Emotionaler Prozessauftakt im Fall Laura-Marie: Angeklagter bestreitet Vergewaltigungsplan

Trier · Der Trierer, der im Verdacht steht, die 16-jährige Laura-Marie ermordet zu haben, hat sich am ersten Prozesstag bei der Mutter des Opfers entschuldigt. Seinem Verteidiger zufolge hat er das Mädchen im Streit erstochen. Und nicht, um eine geplante Vergewaltigung zu vertuschen.

Emotionaler Prozessauftakt im Fall Laura-Marie: Angeklagter bestreitet Vergewaltigungsplan
Foto: Rainer Neubert

Trier. Trotz der vielen Menschen herrscht im Gerichtssaal bedrückende Stille. Die Fotografen und Fernsehteams haben sich von dem schwarz gekleideten Elternpaar abgewandt, das mit vor Trauer versteinerten Gesichtern Richtung Tür blickt. Draußen vor dem Saal wird weiter kontrolliert wie am Flughafen. Zu groß ist offenbar das Risiko, dass jemand versuchen könnte, sich an dem mutmaßlichen Mörder zu rächen für das, was er der 16-jährigen Laura-Marie angetan haben soll.

Auch alle Kameras richten sich auf die geschlossene Tür. Ein Gerichtsdiener nickt. "Jetzt kommt er gleich", raunt eine Zuschauerin. Der Mann, auf dessen Ankunft die rund 80 Menschen gebannt warten, soll die Schülerin in der Nacht des 13. März mit vier Messerstichen brutal ermordet haben, nachdem der Versuch, sie zu vergewaltigen an ihrer Gegenwehr gescheitert war. Ein Seil, mit dem er das Mädchen fesseln wollte, soll er am Tatort - einem unbeleuchteten Weg in Trier-Nord - deponiert haben. Laut Staatsanwaltschaft gibt es auch Beweise, dass der 25-Jährige sich zuvor im Internet über Vergewaltigungen informiert hat.

Die Tür öffnet sich. Ein blasser junger Mann im grau-gelben Ringelpulli wird in Handschellen hereingeführt. Dunkle Schatten liegen unter Augen, die unstet im Raum hin- und herwandern. Das blonde Haar ist schwarz gefärbt. Der Kiefermuskel zuckt nervös, während die Kameras klicken.

Laut Anklageschrift, die Staatsanwalt Volker Blindert vorliest, hatte dieser junge Mann sich angeboten, Laura-Marie nach einer Party, bei der reichlich Alkohol floss, zum Bahnhof zu bringen. Von dort aus wollte sie zu ihrem Ex-Freund fahren. Während das Mädchen zu Hause eine Busfahrkarte besorgte, soll der 25-Jährige das Seil am Tatort deponiert haben. "Es gab dort eine heftige Auseinandersetzung, in deren Rahmen er sie würgte und sich selbst Hautabschürfungen zuzog", liest Blindert.

Währenddessen blickt die Mutter den Angeklagten voller Abscheu an. Er sieht weg. Der Staatsanwalt fährt fort: Die beiden seien zusammen auf die Müllansammlung gestürzt. Der Angeklagte habe das Mädchen ins Gesicht geschlagen. Dann habe er erkannt, dass sich die Vergewaltigung nicht umsetzen lasse. "Er stach vier Mal auf sie ein, und sie verblutete nach außen und innen".

Das Gesicht der Mutter verkrampft sich im Schmerz, sie weint. Ihr Ex-Mann, der Vater von Laura-Marie, hält ihre Hand. Auch ihm fällt es schwer, die Fassung zu wahren. Mit der rechten Hand fährt er sich ins Gesicht, wischt sich eine Träne aus dem Auge.

Als Verteidiger Thomas Julien wenig später die Einlassung des Angeklagten vorliest, schaut der 53-jährige Vater ihn mit starrem Blick an, als könne er nicht fassen, was er zu hören bekommt: Der 25-Jährige bestreitet den Vergewaltigungsversuch. Es sei zum Streit gekommen, weil er nicht wollte, dass Laura-Marie ihren Ex-Freund besucht. Sein Mandant habe versucht, das Mädchen nach Hause zu zerren, sagt der Verteidiger. Sie habe sich losgerissen und geschrien. "Er wollte sie nicht töten, er wollte sie verletzen", liest Julien. Beim letzten Messerstich habe es seinem Mandanten schon leid getan. "Er will sich hiermit gegenüber der Mutter und allen, die Laura-Marie nahestanden, entschuldigen", sagt Julien.

Die entsetzt wirkende Mutter schüttelt den Kopf. Und aus der ersten Reihe, wo im Zuschauerraum Bruder, Schwester und Tante der Getöteten sitzen, ist neben Schluchzen ein leises, aber bestimmtes "mit Sicherheit nicht", zu hören.
Eine Kommissarin wird als Zeugin gehört. Sie brachte der Mutter die traurige Nachricht und war dabei, als man in der Wohnung des Angeklagten Laptop, Handy und ein Bündel Seil beschlagnahmte. Die Kommissarin erwähnt, dass der Angeklagte Laura-Marie bereits zu einem früheren Zeitpunkt durch Tritte in den Unterleib verletzt haben soll.

Letzte Zeugen des Verhandlungstages sind die beiden Bundespolizisten, die als Erste am Tatort waren, nachdem ein Mann ihnen am Bahnhof erzählt hatte, er habe hinter einer Halle eine brennende Leiche gefunden.

Zwei Mal soll der Angeklagte zum Tatort zurückgekehrt sein, um die Leiche anzuzünden. Das Seil sollte laut Verteidigung nicht zum Fesseln des Mädchens, sondern zum Einpacken des Körpers dienen. Die Verhandlung endet vorzeitig, weil dem mutmaßlichen Mörder schwindelig wird und er glaubt, sich übergeben zu müssen.
Am Donnerstag will die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz weitere Zeugen hören.Extra

Der Tatort, an dem die 16-Jährige vor fast sechs Monaten in der Nähe des Trierer Hauptbahnhofs getötet wurde, ist zu einer Gedenkstätte geworden. Der Weg hinter einer leerstehenden Fahrzeughalle war damals völlig zugemüllt. Erst nach dem Tod der Schülerin haben Freiwillige Schutt und Abfall weggeräumt. Dort wo die Leiche gefunden wurde, haben Freunde und Bekannte des Mädchens aus einem Holzrahmen ein Grab nachgestellt, ein Holzkreuz mit dem Namen Laura-Marie steht hinter einem Blumenstock. Abgebrannte Grabkerzen stehen um den Holzrahmen. Auf den Weg zu der Gedenkstätte sammelt sich wieder der Müll. wie

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