meisterprüfung ab. Privat hat er sich auf Aquarellmalerei spezialisiert. cli

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