Zu laut: Bürgerhaus-Nachbar verklagt Kapelle

Wiltingen/Trier · Dieser Nachbarschaftsstreit ist vor Gericht gelandet: Ein Anwohner des Bürgerhauses in Wiltingen hat die Winzerkapelle verklagt. Die Proben der Musiker sind ihm zu laut. Das Verfahren läuft am Trierer Landgericht, ein Verhandlungstermin ist noch nicht festgelegt.

 Ihre Proben sind einem Nachbarn zu laut: Die Winzerkapelle Wiltingen, die hier beim Sommerfest des Seniorenzentrums St. Franziskus in Saarburg spielt.TV-Foto:Archiv/Privat

Ihre Proben sind einem Nachbarn zu laut: Die Winzerkapelle Wiltingen, die hier beim Sommerfest des Seniorenzentrums St. Franziskus in Saarburg spielt.TV-Foto:Archiv/Privat

Foto: (h_sab )

Ein Nachbar klagt zurzeit gegen die Winzerkapelle und die Ortsgemeinde Wiltingen. Er fühlt sich durch die Proben der Musiker im Wiltinger Bürgerhaus belästigt. Zurzeit läuft ein schriftliches Verfahren am Landgericht Trier.

Anwalt Nico Schmitz von der Kanzlei Bomm/Schatz aus Trier vertritt ihn. "Meinem Mandanten geht es nicht um die Vertreibung der Winzerkapelle", sagt er auf TV-Anfrage. Er wolle in dem Verfahren klären lassen, ob das Gebäude überhaupt für die Proben eines Musikvereins geeignet sei. "Die Geräuschimmissionen sind einfach zu hoch", sagt Schmitz.Ergebnislose Gespräche


Es seien schon Messungen gemacht und Gespräche mit Vertretern des Vereins, der Ortsgemeinde und der Verbandsgemeinde Konz geführt worden, um eine gütliche Einigung zu erzielen - ergebnislos. Deswegen die Unterlassungsklage, mit der der Mann die Musikproben im Bürgerhaus verhindern will.

Für die im Juli frisch gewählten Vorstandssprecher der Winzerkapelle, Julia Zeimet (27) und Michael Karges (23), kommt die Klage vollkommen überraschend. "Direkt so ein Hammer …", kommentiert Michael Karges die Klage. Er und Zeimet haben ihr Amt Ende Juli angetreten. "Und dann kriegen wir so ein Schreiben." Dabei sei die Kapelle mit 35 aktiven und 180 inaktiven Mitgliedern tief in der Dorfgemeinschaft verwurzelt. Die Kapelle probe seit etwa 30 Jahren im Bürgerhaus. Beschwerden wegen der sonntäglichen Proben zwischen 10 und 12 Uhr und den zusätzlichen Proben vor größeren Konzerten habe es noch nicht gegeben.

Anwalt Paul Henseler vertritt die Kapelle in dem Verfahren. Seine Klageerwiderung hat er schon geschrieben. Aus seiner Sicht ist die "Klage ins Blaue hinein gemacht und nicht schlüssig". Er und seine Mandanten bezweifeln, dass der vom Kläger behauptete Geräuschpegel von 81 Dezibel überhaupt erreicht wird. Die Beweispflicht liege da beim Kläger. Dieser könne nichts einfordern, ohne ein Gutachten über die Lärmentwicklung in der Vergangenheit in das Verfahren einzubringen.

Ob oder wann es zum Gerichtstermin kommt, steht noch nicht fest. Gibt das Gericht jedoch dem Kläger recht, droht die Gefahr, dass die Klage zum Präzedenzfall für andere Veranstaltungen und Proben im Wiltinger Bürgerhaus wird. Dann wären alle Konzerte, Theateraufführungen oder Kappensitzungen gefährdet.

Gerade mit Blick auf diese mögliche Konsequenz steht der Wiltinger Ortsbürgermeister Lothar Rommelfanger ganz hinter dem traditionsreichen Dorfverein. Rückendeckung gibt es auch von höherer Stelle. Der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz hat sich schon mit dem Thema beschäftigt. In seiner Funktion als Präsident des Landesmusikverbands sagt er: "Es ist bedauerlich und schade, dass die ehrenamtliche Arbeit hier von einem Gericht überprüft wird." Er hoffe auf Verständnis für die Kapelle, betont er. Gerade vor dem Hintergrund, dass es über Jahrzehnte funktioniert habe.Meinung

Lasst die Musik spielen
Solange sich die Wiltinger Kapelle an die gesetzlichen Vorgaben und Ruhezeiten hält, sollte sie auch im Bürgerhaus proben dürfen. Ein paar Stunden pro Woche müssten sich alle Anwohner damit arrangieren können. Schließlich handelt es sich nicht um Baustellen-, Rasenmäher-, Flugzeug- oder Zuglärm, sondern um Musik. Das Gericht muss bei seiner Entscheidung sehr sorgfältig sein. Denn Bürgerhäuser sind dazu da, dass Bürger sie nutzen. Deshalb sollten sie auch - wie in Wiltingen im Dorfzentrum stehen und erreichbar sein. Und jede Entscheidung gegen die Winzerkapelle wäre eine Entscheidung gegen ein zentrales Bürgerhaus. Sie würde Nachahmern in anderen Orten Tür und Tor öffnen und wäre ein fatales Signal für ehrenamtliches Engagement in den Dörfern. c.kremer@volksfreund.de

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